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28.04.12 / Irland in Identitätskrise / Auswanderung nimmt zu, Schulen werden reformiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-12 vom 28. April 2012

Irland in Identitätskrise
Auswanderung nimmt zu, Schulen werden reformiert

Während Italien als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2008 mit einer Steigerungsrate um mehr als 20 Prozent eine Welle von Selbstmorden registriert, sehen sich viele Iren gezwungen, wie jahrhundertelang in der Geschichte des Landes üblich, ihr Heil in der Auswanderung zu suchen. Irland, 2005 noch als ökonomisch prosperierender „Keltischer Tiger“ gefeiert, steht erneut vor einem Umbruch. Zudem zeigt sich das Schulsystem des Landes reformbedürftig.

„Im Vertrauen auf die Werbung der Banken zur Finanzierung von Hauskäufen habe ich meinem Sohn geraten, das Angebot anzunehmen. Jetzt haben wir den Salat, die Finanzkrise hat ihn fest im Griff und ich muss für meinen Rat einspringen.“ Diese Aussage von John Sheahan, dem Sprachrohr der weltbekannten Folkband „The

Dubliners“, zeigt deutlich das Dilemma, in das viele Iren inzwischen geraten sind: Sie können wegen steigender Arbeitslosigkeit die Zinsen nicht mehr aufbringen, sind wegen extrem hoher Immobilienpreise in der Vergangenheit extrem verschuldet.

Inzwischen, so die „Irish Times“, leben mehr als 700000 Iren in Armut, eine Zunahme um 92000 in zwei Jahren. Das früher exzellente Wohlfahrtssystem ist längst an seine Leistungsgrenzen angelangt, Kürzungen und Steuererhöhungen sind das Gebot der Stunde. Die Arbeitslosenquote liegt bei über 14 Prozent und die Zahl irischer Auswanderer steigt kontinuierlich. Auch viele der früher angeworbenen Gastarbeiter, etwa aus Polen, sind längst in ihre Heimat zurück-gekehrt. Sie hatten dazu beigetragen, dass 2011 erstmals nach 150 Jahren die Zahl der Einwohner die Grenze von 4,6 Millionen erreichte. Über eine halbe Million davon waren Zuwanderer.

Von 2009 bis 2011 kehrten 86000 Iren ihrem Heimatland den Rücken, flohen vor dem Rückfall in die Armut. Diesen Trend zur Auswanderung zeigte auch Ende März die Messe „Working abroad“ in Dublin. Mehr als 10000 Interessenten suchten nach Jobangeboten.

Zusätzlich zur Finanzkrise wird Irland durch die unerhörten Missbrauchsfälle im Umfeld der katholischen Kirche von einer Identitätskrise geschüttelt. Die Aufdeckung Tausender Fälle und das Bekanntwerden der Vertuschung durch die Kirchenoberen hat die Nation geschockt, deren Erziehungssystem zu großen Teilen in der Obhut der Kirche liegt. Eine erste Konsequenz ist der Regierungsplan, Hunderte von Bildungsstätten dem Einflussbereich des Klerus zu entziehen. Bislang standen neun von zehn der insgesamt 3100 Grundschulen des Landes unter dem Patronat der Kirche. Auch das System der privaten Schulen als Alternative für Wohlhabendere wankt, da zahlreiche Eltern das Schulgeld nicht mehr aufbringen können. Joachim Feyerabend


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