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28.04.12 / Das Modellfort im Park von »Sanssouci«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-12 vom 28. April 2012

Das Modellfort im Park von »Sanssouci«

Im nordwestlichen Teil des Parks von „Sanssouci“, in der Nähe des Antikentempels, unterhalb des Drachenhauses, 150 Meter rechts auf der Wiese, harrt es unter Schlossparkerde auf seine Wiederentdeckung. Die Rede ist vom Modellfort im Park von „Sanssouci“.

Kein Reiseführer gibt einen Hinweis. Und alles ist wie vom Erdboden verschluckt. Alteingesessene Potsdamer berichten noch irrtümlich vom sogenannten Prinzenspielplatz im Schlosspark „Sanssouci“. Richtig ist, dass der Spielplatz der kaiserlichen Prinzen und Prinzessinnen ganz in der Nähe, unweit des Neuen Palais, lag. Und es ist anzunehmen, dass die kleinen Hoheiten im Verlauf ihrer militärischen Ausbildung an dem Modellfort im Park geschult wurden. Doch geschaffen wurde das Modell nicht für Kinder, sondern für Erwachsene.

Seine historischen Wurzeln liegen in der Kaiserzeit. 1892 erließ Kaiser Wilhelm II. eine Allerhöchste Kabinettsorder, alle Festungen zu modernisieren. Die eingebauten Geschütze sollten unter Panzerschutz gestellt werden. Fraglich war jedoch, welche Geschützpanzerungen am besten geeignet wären. So kam es zur Errichtung des Fort-Modells.

Schon drei Jahre vorher, 1890, hatte die Magdeburger Firma Hermann Gruson Modelle neuer Festungswaffen getestet. Als die Firma Krupp die Gruson AG 1892/93 übernahm, avancierte diese zum Generalanbieter für Panzerbefestigungen. Krupp errichtete das Modell-Fort im nordwestlichen Teil der Parkanlage „Sanssouci“ im Jahre 1893, um den Kaiser von den Grundprinzipien der neuen Technik zu überzeugen. Baumeister war Julius Diener, Prinzenerzieher in Fragen des Festungsbaus und Abteilungschef für Festungsbau bei Krupp bis 1905. Wahrscheinlich waren etwa vier Personen bis zu drei Monate am Bau beteiligt. Dabei handelte es sich um Maurer sowie um Stuckateure, welche die in Zementputz ausgeführten Beton-Modellierungen ausführten. Ende Juli 1893 wurde das Modell fertiggestellt und im darauffolgenden Monat an den Kaiser feierlich übergeben.

Im Maßstab eins zu zehn stellt das etwa 40 Meter lange und 15 Meter tiefe Bauwerk ein Dreiecksforts im Stile des belgischen Festungsbaumeisters Henri Alexis Brialmonts dar. Es besteht aus verputztem Ziegelmauerwerk und ist in ein Zentralwerk sowie eine linke und eine rechte Anschlussbatterie gegliedert. Das Modell einer sogenannten Panzerfortifikation, in der Waffen und Beobachtungsgerät unter Panzerkuppeln stehen, diente zur Erprobung neuartiger Befestigungsanlagen aus Beton und Stahl. Das Potsdamer Modell war vor dem Ersten Weltkrieg mehrfach die Vorlage für Festungsbauten. So soll Frankreich beim Bau seiner berühmten Maginot-Linie darauf zurückgegriffen haben.

In den folgenden Jahrzehnten war das Modell dem Verfall preisgegeben. Vandalismus und Vernachlässigung führten zum Substanzverlust. Aus konservatorischen Motiven entschloss sich der heutige Hausherr von „Sanssouci“, die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, im Jahre 2004, das Bauwerk mit Erde abzudecken. Im selben Jahr wurde der Verein „AG Modell-Fort Sanssouci“, dessen Ziel es ist, das Denkmal zu erhalten, instand zu setzen und der Öffentlichkeit angemessen zu präsentieren. Ob es zu der von ihm erstrebten Freilegung des einzigartigen Zeugnisses europäischer Wehrarchitektur kommen wird, ist ungewiss. Silvia Friedrich


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