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12.05.12 / Pfusch am Bau trotz Denkmalschutz / Cafébetreiber erschlich sich offenbar Genehmigung für Umbau − Staatsanwaltschaft soll ermitteln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-12 vom 12. Mai 2012

Pfusch am Bau trotz Denkmalschutz
Cafébetreiber erschlich sich offenbar Genehmigung für Umbau − Staatsanwaltschaft soll ermitteln

Die Staatsanwaltschaft in Königsberg ermittelt gegen den Betreiber eines Cafés am Tierpark wegen Verstoßes gegen Denkmalschutzauflagen. Mitten am Tag, während zahlreiche Gäste es sich an den Tischen des Cafés „Sjeschka“ gemütlich gemacht hatten, stürzte plötzlich eine Wand des Gebäudes ein.

Hatte ein privater Investor sich arglistig Genehmigungen für den Umbau des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes erschlichen, oder sind die ausstellenden Behörden einfach nicht ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen?

Was sich da in Königsberg ereignete, hätte die Szene eines Spielfilms sein können: Menschen saßen gemütlich im Café „Sjeschka“ zusammen, als plötzlich lautes Gepolter zu hören war und die Wände zur zum Tiergarten gerichteten Seite sich bewegten. Die verwirrten Besucher verließen fluchtartig den Raum und retteten sich ins Freie. So etwas hatten die Königsberger seit langem nicht erlebt. Warum stürzte das vor fast 80 Jahren erbaute Gebäude plötzlich ein?

So unerwartet war der Einsturz jedoch nicht. Auf der Hufenallee [Prospekt Mira] in Königsberg, unmittelbar am Eingang zum Zoo, befindet sich ein Gebäudekomplex, der 1935 gebaut wurde. In einem Teil davon ist die Kasse des Tiergartens untergebracht, in dem restlichen – größeren – das Café „Sjeschka“. Für gewöhnlich halten sich auch an Wochentagen viele Besucher dort auf.

Um den Einsturz ranken sich viele Ungereimtheiten. Sie beginnen im Jahr 2005, als ein Teil des Grundstücks, auf dem sich der Zoo befindet, auf ungeklärte Weise dem Café-Besitzer übertragen wurde. Die seit Ende vergangenen Jahres amtierende Zoodirektorin Swetlana Sokolowa hat versucht herauszufinden, welchen Grund es für diese Übertragung gab, aber in den verschiedenen Abteilungen der Stadtverwaltung konnte ihr niemand eine schlüssige Antwort geben.

Der Café-Besitzer wollte das Gebäude, an dem schon einmal 1966 von den Sowjets Veränderungen vorgenommen wurden, die möglicherweise die Statik verändert haben, umbauen und es vergrößern. Und das, obwohl es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude handelt, an dem Veränderungen ohne entsprechende Genehmigung gar nicht durchgeführt werden dürfen. Nach der Version der Leiterin des Dienstes zum Schutz von Objekten des Kulturerbes in der Stadt, Larissa Kopzewa, hatte der Café-Besitzer sie davon überzeugt, dass er vom Kulturamt der Stadtverwaltung das notwendige Einverständnis bereits eingeholt habe. Da das Gebäude unter der Obhut der Gemeinde steht, war sie davon ausgegangen, dass die Gemeinde die Bauarbeiten auch kontrollieren würde. Deshalb stellte Larissa Kopzewa am 1. Dezember 2011 eine Genehmigung zum Umbau des Gebäudes aus, bescheinigte das Vorliegen sämtlicher notwendiger Dokumente, besonders des Pachtvertrags und der Baupläne, denen 2009 der Chefarchitekt der Stadt und der damalige Leiter des Denkmalschutzes bereits zugestimmt hatten. Auch ein Grundstücksplan lag bei.

Die Kulturbehörde der Stadt Königsberg dementierte jedoch, jemals eine Baugenehmigung erteilt zu haben, und verwies stattdessen auf eine Auflage zum besonderen Schutz des Gebäudes, die der Leiter der Kulturbehörde und der Besitzer des Cafés am 5. April 2010 unterzeichnet hatten. Entsprechend dieser Verordnung hätte der Cafébetreiber nur dann die notwendige Genehmigung erhalten, wenn er alle erforderlichen Anträge gestellt und Unterlagen eingereicht hätte. Er habe aber gar nicht alle Anträge gestellt. Darüber hinaus fragen sich nun die Stadtvertreter, wie es sein kann, dass eine untergeordnete Abteilung der Stadtregierung, und dann noch ausgerechnet die Behörde zum Schutz von Objekten des Kulturerbes, eine Genehmigung zum Umbau erteilen konnte, ohne die vorgeschriebene Kontrolle zu garantieren.

Die Denkmalschutzbehörde des Königsberger Gebiets hat dem Café-Betreiber umgehend nach dem Einsturz der Wände auferlegt, alle Bauarbeiten sofort einzustellen, um weitere Beschädigungen am Gebäude zu verhindern.

Die Gebietsregierung reagierte mit Unverständnis auf die Untätigkeit der Stadtregierung, die sich ihrerseits nicht in der Pflicht sieht. Niemand kann genau sagen, wie und auf welche Weise der Café-Eigentümer an die Baugenehmigung gekommen ist. Aufgrund unklarer Verteilung der Zuständigkeiten und der Pflichtvergessenheit von Beamten sind im Königsberger Gebiet auch zahlreiche andere Architekturdenkmäler dem Untergang geweiht. Jurij Tschernyschew


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