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12.05.12 / Allenstein um einen weiteren Altbau ärmer / Aber es gibt in der Kreisstadt auch positive Beispiele für den Umgang mit historischer Bausubstanz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-12 vom 12. Mai 2012

Allenstein um einen weiteren Altbau ärmer
Aber es gibt in der Kreisstadt auch positive Beispiele für den Umgang mit historischer Bausubstanz

Dieses Frühjahr ist Allensteins Altstadt um einen weiteren Altbau ärmer geworden. Das aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert stammende Haus, das einst der Handwerkerfamilie Stark gehörte, galt als baufällig. Es stand lange Zeit unbewohnt da und stellte eine Gefahr für die Obdachlosen dar, die dort oft Unterschlupf suchten. Nach offiziellen Beteuerungen der Stadtbehörde soll der nun vollzogene Abriss des Gebäudes einer Straßenerweiterung dienen. Bei vielen Einwohnern der Stadt löste dieser umstrittene Entschluss eine Welle der Empörung aus. Der Bau war vielleicht unauffällig, aber immerhin gehörte er zu den historischen Häusern der Stadt.

Vor ein paar Jahrzehnten wurde von derselben Straßenzeile bereits ein anderer Altbau vernichtet. Er war einem verheerenden Brand zum Opfer gefallen. Zu jener Zeit war das Bewusstsein der Stadtbewohner, das städtebauliche Erbe um jeden Preis schützen zu müssen, noch kaum ausgeprägt. Heute ist es anders. Viele Denkmalschützer und Stadtbeamte sind um die Wahrung eines geschichtlich bezeugten Stadtkerns bemüht.

Daher befürchten sie, die architektonisch eindrucksvolle Villa am Kopernikusplatz, ein früherer Besitz von Richard Fuchs, dem Betreiber großer Gärtnereien um Allenstein, könnte das schlimme Schick­sal anderer unwiederbringlich niedergerissener oder durch undurchdachte Fassadenänderungen entstellter Häuser teilen. Dieser geräumige Altbau mit seinen einst auffallend schönen Außenverzierungen, der nach 1945 unter anderem den polnischen Kommunisten als örtlicher Sitz diente und drei Jahrzehnte lang ein Priesterseminar beherbergte, ist nämlich vor einigen Jahren einem in finanzielle Notlage geratenen Unternehmer anvertraut worden, der keine vernünftigen Renovierungsarbeiten daran vornehmen ließ. Die Eigentumsverhältnisse des Hauses sind ungeklärt und sein Verfall schreitet voran.

Ein Gegenbeispiel lieferte kürzlich die Restaurierung der Unterführungen am Vorstädtischen Westbahnhof. Da in der Nähe eine neue Hauptstraße entlang des Bahngleises entstanden ist, wollte man den nördlichen Stadtteil an den südwärts gelegenen mittels eines verlängerten Tunnels anbinden. In diesem Zusammenhang war weiterhin geplant, die historischen und ziemlich maroden Gitterkonstruktionen über den zum Tunnel führenden Treppenhäusern gegen fabrikneue auszuwechseln. Dies verursachte auf diversen Foren im Internet eine heiße Diskussion unter den Freunden der Stadt. Die meisten Stimmen richteten sich gegen eine weitere Modernisierung nach dem Prinzip einer Standardausstattung. Ein überraschendes Fazit: Die Überdachungen wurden ins Register der denkmalgeschützten Güter eingetragen und somit beibehalten, und die neuen Schutzdächer über den jeweiligen Ausgängen wurden in ihrer Außenform den alten nachempfunden. Gleichzeitig wurde der neue Entwurf für das Bahnhofsgebäude, der einen wahrhaften Stilbruch darstellte, verändert, damit er nach seiner Ausführung mit der umliegenden Bebauung nicht mehr kontrastiert.

Eine gelungene Sanierung unter der Aufsicht der Denkmalpfleger erfährt derzeit die direkt an der Alle gelegene Villa des Allensteiner Druckereibetreibers Ernst Harich. Bald soll sie ihren einstigen Glanz wiedergewinnen und als exklusives Restaurant mit Konferenzräumen und einem Weinkeller dienen.

In dieser Hinsicht vergleichsweise unkompliziert sind die geplanten oder bereits begonnenen Bauvorhaben außerhalb der Innenstadt. Wenn es Protestaktionen gibt, dann wegen der geplanten Ausmaße der Bauten oder der Tatsache, dass sie den gegenüberliegenden Anrainern eine ihnen so vertraute Aussicht verstellen würden. Dies war in der Roonstraße der Fall, wo sich der Neubau etlicher Wohnblocks um mehrere Jahre verzögerte. Angesichts heftiger Proteste der umliegenden Bewohner musste auch die Höhe zweier Hochhäuser in der Nähe der Hohensteinerstraße reduziert werden. Jetzt sollte das höhere von den beiden lediglich 14 Stockwerke zählen. Dadurch werden die Appartements in der Umgebung ihre Aussicht nicht einbüßen. Die ganze Wohnanlage, mit deren Bau gerade begonnen wurde, soll mit einer Tiefgarage und einem dazugehörigen Einkaufszentrum ausgestattet werden. Der Bauherr ist weiterhin darum bemüht, die potenziellen Käufer dazu zu bewegen, dass sie dort ihren ständigen Wohnsitz nehmen. Dadurch will man künftig eine für viele Mitbewohner ungünstige Situation vermeiden. Wenn nämlich studentische Mieter nur zeitweise in die neuen Wohnungen einziehen, droht das ganze Objekt zu einem Studentenheim zu werden und langsam zu verkommen. Grzegorz Supady


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