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12.05.12 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-12 vom 12. Mai 2012

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

„Es ist immer ein beruhigendes Gefühl, Ihre Kolumne ,Die Ostpreußische Familie‘ am gewohnten Platz in der PAZ zu finden, wenn sie ankommt“ – so schreibt Frau Frieda Lukner aus Orlando, Florida, und ich bin auch beruhigt, wenn alte Freunde aus unserem Familienkreis sich nach längerer Zeit wieder melden. Ja, mit Frau Lukner verbindet uns eine lange Erfolgsgeschichte. Nun hat sie wieder eine Frage und ich weiß, dass sie ein Echo finden wird, denn es geht um das Krankenhaus der Barmherzigkeit in Königsberg, das schon in vielen Suchfragen und Berichten eine Rolle spielte. Dort verstarb 1947 ihr Vater, und jeder, der zu jener Zeit dort lebte, weiß um die Zustände, die damals herrschten. Frau Lukner muss­te auf einer Kolchose arbeiten und erhielt im September die Nachricht, dass ihr Vater im Krankenhaus der Barmherzigkeit verstorben sei. In der Klinik sollte ein als Totengräber arbeitender Mann eine Liste mit den Namen aller Verstorbenen führen. „Dieses Gehörte war der Anlass, dass wir mit Erlaubnis des Kapitäns der Kolchose für ein paar Stunden nach Königsberg durften“, berichtet Frau Lukner. „Wir fanden auch diesen Mann, und nachdem wir ihm das ungefähre Sterbedatum genannt hatten, fand er auch sofort Vaters Namen in der Liste: Es war der 24. September 1947. Aber hinter dem Namen stand auch eine Nummer. Es war die seines Grabes. Auf unsere Bitte, das Grab zu sehen, führte er uns in den Innenhof des Krankenhauses zu einem größeren Hügel. Die darauf stehende Tafel wies die Nummer auf, die auf der Liste hinter Vaters Namen stand. Der Mann erklärte, dass es ein Massengrab mit zwölf Verstorbenen sei, die in drei Lagen hier beerdigt waren. Der Einfachheit halber wurden die Rasenflächen als Beerdigungsstätten genutzt. Die Toten wurden so beerdigt, wie sie auf die Welt gekommen waren, nackt und bloß, denn ihre Kleidung würde noch für die Überlebenden benötigt. Was diese Auskünfte für mich bedeuteten, kann sich jeder vorstellen, und ich erinnere mich deshalb kaum an etwas anderes bei diesem Besuch Ende Oktober 1947, nur noch, dass es mehrere Gräber gab.“

Soweit die Erinnerung von Frieda Lukner, die nun zwei Fragen an unsere Leserinnen und Leser richtet: „Bestehen diese Massengräber im Innenhof der Barmherzigkeit noch?“ und „Hat dieser deutsche Mann mit seinen Listen jemals Deutschland erreicht und hat ihn jemand gekannt?“ Die erste Frage wird leicht zu beantworten sein, die zweite ist schon erheblich schwieriger. Frau Lukner wird sich über jede Zuschrift freuen. (Frieda Lukner, 2349 Cilantro Dr. Orlando, Fl. 32837-6799, USA)

„Vor einiger Zeit las ich in der Ostpreußischen Familie von einem jungen Mann, der sich auf die Suche nach seinen Vorfahren begab und sich somit an Sie wandte. Das hat mich an meine eigene Lage erinnert, und deshalb bitte ich Sie um Unterstützung!“, schreibt Herr Daniel Depke aus Achim. Vielmehr hatte er geschrieben, aber seine vom 31. Oktober 2010 datierte E-Mail kam bei mir nie an. Und so wandte er sich nun erneut mit einer Kopie seines damaligen Suchwunsches an uns, und der ist noch immer aktuell. Es geht Herrn Depke um seinen Großvater mütterlicherseits, Ulrich Goeldel, der aus Ostpreußen stammte und erst vor einigen Jahren verstarb. Aber sein Enkel hat ihn nie nach seiner Herkunft fragen wollen, denn er war ein stiller, verschlossener Mensch. „Mein Großvater war in meinen Augen immer das Familienoberhaupt, ich verspürte bei ihm eine unglaubliche Würde und auch etwas Geheimnisvolles, gerade weil ich ja fast nichts von ihm wusste.“ Auskunftsfreudiger war da schon dessen Bruder Klaus, der Großonkel des heute 33-jährigen Daniel, der als Soldat in Italien oder Albanien in Kriegsgefangenschaft geriet. Er verstarb noch vor seinem Bruder Ulrich. Die Angaben, die nun zu einer erfolgreichen Suche führen könnten, stammen von einer Tante von Daniel Depke, der es gelungen war, von dem Großvater einiges zu erfahren.

Danach stammen Ulrich Goeldel, *10. November 1920, und Klaus Goeldel, *6. November 1919, aus Sensburg, sind wahrscheinlich auch dort geboren. Ihr Vater Alfred Goeldel hatte noch einen Bruder Horst und eine Schwester. Ihre Mutter, die englische Wurzeln hatte und deren 13 Geschwister über den ganzen Globus verteilt lebten, war eine geborene Marhall. Ihr Vorname war Käthe (Kate). Die Brüder Alfred und Horst haben bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm Silber- und Bronzemedaillen im Tontaubenschießen errungen. Davon hat aber nie jemand aus der Familie gesprochen. Stammgut der Familie Goeldel war das Gut Ratsgrund (bis 1939 Bronikowen) im Kreis Sensburg. Alfred und Käthe, die Urgroßeltern von Daniel, sollen auf der Flucht vor den Russen Selbstmord begangen haben. Ihre Söhne Ulrich und Klaus haben ihre Eltern wohl seit ihrem letzten Heimatbesuch während des Krieges nie mehr gesehen. Von ihrem Elternhaus sind nur noch Brand­reste – drei zerstörte Treppenstufen – übrig geblieben. „Kein Wunder, dass dieses Kapitel der Familiengeschichte nicht oft Gesprächsthema war, keiner der Brüder wird das Geschehen verarbeitet haben“, vermutet Daniel Depke. Sein Urgroßonkel hatte sich nach dem Krieg in Walsrode, Lüneburger Heide, niedergelassen. Er stand anfänglich noch in Verbindung mit seinem Neffen Ulrich, den es nach Meitze, Gemeinde Wedemark, im Hannoverschen verschlagen hatte. In dieser Zeit taucht auch der Name Theo Jedamski auf, er soll ein Freund des Großvaters aus Ostpreußen gewesen sein. Von diesem gibt es sogar ein Foto, insgesamt besitzt Herr Depke 13 Aufnahmen von der Familie, zwei sogar von Ratsgrund. „Die letzten Überbleibsel aus Ostpreußen“, wie Daniel Depke sagt, der sich freuen würde, aus unserem Leserkreis mehr über die Heimat seiner Vorfahren und die Familie Goeldel zu erfahren. (Daniel Depke, Verdener Straße 55 in 28832 Achim, Telefon 04202/9882420 und 0176/3829 0347, E-Mail: ddepke@web.de)

Familiengeschichte führt schon manchmal zu Fragen, die mich überfordern – wie soll ich bitte feststellen, ob wer mit wem verwandt ist, wenn nur die Namen genannt werden. Unsere Ostpreußische Familie ist eine Zeitungskolumne, in der Suchfragen vermittelt werden, aber sie ist keine Institution zur Familienfindung mit Archiv, das sämtliche Bewohner Ostpreußens beinhaltet, möglichst mit Stammbaum bis in das 18. Jahrhundert. Klingt übertrieben, aber es ist tatsächlich so. Leider kann ich auch Frau Monika Negraschus nicht sagen, ob und gegebenenfalls wie sie mit Herrn Kurt Negraßus (Negraszus) verwandt ist. Als sie seinen Namen in einer Suchfrage las, schrillten bei ihr die Alarmglocken, denn er stammt aus Kuckerneese/Kau­keh­men und ihr Vater aus Neukirch, und da liegt die Vermutung nahe, dass hier eine Verwandtschaft besteht. Sie setzte sich sofort mit ihrem Namensvetter in Verbindung mit dem Erfolg, dass ich von beiden gebeten wurde, ihre Verwandtschaft zu klären. Aber vielleicht können andere Elchniederunger weiterhelfen? Der Vater von Monika war Horstmar Negraschus, Sohn von Hermann Negraschus *1898, und seiner Ehefrau Hedwig geborene Lessat, *1905. Beide starben nach der Flucht in Mecklenburg. Horstmar Negraschus wurde 1930 in Neukirch geboren, lebte von 1933 bis zur Flucht in Heinrichswalde, Waldstraße 17 und verstarb 2007. Vor allem dürfte sich Kurt Negraßus freuen, wenn sich eine Verwandtschaft bestätigen würde, denn er hat bisher vergeblich nach Angehörigen gesucht. Da es sich nicht um namentlich genannte Einzelpersonen, sondern um Familien handelt, wäre es in diesem Fall ratsam, sich an das Genealogie-Archiv (Mormonen) zu wenden (Hildesheimer Straße 344 in 30519 Hannover, Telefon 0511/8699724). Auch eine gute Adresse: Die deutsche Zentralstelle für Genealogie, Schongauer Straße 1 in 04328 Leipzig, Telefon (0341) 255555. Die Anschrift von Frau Monika Negraschus lautet: Johannisthaler Chaussee 326 A in 12351 Berlin, Telefon (030) 6025673.

In der Folge 32 vom 13. August vergangenen Jahres suchten wir für Frau Grit Vorsatz Familienangehörige, darunter auch ihre Großtante Christel Schweitzer. Nun ist eine kleine Korrektur angebracht, denn mittlerweile muss die Suchende aufgrund von Recherchen davon ausgehen, dass der Familienname ursprünglich „Schweizer“ geschrieben wurde. In dieser Familie gab es eine Ilse, und kürzlich stellte Frau Vorsatz fest, dass unsere Zeitung in den 90er Jahren Erzählungen von Ilse Schweizer veröffentlicht hatte. Leider ist es mir nicht möglich, den Kontakt zu dieser Dame her­zu­­stellen, da ich sie persönlich nicht kenne und nähere Angaben zu ihrer Person fehlen. Ich kann nur die Autorin der damals veröffentlichten Kurzgeschichten bitten, sich bei Frau Vorsatz zu melden, auch wenn sie nicht mit der gesuchten Ilse Schweizer identisch sein sollte. Diese wurde 1927 in Kaunohnen/Mar­der­felde, Kreis Pillkallen/Schlossberg geboren. (Grit Vorsatz, Friedebacher Straße 32 in 07387 Krölpa OT Rockendorf, Telefon 03647/422615)

Kinderfreundschaften halten oft bis ins hohe Alter, oder sie können erst dann wieder aufleben, wenn es nach jahrzehntelanger Ungewissheit ein Wiedersehen gibt. Manchmal unverhofft, wie es jetzt Frau Christel Kopp erging. Sie fand in Folge 15 den Fluchtbericht von Frau Anny Grothe aus Königsberg-Kalgen, und als sie deren Mädchennamen – Meiritz – las, war sie freudig überrascht, denn mit Anny Meiritz war sie, die Christel Ifflaender, in den frühen 40er Jahren zusammen zur Schule gegangen. Sie bat mich, eine Verbindung zu ihrer alten Schulfreundin herzustellen. Nun wird die Überraschung auf Seiten von Frau Grothe sein.

Eure Ruth Geede


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