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12.05.12 / Getrübte Nachbarschaft / Autor über das Verhältnis zwischen Polen und Preußen/Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-12 vom 12. Mai 2012

Getrübte Nachbarschaft
Autor über das Verhältnis zwischen Polen und Preußen/Deutschland

Die zentrale Botschaft des Buches „Friedrich II. zwischen Deutschland und Polen“ von Hans-Jürgen Bömelburg lautet, dass Polen in der Wahrnehmung durch die Deutschen eher am Rande steht, obwohl die wechselseitige Beziehungsgeschichte der letzten Jahrhunderte eine Fülle an wichtigen Berührungspunkten besitzt. Bömelburg korrigiert dieses Defizit am Beispiel Friedrichs des Großen. Der Untertitel seines Buches lautet „Ereignis- und Erinnerungsgeschichte“, das heißt, er beschreibt, analysiert und bewertet zunächst das Verhältnis Friedrichs zu Polen, und in weiteren Abschnitten schildert er die Wahrnehmung des Königs nach 1786 in den einzelnen Epochen bis in die Zeit nach der friedlichen Revolution in Deutschland und in Polen.

In der deutschen Geschichtswissenschaft ist eine wissenschaftlich fundierte Langzeituntersuchung, die sich mit dem Verhältnis Polen/Preußen/ Deutschland beschäftigt, bisher ohne Vorbild. Es wird mit dieser gründlich recherchierten Arbeit eine Lücke für das deutsch-polnische Geschichtsbild in Deutschland geschlossen.

Bömelburg beginnt mit einer geopolitischen Einleitung: Preußen lag im 18. Jahrhundert zwischen dem Alten Reich „deutscher Nation“ und Polen-Litauen. Dieser Fakten ist heute vielen Deutschen überhaupt nicht mehr bewusst. Die Auswertung aller erreichbaren Quellen – Edikte, Erlasse, Randbemerkungen sowie die politischen Testamente des Königs – zeigen ein von Anbeginn an negatives Bild von Polen, das sich in der Überlieferung im 19. und 20. Jahrhundert und bis in unsere Tage zu einem „deutschen Stereotypenhaushalt“ entwickelte; stellvertretend sei der Begriff „polnische Wirtschaft“ genannt. Schlüsselereignis für die Polen wurden die Teilungen. Sie bestimmen ihr Friedrich-Bild bis heute, es entwickelte sich bei ihnen die berüchtigte Traditionslinie von Friedrich über Bismarck zu Hitler. In Preußen und Deutschland wurden die Teilungen bis ins 20. Jahrhundert wiederum als „Zivilisierungsmission“ begründet, eine Schutzbehauptung gegen die Kritik an der Auslöschung des polnischen Staates.

Im Dritten Reich gipfelte die Instrumentalisierung Friedrichs: der König als erster Nationalsozialist. Diese Motive waren verbunden mit der rassistischen Einstufung der Polen als Untermenschen. Die Argumentationslinie vom unfähigen, faulen, dummen Polen lässt sich bis in die Zeit Friedrichs des Großen zurückverfolgen.

Die Dichte der Argumente, die nur durch gründlichste Auswertung aller greifbaren Quellen möglich wurde, schafft entscheidende Grundlagen zur Beurteilung der preußischen und deutschen Polenpolitik bis 1945. Es wird eine bisher nicht so bekannte Facette im Bild Friedrichs des Großen vorgestellt. Karlheinz Lau

Hans-Jürgen Bömelburg: „Friedrich II. zwischen Deutschland und Polen“, Kröner, Stuttgart 2011, brosch., 381 Seiten, 22,90 Euro


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