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26.05.12 / Stadt der Umbrüche / Danzigs Identität ist keineswegs einfach zu definieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-12 vom 26. Mai 2012

Stadt der Umbrüche
Danzigs Identität ist keineswegs einfach zu definieren

Gdansk – wiele kultur, jedno miasto“ (Danzig – viele Kulturen, eine Stadt) lautet ein Wahlspruch der Stadt. Kulturen stehen für Völker, deren drei „tragende“ von drei weltbekannten Danzigern repräsentiert werden: dem Polen Lech Walesa (*1942), dem Deutschen Arthur Schopenhauer (1788–1860) und dem (mütterlicherseits) Kaschuben Günter Grass (*1927). Dazu viele weitere – der Astronom Hevelius, der Physiker Fahrenheit, der Kupferstecher Chodowiecki oder der Chemiker Butenandt –, die für Jahrhunderte interethnischer Koexistenz stehen.

Danzig entstand vor rund 1500 Jahren als dänische Siedlung in „kassubischer“ Umgebung. Darauf verweist auch der Stadtname Gydannycz (Gotenschanze), den 997 der Prager Missionar Adalbert erstmals erwähnte. Im späten 12. und frühen 13. Jahrhundert siedelten sich deutsche Bauern, Handwerker und Kaufleute hier an, denen Herzog Swatopolk um 1225 Stadtstatus nach Lübecker Recht verlieh. Danzig überließ Lübeck zwei Jahrhunderte lang alle Konflikte mit Dänen und anderen Konkurrenten und trat erst 1361 der befriedeten Hanse bei, um in dieser Lübeck bald zu überflügeln und Wisby die Führung im Ostseeraum zu nehmen. Für seine profitable Autonomie wechselte Danzig von den Kaschuben zum Ritterorden, von diesem zu den Polen, deren König Kasimir ihm 1457 große Privilegien und seinem Wappen die Krone zufügte. Im frühen 16. Jahrhundert festigte die Reformation endgültig Danzigs Position als tolerante und reiche Hansestadt.

1793 schloss Danzig sich nach der Zweiten Teilung Polens Preußen an, was seine ökonomische Kraft weiter anhob. 1815 bestätigte der Wiener Kongress seine Zugehörigkeit zu Preußen, es wurde (wie Königsberg in Ostpreußen) zum blühenden Zentrum Westpreußens. Zum Reichtum kam nun noch intellektuelle Brillanz, sichtbar an der Technischen Hochschule mit ihrer Spezialisierung auf Hafen-, Schiffs- und Flugzeugbau.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Danzig eine „Freie Stadt“ unter Völkerbunds. Danzigs isolierte Lage führte zum Dauerstreit zwischen Deutschland und Polen. Am 1. September 1939 beschoss das Schulschiff „Schleswig-Holstein“ das polnische Depot „Westerplatte“, womit der Zweite Weltkrieg begann. Der endete für Danzig verheerend: Anfang 1945 waren „nur“ 30 Prozent der Stadt zerstört, nach den Endkämpfen waren es 90 Prozent. Gegen den Willen der (nun überwiegend polnischen) Bevölkerung und mit deutscher Hilfe wurde der historische Stadtkern ab 1956 wieder aufgebaut.

2008 edierte die polnische Nationalbank den „Gdanskie talary“ (Danzig-Taler) mit der Inschrift „Zaczelo sie w Gdansku“ („Es begann in Danzig“). Gemeint ist der Sturz des Kommunismus, initiiert durch die Werft-Streiks und die Gewerkschaft „Solidarnosc“. Danzig ehrt seine Helden und Freunde, wie die beachtliche Zahl seiner deutschen Ehrenbürger verrät. „Gdanszczanin Roku“, Danziger des Jahres, wird 2012 vermutlich Wojciech Grabianowski, geboren in Posen, wohnhaft in Düsseldorf und Erbauer des neuen Fußballstadions in Danzig. W.O.


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