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26.05.12 / IN KÜRZE

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-12 vom 26. Mai 2012

IN KÜRZE

Wim Wenders als Fotograf

Wim Wenders hat sich einen Namen als Regisseur von zahlreichen preisgekrönten Filmen gemacht und ist ein international renommierter Fotograf und Künstler. Auf der Suche nach

Drehorten für seine Filme und auf verschiedenen Reisen hat er weltweit ungewöhnliche Landschaften und Orte fotografiert. 60 von diesen meist großformatigen Fotografien werden jetzt in der Ausstellung „Places, strange and quiet“ in der Sammlung Falckenberg in Hamburg-Harburg gezeigt.

Auf seinen Fotos dokumentiert er ungewöhnliche, meist verlassene Orte und bewahrt sie damit davor, in Vergessenheit zu geraten. Mit seinem Auge für Details zeigt er die Vergänglichkeit, aber auch die Zwiespältigkeit und den Surrealismus, die sich vor seiner Kameralinse ausbreiten. Der Besucher betrachtet die Fotos und versucht sich eine Vorstellung davon zu machen, was Wenders an diesem Ort empfunden hat. Zu den Fotos gibt es noch kurze Texte von ihm, die, wie eine Stimme aus einer anderen Welt, die Aufnahmen kommentieren.

Ein Riesenrad, vor der Steppe Armeniens, mit nur noch wenigen Gondeln daran, dem Zerfall preisgegeben. Man spürt die Einsamkeit und fragt sich, wo je die Menschen herkamen, die mit diesem Riesenrad gefahren sind. Die Antwort kommt mit dem nächsten Foto, aufgenommen von der Rückseite. Durch die Speichen des Riesenrades fotografiert, erkennt man die verlassenen Überreste einer armenischen Garnisonsstadt. Wenders kommentiert das Bild: „Der Wind bewegte das große Rad ganz sanft, so dass es langsam vor sich hin quietschte. Das Echo, das ich mir dazu vorstellte: Kirmesmusik, Stimmengewirr und gelegentlich ein sorgloses Lachen.“

Wenders zeigt Fotos von verlassenen Hinterhöfen in Moskau mit einem Bild von einem röhrenden Hirschen, Überreste der russischen Besatzung in der DDR, Abrissruinen vom Palast der Republik, Wandmalereien in einem Wuppertaler Bahntunnel und verlassene Geschäfte in Mitteldeutschland als Spuren vergangener Zeiten.

Bei den Naturaufnahmen lenkt er die Aufmerksamkeit auf ungewöhnliche Details, wie auf ein neongrünes seltsames Kraut, das auf einem Hochhaus in Brasilien wächst, auf Ayers Rock in Australien aus dem Blickwinkel eines Hundes fotografiert oder das armenische Alphabet als Skulptur in der Steppe. Aber auch die technischen Hinterlassenschaften der Menschheit, wie ein australischer Autofriedhof, eine verlassene

U-Boot-Werft in Japan oder eine leuchtend rote Bank vor einem Kriegsschiff ziehen den Betrachter in ihren Bann.

Wenders gelingt es mit seinen melancholischen Fotografien und poetischen Texten ein ganz großes Kopfkino zu entfalten und die Aufnahmen damit zum Leben zu erwecken. Eine ungemein faszinierende Ausstellung, die im Rahmen von Führungen noch bis zum 19. August besucht werden kann. Britta Heitmann

Sammlung Falckenberg, Phoenix-Fabrikhallen, Wilstorfer Straße 71, Tor 2, 21073 Hamburg, Telefon (040) 32506762.


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