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09.06.12 / Suche nach dem Krisenherd / US-Autor bereiste Euro-Länder und stellte fest, wie unähnlich sie sich sind

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-12 vom 09. Juni 2012

Suche nach dem Krisenherd
US-Autor bereiste Euro-Länder und stellte fest, wie unähnlich sie sich sind

Eigentlich hat man zum Thema Euro-Krise schon viel zu viel gehört und gelesen. Doch dem US-Journalisten Michael Lewis ist es mit „Boomerang. Europas harte Landung“ tatsächlich gelungen, das Thema von einer anderen Seite zu beleuchten. Als US-Amerikaner fällt es ihm natürlich leicht, sich despektierlich und zum Teil abwertend über Europas Probleme zu äußern, aber da er im Grunde recht hat, stört einen als Europäer dieser Tonfall nicht, der sogar auf gewisse Weise den Texten von Lewis auch ihren ganz speziellen Unterhaltungswert verleiht.

Für sein Buch ist der Autor zu den verschiedenen Krisenherden Europas gereist. Er war in Island, Griechenland, Irland und interessanterweise auch in Deutschland. Aber auch mit der kommunalen Entschuldung in den USA hat er sich beschäftigt und verdeutlicht, dass sein Heimatland keineswegs überheblich so tun könne, als ob nur Europa eine Überschuldungskrise hätte.

Locker leicht stellt Lewis zum Beispiel die These auf, dass der Weg der Isländer von der Fischerei zum Investmentbanking ja nicht weit gewesen sei, weil beide dazu neigen, „die Meere zu überfischen“. Und bezüglich Griechenlands gelingt es ihm sogar, noch einige Negativ-Anekdoten zu präsentieren, die man noch nicht überall gelesen hat. Hier verweist er abschließend auf den antiken Rhetoriker Isokrates: „Die Demokratie zerstört sich selbst, weil sie ihr Recht auf Freiheit und Gleichheit missbraucht – weil sie ihren Bürgern vermittelt, Dreistigkeit als Recht zu begreifen, Gesetzlosigkeit als Freiheit, aggressive Äußerungen als Gleichheit und Anarchie als Fortschritt.“

Bei der Erforschung der Ursache der Krise in Irland fragt sich der Autor wiederum, wieso das ganze irische Volk ohne Widerspruch die Milliarden-Defizite einiger Banken übernommen hat. Ihn fasziniert der Unterschied zwischen den Iren und Griechen: Während die einen die Last weniger Banken übernahmen, versuchen die anderen stets, ihre Lasten bloß nicht selber zu tragen und anderen aufzuhalsen. Beide Extreme heißt der Autor aber nicht gut.

Bei seiner Deutschland-Reise hatte der Autor aus irgendeinem Grund das Buch des Volkskundlers Alan Dundes aus dem Jahre 1984 im Gepäck, anhand dessen er die Deutschen verstehen wollte. Aus deutscher Sicht ist das Buch das reinste Ärgernis und es hilft Lewis bei seinen Recherchen zur Euro-Krise auch nicht wirklich weiter, allenfalls kann er so ein wenig Fäkal-Humor unterbringen. Und auch Lewis erklärt den Euro als Versuch, die Vorherrschaft der Deutschen in Europa zu verhindern. Doch während Thilo Sarrazin für solche Aussagen verdammt wird, darf Lewis das sagen, er kommt ja von der „richtigen“ Seite.

Sein Gespräch mit dem ehemaligen Gouverneur von Kalifornien liest man gerne. Arnold Schwarzenegger schildert seine gescheiterten Versuche, die starke Überschuldung des Sonnenstaates einzudämmen. Obwohl viele seiner Sparvorschläge inhaltlich von Politikern und Bürgern nachvollzogen werden konnten, wollte niemand die Folgen von deren Umsetzung tragen. Am Beispiel des 120000 Einwohner zählenden Ortes Vallejo in Kalifornien, dessen Insolvenz 2011 abgewickelt wurde, zeigt der Autor abschließend eindringlich auf, wie es ist, wenn eine Gesellschaft ihre Fähigkeit zur Selbstregulierung verliert und ihre langfristigen Interessen zugunsten schneller Belohnung opfert. Rebecca Bellano

Michael Lewis: „Boomerang. Europas harte Landung“, campus, Frankfurt am Main 2011, geb., 247 Seiten, 24,99 Euro


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