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16.06.12 / »Schwaben töten!« / Berlin: Hetze gegen Fremde eskaliert – Neubürger tätlich attackiert – Täter aus linkem Milieu

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-12 vom 16. Juni 2012

»Schwaben töten!«
Berlin: Hetze gegen Fremde eskaliert – Neubürger tätlich attackiert – Täter aus linkem Milieu

Steigende Mieten und der Zuzug Wohlhabender dienen als Vorwand für neue Feindbilder: Erstmals wird ein Mensch als „Zugezogener“ bepöbelt und angegriffen.

Der 32-jährige Gregor R. wurde am 6. Mai gegen 19.30 Uhr abends während der Straßenbahnfahrt durch die Berliner Szene-Kieze Prenzlauer Berg und Friedrichshain von zwei Männern angegriffen. Zuvor bedrohten sie ihn: „Du Scheiß-Zugezogener, wegen dir steigen hier die Mietpreise. Aber irgendwann ist hier eh Kiezreinigung!“ Dann spuckte und schlug zumindest einer der beiden auf R. ein.

Vor Gericht trafen die Angreifer nun ihr Opfer wieder. Der Prozess wirft ein dunkles Licht auf das trendige Lebensgefühl vermeintlich bunter Viertel: Der Täter Till D. ist Kiezbewohner, mehrfach vorbestraft und empfängt staatliche Transferleistungen. Am Tatort sind „Schwaben“- und Fremdenhass längst fest in den Alltag integriert. Zahllose Graffiti geben eine allgemein feindliche Stimmung gegen sogenannte Gentrifizierer wieder. Im Dunstkreis lokaler Proteste gegen diese vermeintlich wohlhabenden Zugezogenen kocht seit Monaten der Hass gegen „Schwaben“ hoch. Angeblich stammen viele der Neu-Berliner aus Baden-Württemberg. Vor allem aber fallen diese wegen ihres Akzents wohl besonders auf.

Im August 2011 gab ein 29-jähriger Zeitungsausträger zu, Kinderwagen in Hausfluren des Viertels Neukölln aus „Hass auf Schwaben in Prenzlauer Berg“ angezündet zu haben. Er räumte elf Brandstiftungen ein. Medien beschrieben den Angeklagten später als „gutsituierten Westdeutschen“ („Stern“). Wenige Tage später brannte auch in Prenzlauer Berg ein Kinderwagen – Täter unbekannt.

„Das alternative Berlin offenbart einen reaktionären Unterton“ schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ zum Fall des Zeitungsboten und „Berlins neuer Hasskultur“. Entsprechende Hassparolen an Hauswänden sind inzwischen Teil des Stadtteillebens, besonders in Prenzlauer Berg, wo nun der Angriff stattfand. Aufkleber auf öffentlichen Schildern künden dort abwertend vom „Schwabylon“, in dem sich die Szene wähnt. An Hauswänden finden sich Parolen wie „Schwaben raus!“ Ein amtlich wirkendes Plakat fordert von Hauswänden herab: „Kauft nicht bei Schwaben!“

Betroffen sind keineswegs nur Brennpunkte der Gentrifizierung, also Orte, an denen Mieten steigen und Alteingesessene wegziehen, sondern vor allem politisch links geprägte Kieze. Der Kollwitzkiez, nur ein paar hundert Meter vom Ort der abendlichen Attacke entfernt, ist eines der Zentren der Schwabenhatz. Im Januar sprühte ein junger Bewohner dort „Schwaben töten“ an eine Wand. Der 18-Jährige, der seine Botschaft mit dem Szene-Kürzel „TSH“ zeichnete, kam in Untersuchungshaft. Zu dem Zeitpunkt standen bereits zehn weitere Schwaben- und fremdenfeindliche Parolen allein an Hauswänden der Kollwitzstraße.

Auch im Mauerpark, wo sich die beiden Straßenbahnschläger vor ihrer Tat aufhielten, sind „Porno-Hippie-Schwaben“, so der Szenejargon, nicht gern gesehen. „Berlin ist intoleranter geworden, gerade bei denen, die sich die Antidiskriminierung auf die Fahnen geschrieben haben“, klagt der „Friedrichshainblog“ im Internet. Demnach wuchsen sich Witze und Graffiti gegen Schwaben binnen weniger Jahre zu einer „ausufernden Diskriminierung“ aus. Der Schwabe gelte als Symbol für den Ausverkauf der Stadt. Selbst die linke „taz“ machte im März Schwabenhass im Interview mit dem Musiker Michi Beck („Fanta Vier“) zum Thema. Der Deutsch-Rapper sagte: „Aber der sogenannte Schwabenhass richtet sich ja auch gar nicht ausdrücklich gegen Schwaben. Der Schwabe ist nur zu einem Symbol für die Gentrifizierung geworden.“

Schon in den 80er Jahren habe es demnach Ablehnung gegeben, außerdem: „In Stuttgart macht man sich ja sogar noch mehr ins Hemd wegen dem Schwabenhass als hier“, so Beck. Es sind beschwichtigende Worte. Für linke Medien, Politiker und Gruppen ist der Fremdenhass aus ihren eigenen Reihen eine ziemlich peinliche Erscheinung.

Der jüngst angegriffene „Zugezogene“ hatte wochenlang Schnittwunden und Prellungen im Gesicht durch die ihm zerschlagene Brille. Tatsächlich stammt der Mann aus Thüringen, lebt seit vielen Jahren in der Stadt. Nach eigenen Angaben trug er keine auffällige Kleidung, sprach nicht einmal mit den Angreifern. Der Hass hätte somit jeden treffen können. Einige Szene-Clubs verwehren bereits Schwaben und Ausländern den Zutritt. „Touristen unerwünscht! Wir wollen unter uns bleiben“, lautet oft die Begründung. „Ihr nehmt meine Heimat ein“ sprühten Unbekannte Anfang des Jahres an das „Café Heimatlos“ am Kollwitzplatz – es gehört einem Ausländer.

Neben Schwaben- wird Ausländerangst in linken Kreisen salonfähig. Berlin witzelt weiter über Schwaben und Prominente wollen, auf das Thema angesprochen, vor allem nicht als Zugezogene erkannt werden. Der tatsächliche Zustrom von Baden-Württembergern nach Prenzlauer Berg wird von Experten seit Jahren mit beschaulichen rund 650 Menschen im Jahr angegeben. Der Hauptbeschuldigte des Angriffs auf den 32-Jährigen wollte sich dem Prozessende und seinen wirren Motiven nicht mehr stellen. Er erschien nicht zur Urteilsverkündung. Laut Strafbefehl muss er 2250 Euro zahlen. Sverre Gutschmidt


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