26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
30.06.12 / Potsdamer verprellen Spender / Neue Kunsthalle: Stiftungvon 45 Millionen Euro könnte der Stadt durch die Lappen gehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-12 vom 30. Juni 2012

Potsdamer verprellen Spender
Neue Kunsthalle: Stiftung von 45 Millionen Euro könnte der Stadt durch die Lappen gehen

Seit Software-Milliardär und Mäzen Hasso Plattner im April bekanntgab, Potsdam eine zentral gelegene Kunsthalle zu schenken, versuchen Linke das Projekt zu Fall zu bringen. Nun zog sich Plattner vom Standort Lustgarten neben dem Stadtschloss zurück, für viele Potsdamer ein – heilsamer? – Schock.

Bürger und Prominente versuchen den Gründer des SAP-Konzerns demonstrativ umzustimmen. Die Frage des Baus droht zum negativen Signal an Spender, Zugereiste und für die Gestaltung des verödeten Zentrums der Preußen- und Tourismusmetropole zu werden.

In der Stadtmitte, neben dem als Landtag im Aufbau befindlichen Schloss, wollte Plattner der an zeitgenössischer Kunst armen Stadt einen Musentempel anstelle eines abgewohnten einstigen Interhotels spendieren. Doch Protest seitens einiger Linksparteiler, Grüner sowie des Tourismusverbandes veranlassten den Mäzen zum Rückzug. Die Hoffnung der großen Mehrheit der Potsdamer auf Belebung der historischen Mitte gerät in Gefahr. Hier hätte Plattners Kunstsammlung, um die sich viele Städte bewarben, Akzente gesetzt. Allein das bisherige Mercure Hotel, in den 60er Jahren als Interhotel von der DDR zum Sammeln von Devisen errichtet, müsste der Kunsthalle weichen.

Der Linke-Fraktionschef im Stadtparlament, Hans- Jürgen Scharfenberg, verteidigte das 17 Stockwerke hohe Hotel: „Es ist bestens platziert an dieser Stelle, wäre es nicht hier, müsste man eines hinstellen.“ Scharfenberg verlangte bereits 2011 Denkmalschutz – für Plattner ein Grund, jetzt DDR-Kunst in den Mittelpunkt seines Projekts zu rücken. Doch selbst dieses Sammelgebiet, das ohnehin „stiefmütterlich behandelt“ werde, so Plattner, überzeugte die Gegner nicht. Auch der Chef der für den Fremdenverkehr im Land zuständigen Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH, Dieter Hütte, hatte die Kunsthalle zwar begrüßt, den Hotelabriss aber als bedenklich kritisiert. Plattner, der den Bau aus Privatmitteln finanzieren will, erhielt böse Briefe. Giftige Kommentare, Plattner wolle sich ein Mausoleum errichten, veranlassten ihn schließlich zur Abkehr vom Standort in der Innenstadt.

Rund 1000 Potsdamer, darunter Moderator Günther Jauch, Designer Wolfgang Joop und Schauspielerin Nadja Uhl, versammelten sich daraufhin am 18. Juni, um Hasso Plattner umzustimmen. Gerade einmal 20 Gegendemonstranten kamen. „Eine so überwältigende Demo habe ich nicht erwartet, schönen Dank“, sagte Plattner. „Heute sehe ich, das sind nur ganz wenige“, rief er den Gegendemonstranten zu.

Das Projekt Kunsthalle, von Experten mit gut 45 Millionen Euro einschließlich Grunderwerb und Abriss des Mercure veranschlagt, bleibt dennoch gefährdet, und das, obwohl das Hotel ein Auslaufmodell ist. Der jetzige Betreiber will 2013 aufhören, so oder so. Das größte Hindernis bleibt das gesellschaftliche Klima der Stadt. „Wenn Scharfenberg zustimmen würde, hätten wir es alle leichter“, seufzt Plattner.

Auch Prominente hatten die Stimmung, die „autoaggressive Energie“, kritisiert, so Mathias Döpfner, Vorstandschef des Axel-Springer-Konzerns. Wie andere zugewanderte Potsdamer beklagt er die Protesthaltung der „Alteingesessenen“, die Plattner als Grund seines Rückzugs nannte. Diese sähen im Hotelabriss den Verlust „eines Stücks DDR-Geschichte“, so der Spender.

Seit Plattners Rückzug bemüht sich die Stadt, Zeichen für die ursprüngliche Idee zu setzen. Plattner ließ jedoch durchblicken, sich als Privatmann derart massiven Protesten nicht aussetzen zu wollen: Er schlägt nun eine abgespeckte Variante des Museums auf dem Gelände der von ihm gegründeten Software-Akademie am Stadtrand Potsdams vor. „Die Tür ist wieder ein Stück weit offen“, hofft hingegen Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Er versprach Plattner, die Stadt werde Verhandlungen mit bisherigen Nutzern des Mercure-Geländes übernehmen. Auch die Baurechte „lösen wir dann als Stadt“, so Jakobs. Für die Angestellten des Hotels handelte der Oberbürgermeister eine Beschäftigungsgarantie mit Potsdamer Hotels und Verbänden aus. Die Stadtverordneten verstärkten Mittwoch vergangener Woche das Signal: Mit großer Mehrheit von elf zu fünf stimmten sie für den ursprünglichen Plan. Nur die Linkspartei stimmte dagegen.

Gewissheit für die zweistöckig gedachte Halle ist damit noch nicht geschaffen. Sie könnte im Idealfall in fünf Jahren fertig sein. Gut 25 Werke der DDR-Kunst hat Plattner bereits zusammengetragen, Werke von Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Bernhard Heisig und Arno Rink. Vom Stil her „zurücknehmen“ will Plattner den Bau, verglichen mit dem Stadtschloss.

Doch bei aller Geduld des Spenders bleibt die Stimmung in linken Kreisen frostig. Erst vor kurzem musste das von Plattner in den 90er Jahren gegründete Software-Institut ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Schufa wegen linker Proteste abbrechen. Die Schutzgemeinschaft wollte mit dem Institut Wege erforschen, allgemein zugängliche Internetdaten für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit im Zahlungsverkehr nutzbar zu machen. Selbst die allgemein formulierte Forschungsfrage, welche Netz-Daten überhaupt verwertbar seien und zu welchen gesellschaftlichen Risiken, erregte die Gemüter. Bis 15. Juli muss Plattner sich nun entscheiden, dann läuft die Frist für den bereits ausgehandelten Kaufvertrag für das Mercure aus. Sverre Gutschmidt


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren