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30.06.12 / Jenseits des Rechts / Familienunternehmer warnt vor ESM – Zweifel an Politikeraussagen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-12 vom 30. Juni 2012

Jenseits des Rechts
Familienunternehmer warnt vor ESM – Zweifel an Politikeraussagen

Mit seinem Aufruf an die deutsche Wirtschaft, den Euro-Rettungskurs der Kanzlerin nicht mit Kritik zu torpedieren, hat Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, für Aufsehen gesorgt. Brun-Hagen Hennerkes, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, erklärt im Gespräch mit der PAZ, wieso er gegen den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ist. Die Fragen stellte Rebecca Bellano.

PAZ: Sehr geehrter Herr Professor Hennerkes, Ihre Stiftung hat beim Tag des deutschen Familienunternehmens klar Stellung gegen den ESM bezogen. Haben die anwesenden Politiker bei dieser Veranstaltung versucht, Ihnen ihre Politik zu erklären, um Sie doch noch mit ins Boot zu holen?

Hennerkes: Kanzlerin Merkel hat nicht ausdrücklich für den Rettungsschirm geworben. Sie hat sich für einen stabilen Währungsraum ausgesprochen und vor einer Überforderung Deutschlands gewarnt. Altkanzler Schröder hat für eine Ausweitung der Rettungsmaßnahmen geworben.

PAZ: Während Bundespolitiker behaupten, dass der Fortbestand des Friedens in Europa vom Fortbestand des Euro abhänge, sagen Sie genau das Gegenteil. Wieso?

Hennerkes: Immer mehr rutscht Deutschland in die Rolle eines weißen Ritters für überschuldete Euro-Staaten; ebenso ersehnt wie verhasst. Ein Auseinanderfallen in Schuldner und Gläubiger zerstört die gute Nachbarschaft auf dem alten Kontinent.

PAZ: Sie bezeichnen das geplante ESM-Gremium in Luxemburg als „riesige Black Box“. Was meinen Sie damit?

Hennerkes: Gerichten soll es laut Wortlaut des Vertrages verwehrt sein, Personal, Vermögen und Unterlagen des ESM einer rechtlichen Kontrolle zu unterziehen, es sei denn, Gremien des Rettungsschirms selbst würden eine solche Kontrolle ausdrücklich gestatten. Die Euro-Retter können sich damit persönlich jeder Verantwortung entziehen, obwohl sie über enorme finanzielle Risiken zu entscheiden haben. Sie schaffen für sich einen rechtsfreien Raum.

PAZ: Obwohl unsere Politiker immer wieder betonen, dass Deutschland am meisten vom Euro profitiert habe, zweifeln Sie diese Aussage an. Was sind Ihre Argumente?

Hennerkes: Harte Arbeit mit international wettbewerbsfähigen Produkten, niedrigen Lohnstück-kosten und hoher Produktivität hat die Basis für den Exporterfolg begründet – nicht aber in erster Linie die Gemeinschaftswährung. Insgesamt ist der prozentuale Anteil der deutschen Exporte in den Euro-Raum seit Einführung der Gemeinschaftswährung gefallen. Die Steigerungsrate für die Exporte nach Polen liegt höher als der Durchschnitt für den Euro-Raum.

PAZ: Wieso gibt es Ihrer Meinung nach so wenig Widerstand gegen den ESM, obwohl er doch aus Ihrer Sicht so gefährlich ist. Den Aufruf des Bundes der Steuerzahler haben bisher nur knapp 15000 Personen unterzeichnet.

Hennerkes: Es handelt sich hier um ein hochkompliziertes Vertragswerk, das selbst mit juristischer Vorbildung schwer nachzuvollziehen ist. In Umfragen zeigt sich aber, dass die Mehrheit der Bevölkerung eindeutig gegen die Ausweitung der Rettungsschirme votiert, unabhängig von der Parteipräferenz.


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