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30.06.12 / Gute Analyse, laue Lösungen / Zwei Banker erklären Ursachen der jetzigen Euro-Krise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-12 vom 30. Juni 2012

Gute Analyse, laue Lösungen
Zwei Banker erklären Ursachen der jetzigen Euro-Krise

Getreu dem Gassenhauer „Wer soll das bezahlen“ versuchen Norbert Walter, ehemaliger Chefökonom der Deutschen Bank, und Volkswirt Jörn Quitzau von der Berenberg Bank „Antworten auf die globale Wirtschaftskrise“ zu geben und „Wege aus der Finanzmarkt- und Verschuldungskrise“ aufzuzeigen. Das Buch der beiden Finanzfachleute widmet sich in erster Linie der Euro-Krise als Teil der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise und besticht inhaltlich im das Euro-Desaster kenntnisreich analysierenden Kapitel 3. Die Autoren zeigen hierin die eklatanten Fehlentwicklungen in Wirtschaft, Politik und Finanzwelt schonungslos auf, um darzulegen, inwiefern die strukturellen Probleme der Euro-Schuldenkrise ungelöst bleiben und stattdessen eine Verlagerung vom Finanzmarktsektor auf die Staaten und somit letztlich auf das Portemonnaie der Bürger, vornehmlich der deutschen Steuerzahler, vorgenommen wird. Das Zusteuern auf die währungspolitische Katastrophe, ein gigantischer Inflationsschub, prophezeien die beiden Ökonomen, falls nicht eine radikale Zäsur zu einem Umdenken der selbsternannten Eliten mit ihren von Verantwortungslosigkeit gekennzeichneten finanz- und wirtschaftspolitischen Maximen führt. Bevor das Autorenduo jedoch eigene Lösungsansätze formuliert, nehmen sie in der Analyse kein Blatt vor den Mund und benennen klar die Schwächen des Finanzsystems und der diesem zugrundeliegenden Theorien. Walter und Quitzau nehmen hierbei auch sehr kritisch Stellung gegen die – bei Erscheinen des Buches 2011 nur zu erahnende – kurzsichtige Politik der Euro-Rettungsschirme und die Entwicklung der EU zu einer reinen Transferunion. In der ordoliberalen Überzeugung, der Staat habe grundsätzlich nur einen stabilen Ordnungsrahmen zu gewährleisten und sich ansonsten aus dem Wettbewerb des freien Marktes herauszuhalten, unterscheidet sich die Kritik des Buches jedoch entscheidend von Positionen führender Finanzmarktkritiker (zum Beispiel Max Otte), die gerade die Unterordnung der Politik unter die Ökonomie als Hauptursache für die globale Verschuldungskrise betrachten. Walter und Quitzau plädieren aber schluss-endlich für die Intervention von EZB, EU und Euro-Staaten zugunsten insolventer Staaten wie Griechenland und lehnen das Steuerungselement Schuldenschnitt aus ihrer Perspektive des Bankers entschieden ab.

Mit dem gut recherchierten und wissensfundierten Buch zeigen Walter und Quitzau aber keine tragfähigen und vor allem systemischen Alternativen zur Lösung des finanzpolitischen Dilemmas auf, sondern reihen sich in die Riege von Ökonomen ein, die in der Konsolidierung von EU und Euro den entscheidenden Weg aus der Krise sehen. Dass aber genau das nationalstaataushöhlende Finanzsystem in Verbindung mit den Pseudo-Eliten aus Politik, Wirtschaft und Medien der Fehler ist, trauen sich die aus diesem Machtkomplex entstammenden Herren nicht zu sagen. Sebastian Pella

Norbert Walter / Jörn Quitzau: „Wer soll das bezahlen? Antworten auf die globale Wirtschaftskrise“, Pattloch Verlag, München 2011, 288 Seiten, 19,99 Euro


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