24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.07.12 / Teures Brot dank Biogas / Zunehmender Anbau von Energiepflanzen macht Getreideeinfuhr nötig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-12 vom 07. Juli 2012

Teures Brot dank Biogas
Zunehmender Anbau von Energiepflanzen macht Getreideeinfuhr nötig

Agrarexperten fordern ein Umdenken bei der Biomasseproduktion. Der Maisanbau steigt, mit der Folge, dass Getreide vernachlässigt wird und die Lebensmittelpreise steigen werden. Biomasse aus Mais ist als Treibstoff gefragt und die Zahl der Biogasanlagen nimmt stetig zu. Doch zu viel Maisanbau und Wildwuchs bei anderen erneuerbaren Energien stellen Landwirtschaft und ländlichen Raum vor große Probleme. Das zeigte sich auf dem jüngsten 2. Energietag der Industrie- und Handelskammern Sachsen-Anhalts in Magdeburg. Neben dem Genehmigungswirrwarr für Anlagen beklagten Vertreter dort vor allem, dass der Anbau von Mais in einigen Regionen die unter Fachleuten als kritisch eingestufte Grenze von gut einem Fünftel der Gesamtanbaufläche überschreite. Allein in der Altmark vergrößerte sich diese Anbaufläche binnen fünf Jahren von 23000 Hektar auf rund 40000 Hektar (Stand 2010). Auch bei den anderen erneuerbaren Energien sind das Wachstum und damit der Flächenverbrauch groß. Auf dem Energietag machten sich die Experten daher Sorgen über fehlende

Rück­baukonzepte. So decke die Windkraft „allein bereits 121,18 Prozent des Energiebedarfs in der Altmark ab“, bilanzierte der Leiter des Bauordnungsamtes des Landkreises Stendal, Dirk Michaelis.

Der Blick ins Lokale zeigt: Es droht bundesweit ein politischer Wildwuchs bei „sauberen“ Energien. Ein Umdenken in der Landwirtschaftspolitik verlangen nun die Chefs der drei agrarwissenschaftlichen Leibniz-Institute Brandenburgs. In einer gemeinsamen Erklärung beklagen sie das Fehlen lokaler Nutzungskonzepte. Hubert Wiggering, Leiter des Leibniz-Instituts für Agrarlandschaftsforschung Müncheberg, sieht Mängel in der Förderpolitik des Landes. Die aktuelle Entscheidung „von oben“, vermehrt Biomasse, also Mais, anzubauen, sei einseitig. Die Förderung mache den Anbau künstlich gewinnträchtig, sodass „man drumherum alles andere vergisst“. Als Gegenmaßnahme schlagen die Forscher eine jeweilige lokale Gesamtanalyse von Agrarstandorten vor.

Auch auf den diesjährigen Feldtagen der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft standen Alternativen zum Mais bei der Biomasseproduktion ganz oben auf der Tagesordnung. Zwar ist nicht jeder Mais für die Biogasgewinnung optimal geeignet, doch sinkt der Anteil von Getreide an der Anbaufläche, während der von Mais zunimmt. In Niedersachsen dienten 2011 schon zwölf Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche der Erzeugung von Energiepflanzen. Energiemais macht hier mindestens ein Drittel des gesamten Maisanbaus aus. Nach neuesten Schätzungen fällt die Getreideernte in diesem Jahr mit vier Millionen Tonnen um gut ein Zehntel geringer aus als bisher in einem durchschnittlichen Jahr, so Henning Ehlers, Geschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbands. Mit 41,5 Millionen Tonnen Getreide produziert Deutschland damit 2012 gut 300000 Tonnen weniger, als es der durchschnittliche Bedarf erfordert. Importe sind so erstmals seit 25 Jahren unumgänglich. Sie machen nicht nur die Futtermittel und damit die Nutztiere teurer. Am Ende zahlt auch der Verbraucher doppelt: für teureren Strom und teurere Lebensmittel. Sverre Gutschmidt


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren