19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.07.12 / Erdogans stumpfes Schwert / Türkisches Militär allein zu schwach für einen Krieg gegen Syrien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-12 vom 07. Juli 2012

Erdogans stumpfes Schwert
Türkisches Militär allein zu schwach für einen Krieg gegen Syrien

Nach dem Abschuss eines türkischen Kampfflugzeuges durch die syrischen Streitkräfte hat die türkische Armee damit begonnen, starke Einheiten, vor allem Luftabwehr- und Panzerverbände, entlang der Grenze zu Syrien zu verlegen. Ankara will nun zeigen, dass es entschlossen ist, notfalls auch mit Gewalt, das Assad-Regime in Syrien zu beseitigen. Die türkische Bevölkerung dagegen lehnt eine militärische Intervention ihres Landes im Nachbarland Syrien mit großer Mehrheit ab.

Die Moral der türkischen Streitkräfte ist durch einen jahrzehntelangen verlustreichen Abnutzungskrieg gegen die PKK, ohne Aussicht auf eine militärische Lösung, bereits angegriffen. Dazu kommt, dass derzeit 86 Generale und 15 Prozent des Offizierkorps aus politischen Gründen inhaftiert sind und es deshalb auch innerhalb der unteren Dienstgrade kräftig gärt. Das Militär ist nach seinem Selbstverständnis seit Ausrufung der Republik im Jahr 1923 auch Wächter der damals eingeführten laizistischen Staatsordnung. In den Jahren 1960, 1971 und 1980 putschten die türkischen Generale gegen die jeweilige Regierung und veranlassten 1981 die Ausarbeitung einer bis heute gültigen Verfassung, die ihnen bei zentralen Fragen ein Letztentscheidungsrecht zusichert. Seit 2003 regiert jedoch mit der AKP von Recep Tayyip Erdogan eine gegen das Militär eingestellte islamische Regierung. Im Jahre 2008 kam die türkische Regierung mit der Verhaftung einer großen Anzahl von Offizieren und Journalisten angeblich einem versuchten Staatsstreich zuvor. Immer mehr Offiziere wurden in den folgenden Jahren verhaftet, ohne dass jedoch eine schlüssige Beweisführung gegen sie vorgelegt oder gar ein Gerichtsverfahren abgeschlossen wurde. Das Verfahren gleicht immer mehr einem Schauprozess, der politisch die Machtfrage in der Türkei zwischen Militär und religiösem Establishment klären soll.

Im Juli 2011 trat die gesamte Armeeführung aus Protest gegen die langjährige Inhaftierung von 250 Offizieren wegen angeblicher Verschwörung gegen die Regierung Erdogan zurück. Anfang dieses Jahres ging der jahrelange Machtkampf zwischen den islamisch geprägten Regierungen der AKP und dem traditionell laizistisch eingestellten Militär mit der Neubesetzung der militärischen Spitzenstellen in eine neue Runde. Er scheint immer mehr zu Gunsten der islamistischen Staatsführung entschieden zu sein, ein Putsch der Armeeführung gegen eine zivile Regierung scheint nicht mehr möglich.

Die einst zweitgrößte Armee der Nato ist durch die Verhaftungswelle mittlerweile so geschwächt, dass sie einen Krieg gegen die zahlenmäßig schwächere syrische Armee, die allerdings wesentlich kampferfahrener ist, ohne Nato-Unterstützung kaum durchstehen könnte. Das zeigt allein die dilettantische Verletzung des syrischen Luftraums durch die türkische Luftwaffe und der Abschuss der türkischen Maschine durch die syrische Flugabwehr, deren Funktionsfähigkeit die Türkei eigentlich nur hatte testen wollen. Ein Einsatz der Nato zugunsten der Türkei scheint nach dem Libyen-Einsatz, dessen unabwägbare Folgen erst jetzt offenbar werden, und nach der Weigerung der Türkei, die USA bei deren Irak-Einsatz auch nur logistisch zu unterstützen, wenig wahrscheinlich. B.B.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren