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07.07.12 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-12 vom 07. Juli 2012

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Hand in Hand / Warum Zypern mit den Chinesen knuddelt, wofür Linke und Großfinanz gemeinsam kämpfen, und wieso Nazis für den Euro wichtig sind

Manchmal verdichten sich große historische Entwicklungen auf einen einzigen kleinen Moment, ein winziges Detail, das alles sagt über das Ganze. Seit Sonntag hat Zypern die EU-Ratspräsidentschaft inne; eine große Ehre, denn für ein halbes Jahr ist der kleine Inselstaat nun sozusagen der Chef im großen Europa.

Der Clou: Zeitgleich mit seiner Thronbesteigung fordert Zypern zwölf Milliarden Euro Hilfen für seine Banken. Das hatten wir noch nie: Als erste Amtshandlung lässt der neue Häuptling den Hut rumgehen. Hier zeigt sich beispielhaft, wie „Macht“ und „Verantwortung“ in Euroland zueinander stehen: Macht haben die einen, die Verantwortung fürs Zahlen tragen hingegen die anderen.

Dabei gehen die Zyprioten vor, als wären sie bei Mario Mafiamonti in Rom zur Schule gegangen. Ganz wie der italienische Ministerpräsident garnieren sie ihren Antrag mit einer handfesten Erpressung: Wenn ihr uns nicht gebt, was wir wollen, holen wir die Chinesen und die Russen auf unser strategisch wichtiges Eiland. Wie findet ihr das? Also: Her mit der Kohle!

Ob Zypern überhaupt die Bedingungen für Hilfe erfüllt, fragt keiner mehr. Eigentlich müssten die dortige Krise und ein möglicher Zusammenbruch der Banken die gesamte Euro-Zone gefährden, also „systemisch“ sein, wie es dann heißt. Nur wenn eine solche Gesamtgefährdung von einem Land ausgeht, darf Europa helfen. Davon kann bei dem Land, das kaum halb so viele Einwohner hat wie Hamburg und eine weitaus kleinere Volkswirtschaft als Bremen, keine Rede sein. Geholfen wird natürlich trotzdem, schon wegen der Russen und der Chinesen. Und weil die Deutschen ja dafür haften.

Schließlich ist das unsere „Verantwortung“. Wir haben nämlich das Denken in engen nationalen Kategorien längst abgestreift und sind Kosmopoliten geworden. Sogar unsere Fußball-„Nationalmannschaft“ ist kosmopolitisch. Die armen Jungs wussten daher gar nicht recht zu deuten, was für ein komisches Lied die bei der EM immer gespielt haben, bevor Partien mit BRD-Beteiligung angepfiffen wurden. Das sei unsere Nationalhymne, wurden sie von einigen Unionspolitikern aufgeklärt, die kein Verständnis dafür aufbringen, dass etliche Kicker nicht mitgesungen haben.

Unsere Politiker sind nämlich Meister im Mitsingen. Die trällern sogar mit, wenn man ihnen noch nicht mal den Text gegeben hat. Bei ihrer ersten Beratung zum „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ ESM im März fehlte in den Unterlagen der gesamte Abschnitt über die Mitbestimmungsrechte des Bundestages. Immerhin das demokratische Kernstück des gigantischen Vertragswerks zur „Rettung“ der Länder, die in Euroland die Macht haben auf Kosten derer, die die Verantwortung tragen.

Aber das brachte die Parlamentarier von ein paar peinlichen Ausnahmen abgesehen nicht für eine Sekunde aus dem Takt. Sie waren hingerissen vom ESM.

Ebenso, wie sie einen ganzen Text befürworten, obwohl sie nur den halben kennen, haben die deutschen Parlamentarier auch nichts dagegen, etwas abzu­nicken, was schon überholt ist. Der mit großem Getöse beschlossene ESM-Vertrag war am Tag vor dem nunmehrigen Bundestagsbeschluss durch den jüngsten EU-Gipfel schon überholt. Doch was soll’s, wir sind gute Europäer, die sich ihrer Verantwortung stellen, und unterschreiben dafür alles, was man uns vorlegt.

Nun wird gefeiert, was für ein Triumph! Und wer feiert? Jakob Augstein ist begeistert. Der Millionenerbe des großen „Spiegel“-Gründers und eingefleischte Linke klärt uns in seiner „Spiegel“-Kolumne auf, wer die Sieger sind: „Sozialismus und Kapitalismus waren immer internationalistische Ideologien. Beide zielen, aus verschiedenen Gründen, auf die Überwindung des Nationalstaats. Beide haben ein Interesse daran, in Europa einen neuen, supranationalen Raum zu definieren.“ Und deshalb sei es großartig, dass wir nun endlich die große europäische Transferunion bekämen, in der die Deutschen kräftig zahlen müssen.

Den Text sollte man massenhaft unter den „Kapitalismus-Kritikern“ verteilen, die als „Occupy“-Bewegung vor den Banken herumkampieren: Da drinnen sitzen eure Genossen, deren Geschäft ihr gerade erledigt. Wer gestaunt hat, was Jürgen Trittin beim Klub der Großfinanz namens „Bilderberger“ zu suchen hatte, der schlage nach bei Augstein. Hat alles seine Ordnung.

Linke und internationale Großfinanz haben sich also verbündet. Aber gegen wen? Na, beispielsweise diejenigen, die immer noch meinen, Demokratie, Rechtsstaat und nationale Selbstbestimmung seien wichtiger als der „supranationale Großraum“. Oder diejenigen, die das „Eigentumsrecht“ gegen die „Transferunion“ verteidigen wollen. Solche Leute wollen nämlich verhindern, dass das Geld der Bürger gewissermaßen verflüssigt wird, damit es die einen (die Linken) nach Gutdünken umverteilen und die anderen (Großfinanz) dann über die Schuldenmärkte zusammenraffen können.

Für gefährliche Typen benötigt man ein drastisches Etikett, damit sie jeder sofort erkennen und bekämpfen kann. Welches Etikett glänzt giftiger als „Nazi“? In den 90er Jahren war es schon fast gelungen, die Euro-Kritiker als „D-Mark-Nazis“ zu entlarven. Leider hat es seitdem ein paar Rück­schläge gegeben. Aber nun wird wieder durchgeladen: Hubertus Heil von der SPD hat den FDP-Euro-Rebellen Frank Schäffler vor dem versammelten Bundestag des „Nationalismus“ überführt. Er stehe am „rechten Rand“.

Na endlich! Um ungestört tun zu können, was zur Verflüssigung von Geld und Recht der Deutschen noch zu erledigen ist, bedarf es einer zünftigen Kampagne „gegen rechts“. Die Medien blicken dann immer wie auf Knopfdruck in die gewünschte Richtung und vergessen den Rest. Allerdings wird es nicht reichen, aus den zwei Dutzend abtrünnigen Bundestagsabgeordneten Nazis zu machen. Die wirken nicht so richtig bedrohlich. Daneben müssen auch richtige Stiefelnazis her – für die Fotos in der Zeitung.

Allerdings sollte man bei der Fabrikation von Foto-Nazis etwas mehr Sorgfalt walten lassen, als dies offenkundig bisher geschehen ist. Die Politik ist außer sich vor Empörung über die „Pannen“ und die „Schlamperei“, die der Verfassungsschutz beim Nazimachen an den Tag gelegt hat.

Nicht allein, dass die brandheißen Akten, die Aufschluss geben könnten über die staatlich subventionierten Staatsfeinde, viel zu spät vernichtet wurden: kurz nach der Erselbstmordung von Mundlos und Böhnhardt, so dass jeder Gimpel Verdacht schöpft! Nein, die Frage ist doch, warum zu derlei delikaten Operationen überhaupt Akten vorhanden waren. Müssen die denn alles aufschreiben? Die Verfassungsschützer sollten doch aus dem traurigen Schicksal ihrer lieben Kollegen von der Stasi gelernt haben, was aus „Akten“ später alles werden kann!

Immerhin können sich die Schlapphüte auf die Loyalität der Politik verlassen. Vordergründig muss die jetzt natürlich „lückenlose Aufklärung“ und „personelle Konsequenzen“ fordern. Die Wortwahl dabei lässt jedoch erkennen, dass die Politiker wissen, was jetzt „hilfreich“ ist.

Vernichtet wurden die fünf Ordner zur Thüringer NS-Szene nur wenige Stunden, nachdem Verfassungsschutz-Chef Fromm seine Untergebenen aufgefordert hatte, ihre Unterlagen nach Spuren des „Zwickauer Trios“ zu durchforsten. Das haben die dann auch gemacht und die Ordner flugs verschwinden lassen. Wer da von „Panne“ spricht und so absichtliches Handeln ausschließt, dem geht es um etwas anderes als „Aufklärung“. Schließlich wissen auch die Politiker, wie dringend wir die „rechte Gefahr“ benötigen, um im Rahmen einer sich weiter aufheizenden Euro-Kontroverse die Gefährlichkeit nationalistischer Abwege jedermann vor Augen zu führen.


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