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14.07.12 / Freiheit allein genügt nicht / Südafrikas Regierung plant »soziale Revolution« gegen gesellschaftliche Missstände

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-12 vom 14. Juli 2012

Freiheit allein genügt nicht
Südafrikas Regierung plant »soziale Revolution« gegen gesellschaftliche Missstände

Zwanzig Jahre nach der politischen Wende kann sich Südafrika einer stabilen Demokratie sowie der bedeutendsten und am weitesten entwickelten Wirtschaft auf dem schwarzen Kontinent rühmen. Gesellschaftlich liegt in der Kaprepublik jedoch noch immer einiges im Argen. Mit einem neuen Fahrplan will die Regierung jetzt eine „soziale Revolution“ herbeiführen.

Obwohl das rasante Wirtschaftswachstum eine wohlhabende schwarze Mittelschicht hervorgebracht hat, leben 57 Prozent der Südafrikaner weiterhin in Armut. Laut Präsident Jacob Zuma und dem regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) sollen alle Entwicklungshindernisse bald der Vergangenheit angehören – der „zweite Wandel“ beginne in Kürze. Auf der jährlichen Konferenz, bei welcher der ANC seine Strategie bestimmt, stellte Zuma vergangene Woche einen neuen Fahrplan vor, mit dem er Südafrika vor eine sozioökonomische Revolution stellt. In den knapp zwei Dekaden nach dem Ende der Apartheid habe man sich um die politische Emanzipation gekümmert; nun müsse man den Menschen helfen und die Wirtschaft weiter ankurbeln. „Der einzige Weg für Südafrika, voranzuschreiten, ist, Zugang zur Wirtschaft zu haben“, sagte Jeff Radebe, einer der Autoren des Fahrplans.

Zeitweise entbrannte unter den 3500 Delegierten der Konferenz ein Streit, wie der Fahrplan zu benennen sei. Nachdem Zumas „zweiter Wandel“ abgelehnt wurde, einigte man sich auf die „zweite Phase im Wandel“, bezogen auf die Ära nach der Apartheid. Von einer Rechtsgruppe kam die Antwort: „Nennt es doch, wie ihr wollt“, der Inhalt müsse stimmen. Doch der kommt nicht ohne Kritik davon. Obwohl Radebe von „kompletter Einigkeit“ unter den Delegierten sprach, drückten einige davon ihre Zweifel aus. Laut Vizepräsident Kgalema Motlanthe sei das Dokument zu unklar formuliert. Es enthalte ein klares Ziel sowie den Zeitrahmen von 20 Jahren, über den Weg dorthin herrsche jedoch Rätselraten.

Trotz allem ließ es sich Präsident Zuma nicht nehmen, sich seine „zweite Phase“ als persönlichen Sieg anrechnen zu lassen. Südafrika beschreite damit einen neuen Pfad, loben Zumas Unterstützer. Seine Gegner sprechen hingegen von einer billigen Wahlkampagne und nennen es einen „Schlachtruf“ für die große ANC-Konferenz im Dezember. Dann wird die Partei ihren Kandidaten für die Wahlen 2014 bestimmen. Entweder wird es Präsident Zuma oder ein Vertreter des radikalen linken Flügels.

Politikexperten sprechen schon lange vom neuen und alten ANC. Den neuen besetzen kommunistische Hardliner, die Zuma durch seinen Vize ersetzen wollen. Der linke Populist und Führer der ANC-Jugendliga, Julius Malema, wurde wegen seiner Hassreden kürzlich aus der Partei verbannt. Die ANC-Kommunisten sprechen sich jedoch weiterhin für die Verstaatlichung von Banken, Minen und Großkonzernen aus und genießen die Unterstützung von Gewerkschaften. Die Regierung dagegen stellt klar, eine Zwangsbeschlagnahmung wie im benachbarten Simbabwe gehöre nicht zum Kurs des ANC. Die Gewerkschaft der Metallarbeiter bemängelt, in Südafrika herrsche bereits Armut „wie in Simbabwe“, ruft aber gleichzeitig nach einer Verstaatlichung. In Simbabwe haben Robert Mugabes Landreformen die Wirtschaft zum Erliegen gebracht. Die Chefin der ABSA, der größten Bank in Südafrika, und ehemalige ANC-Funktionärin Maria Ramos fürchtet sich jedenfalls nicht. Sie fühle sich durch die radikale Linke „nicht aufgewühlt“. Wohin Südafrika künftig steuert, wird sich im Dezember entscheiden. Markus Schönherr


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