16.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
14.07.12 / Bibel contra Zeitgeist / Jesus als Vegetarier oder Frauenrechtler? Die EKD in der Kritik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-12 vom 14. Juli 2012

Bibel contra Zeitgeist
Jesus als Vegetarier oder Frauenrechtler? Die EKD in der Kritik

Der Autor hat Mut. Mit diesem Büchlein verspielt er gerade seine kirchliche Karriere, denn er stellt sich gegen alles, was heute in den evangelischen Landeskirchen als hoch und heilig gilt: die Frauenordination, die Segnung von homosexuellen Paaren, das Verbot der Judenmission und die verfälschende Bibelübersetzung in „gerechter Sprache“.

Solche Leute werden heute nicht mehr zu Pastoren ordiniert, sondern an den kirchlichen Pranger gestellt. Dabei ist Sebastian Moll kein Dummkopf, sondern ein promovierter Theologe, der die Aussagen der Bibel – frei von zeitgeistiger Ideologie – zu Gehör und zur Geltung bringen will. Er richtet sich gegen alle Versuche, die Bibel sozusagen von allem Überflüssigen, scheinbar Antiquierten zu reinigen. Dies versuchte beispielsweise im 2. Jahrhundert auch der Häretiker Marcion, der das Neue Testament von den Einflüssen des Judentums zu reinigen versuchte. Über dieses Thema hat Moll seine Doktorarbeit verfasst.

Doch auch heute haben solche Versuche in der evangelischen Kirche Hochkonjunktur, wie der Autor verrät – erstaunlich genug für die evangelische Christenheit, wo seit Luthers Zeiten die alleinige Autorität der Heiligen Schrift gelten soll („allein die Bibel“). Doch diese seligen Zeiten sind anscheinend vorbei, folgt man den hier zitierten Verlautbarungen der theologischen Kammer der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) oder einigen Theologen, die Jesus zum Vegetarier oder Feministen machen wollen.

Regelrecht witzig wird es in Molls Verteidigungsschrift der Bibel, wenn er über die Frage nachdenkt, ob Martin Luther heute zum evangelischen Pastor ordiniert werden würde. Dazu zitiert er aus dessen Schrift von 1532 („Von den Schleichern und Winkelpredigern“), wo der Reformator mit klarsten biblischen Argumenten die Ordination von Frauen in das Predigtamt ablehnt. Moll regt daher an, ob Luther nicht konsequenterweise „posthum aus der evangelischen Kirche ausgeschlossen werden müsse“.

Moll geht es in seinem Büchlein, das sich in ein bis zwei Stunden lesen lässt, nicht um Krawall. Ähnlich wie die Apologeten in der Zeit der frühen Kirche versucht er die ursprüngliche biblische Botschaft gegenüber einem scheinbar übermächtigen Zeitgeist zu „verteidigen“. Dies war in der Kirchengeschichte zuweilen schädlich für kirchliche Karrieren, aber auf lange Sicht für den christlichen Glauben wertvoll. Im 20. Jahrhundert waren es Theologen wie Dietrich Bonhoeffer oder Joseph Kentenich, die gegen das zeitgeistige Christentum der Nationalsozialisten aufbegehrten und dafür im Konzentrationslager landeten.

Wir leben in einer Zeit, wo selbst die blödsinnigste These über den christlichen Glauben noch Abnehmer findet. Jesus ein Vegetarier, Feminist, Antidiskrimierungsbeauftragter oder gar ein Partyhai? Da hilft Moll. Er stellt viele Fragen und aktiviert dabei das Gehirn und den biblischen Glauben des Lesers.          H. E. Bues

Sebastian Moll: „Jesus war kein Vegetarier“, Berlin University Press, Berlin 2011, geb., 110 Seiten, 19,90 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren