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21.07.12 / Bittsteller in Erpresserlaune / Klein aber durchaus einflussreich: Zypern und Slowenien wissen, wie sie ihre Interessen durchsetzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

Bittsteller in Erpresserlaune
Klein aber durchaus einflussreich: Zypern und Slowenien wissen, wie sie ihre Interessen durchsetzen

Obwohl die EU-Neumitglieder Zypern und Slowenien in akuten wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind, wird die EU durch die beiden Ländern erpresst. Statt aus der misslungen EU-Erweiterungspolitik Konsequenzen zu ziehen, bereitet Brüssel nun den Beitritt eines Landes vor, dem sogar der Ruf eines „Mafia-Staats“ vorauseilt.

In der Geschichte der Euro-Rettungspolitik dürfte es wohl eine Premiere sein. Der Antrag den Euro-Rettungsschirm anzuzapfen wird mit Beschimpfungen der Geldgeber begleitet. Zyperns Präsident Dimitris Christofias bezeichnete EU, EZB und Internationalen Währungsfonds (IWF) im Hinblick auf Griechenland als „Kolonialmacht“. Was er nicht erwähnt hat: Die angebliche Kolonialmacht bringt erstaunlich viel Geld mit. Im Fall von Zypern wird mit einem Hilfspaket von bis zu zehn Milliarden Euro gerechnet.

Gemessen an dem, was Irland oder Griechenland inzwischen erhalten haben, mag die Summe zunächst einmal unbedeutend erscheinen. Die Bedeutung des erwarteten Hilfspakets wird erst bei einem Blick auf die zypriotische Wirtschaftskraft deutlich. Die etwa 840000 Einwohner des südlichen Teils Zyperns erwirtschaften nicht einmal 18 Milliarden Euro jährlich. Würde Deutschland ein Hilfspaket in ähnlicher Relation zur Wirtschaftsleistung wie Zypern erhalten, dann müsste die übrige Euro-Zone 1,4 Billionen Euro nach Berlin überweisen.

Zum Verhängnis geworden ist Zypern sein starkes Engagement in Griechenland. Die Kredite zypriotischer Banken an den griechischen Privatsektor werden allein auf 23 Milliarden Euro veranschlagt, zusätzlich sind massive Verluste bei griechischen Staatsanleihen angefallen. Wer angesichts der angehäuften Probleme zurückhaltende Töne aus Nikosia erwartet hatte, sieht sich inzwischen eines Besseren belehrt. Parallel zum Hilfsantrag an die EU sind Kreditanfragen an Russland und China gestellt worden. „Russland bietet uns bessere Konditionen und macht keine Auflagen“, so Präsident Christofias. Damit ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass Zypern irgendwelchen Reformauflagen von Seiten Brüssels entgegennehmen wird. Was stattdessen gefordert wird, hat bereits der zypriotische Finanzminister klargemacht: europäische Solidarität. Da Zypern vom Schuldenschnitt bei griechischen Anleihen betroffen war, „hätte die Last solidarisch in Europa geteilt werden müssen“, so der Finanzminister des Landes.

Wie die europäische Solidarität von Seiten Zyperns aussieht, wird regelmäßig in steuerlichen Strafverfahren vor deutschen Gerichten deutlich. Das Land gilt als Steueroase auf dem Boden der EU. Obwohl die Insel seit 2004 EU-Mitglied ist, arbeitet Zypern kaum mit den Steuerverwaltungen im Ausland zusammen. Von Brüssel geduldet, betreibt Zypern stattdessen seit Jahren eine Niedrigsteuerpolitik zulasten anderer. Zyperns Hilfsantrag ist allerdings auch noch in anderer Hinsicht eine Blamage für die EU. Erst seit 2008 ist das Land Teil der Euro-Zone, erneut scheint es den Verantwortlichen bei der EU und der EZB entgangen zu sein, dass sich ein Euro-Land in eine Schieflage manövriert hat.

Ähnlich „vorgeführt“ wird die EU derzeit von einem Land, dass bereits als nächster Kandidat für den Euro-Rettungsschirm gilt: Slowenien. Selbst erst im Jahr 2004 in die EU aufgenommen, blockiert Slowenien momentan Kroatiens Weg in die EU. Wieder einmal muss man korrekterweise sagen: Die Regierung in Laibach [Ljubiliana] hatte die kroatischen Beitrittsgespräche bereits einmal wegen Grenzstreitigkeiten für ein ganzes Jahr blockiert. Aktuell sind es zu zahlende Bankschulden aus der Jugoslawienzeit, weshalb in Laibach die Ratifizierung des kroatischen EU-Beitrittsvertrags auf Eis gelegt wurde. Slowenien ignoriert damit einen Schlichterspruch der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, der eine Zahlungsaufforderung an Slowenien enthält.

Die EU-Blockade als Hebel dürfte sich nicht nur in Bezug auf die Schulden gegenüber Kroatien als nützlich erweisen. Ähnlich wie auf Zypern stehen auch Sloweniens Banken vor massiven Problemen. Aufgrund der schrumpfenden Wirtschaft fehlt dem Staat allerdings das Geld, die Institute aus eigener Kraft zu retten. Trotz offizieller Dementis wird der Ruf nach dem Euro-Rettungsschirm nur eine Frage der Zeit sein. Auch hier sind kaum ernsthafte Reformen zu erwarten. Solange man den von Brüssel gewünschten EU-Beitritt Kroatiens per Veto blockieren kann, sitzt man in Laibach am längeren Hebel.

Weitere, selbst gemachte Probleme sind für die EU auf dem Balkan bereits in Aussicht. Bereits im Juni 2012 wurde grünes Licht für die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen mit Montenegro gegeben. Ehe die Probleme, die sich die EU mit der überstürzten Aufnahme von Bulgarien und Rumänien eingehandelt hat, gelöst sind, steht damit die Aufnahme eines weiteren Problemlandes auf der Tagesordnung. Organisierte Kriminalität, Korruption und Amtsmissbrauch sind in Montenegro allerdings derartig strukturell verankert, dass die Zeitschrift „Foreign Affairs“ das Land sogar als „Mafia-Staat“ bezeichnet hat. Norman Hanert


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