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21.07.12 / Wie eine »Qualifikation« zum Makel wird / Herausforderer von US-Präsident Barack Obama hat mit seinen Millionen nicht immer den USA gedient

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

Wie eine »Qualifikation« zum Makel wird
Herausforderer von US-Präsident Barack Obama hat mit seinen Millionen nicht immer den USA gedient

Für Mitt Romney war der eigene Erfolg als Geschäftsmann bisher eines der wichtigsten Argumente im Wahlkampf, warum er besser als Präsident der USA geeignet sei als Barack Obama. Enthüllungen zur geschäftlichen Vergangenheit Romneys lassen seine Wirtschaftskompetenz inzwischen aber eher als Belastung erscheinen.

Sollte am 6. November der Machtwechsel gelingen, dann wird mit der Person Romneys wohl einer der wohlhabendsten Präsidenten der US-Geschichte in das Weiße Haus einziehen. Auf 250 Millionen Dollar wird das Vermögen Mitt Romneys geschätzt. Mit der Frage, wie sein Vermögen zustande gekommen ist, hat sich unlängst das US-Magazin „Vanity Fair“ eingehend beschäftigt. Beim Reichtum des Mitt Romney scheinen demnach Steueroasen in der Karibik genauso wie Konten in der Schweiz eine Rolle gespielt zu haben. Ganze 55 Seiten der Steuererklärung Romneys für das Jahr 2010 befassten sich mit Einkünften aus dem Ausland. Darunter berüchtigte Steueroasen wie die Caiman-Inseln oder die Bahamas. Allein auf den Caiman-Inseln hält Romney demnach zwölf Fonds der von ihm vor Jahrzehnten gegründeten Firma Bain-Capital. Der geschätzte Wert: 30 Millionen Dollar. Zutage trat ebenso ein Konto auf einer Schweizer Bank, wegen dem sich Romney bereits den Vorwurf gefallen lassen musste, insgeheim nicht besonders vom US-Dollar überzeugt zu sein, sondern auf dessen Verfall zu spekulieren.

Wenig überzeugend ist die Verteidigungsstrategie von Romney. Nach seinen Angaben sollen die Auslandsanlagen nicht dazu gedient haben, Steuerzahlungen in den USA zu vermeiden. Tatsächlich hat diese Erklärung Romneys gleich den Grundstein für einen weiteren Verdacht gelegt. Mit Hilfe seiner zahlreicher Geldanlagen in Steueroasen könnte Romney versuchen, den wahren Umfang seines Vermögens zu verschleiern, er wäre demnach noch reicher, als er bisher offiziell zugibt.

Der entstandene Schaden durch das Bekanntwerden von Romneys Aktivitäten in Steueroasen ist an sich schon verheerend genug, mit seinem Versuch einer Schadensbegrenzung hat Romney allerdings gleich noch ein zusätzliches „Eigentor“ geschossen. „Ich weiß im einzelnen gar nicht, wo überall mein Geld liegt“, gab er in einem Interview den Ahnungslosen. Naheliegend ist die Frage, ob jemand, der den Überblick über die eigenen Finanzen verloren hat, wirklich geeignet ist, zukünftiger Präsident der größten Volkswirtschaft der Erde zu werden.

Ohnehin scheint man sich im republikanischen Lager nicht allein auf die Wirtschaftskompetenz Romneys als Wahlkampfargument verlassen zu wollen. Und so lebt eine Praxis wieder auf, die bis in die 60er Jahre vor allem in den Südstaaten verbreitet war: „voter supression“. So wird der Versuch genannt, unerwünschte Wähler von der Wahlurne fernzuhalten. Vorreiter beim Vorhaben, traditionelle Wähler der Demokraten vom Wählen abzuhalten, um Mitt Romney gegen den Amtsinhaber Obama einen Startvorteil zu verschaffen, ist Florida. Wahrscheinlich mit gutem Grund: Hier war der Wahlausgang im Jahr 2000 so knapp, dass erst Gerichte bemüht werden mussten, die letztendlich George W. Bush den Wahlsieg vor dem Demokraten Al Gore zuerkannten, nach Sicht von Kritikern sogar zuschanzten. Nebeneffekt der damaligen Ereignisse war, dass der Blick der Welt auf die Mängel des US-Wahlsystems gelenkt wurde, das zum Teil verblüffende Ähnlichkeiten mit dem einiger Dritte-Welt-Länder offenbarte. Dass nur wenige Stimmen über Sieg und Niederlage entscheiden, soll der Vergangenheit angehören, dieser Eindruck drängt sich bei dem Versuch von Floridas Gouverneur Rick Scott auf, der bis zu 182000 Personen aus den Wahllisten streichen lassen will. Seine Begründung: Sie sind keine US-Bürger. Zur Rechtfertigung der Streichung aus den Wahllisten werden inzwischen selbst Daten von Fahrzeugkontrollen herangezogen, die mit Wählerlisten abgeglichen werden. Wer bei den Kontrollen vergessen hatte anzugeben, dass er US-Bürger sei, oder wer zwischenzeitlich eingebürgert wurde, läuft Gefahr, sein Wahlrecht zu verlieren, sollte er nicht innerhalb von 30 Tagen den Gegenbeweis erbringen. Selbst ein inzwischen über 90-jähriger Weltkriegs-Veteran soll so den Nachweis erbringen, US-Bürger zu sein.

Etwas subtiler als in Florida geht man in anderen Bundesstaaten vor: Traditionell wird in den USA an einem Dienstag gewählt. Wahlanalysen haben inzwischen ergeben, dass Wähler, die von der Möglichkeit von „Frühwahlen“ am jeweils vorangehenden Sonntag Gebrauch machen, bevorzugt die Demokraten wählen. Seitdem wird von den Republikanern versucht, das „Frühwählen“ einzuschränken. Die entsprechenden Wahlbüros werden in einigen Bundesstaaten einfach zunehmend seltener. Staaten wie Ohio, Pennsylvania, Colorado, Virginia und Indiana verlangen neuerdings, dass bei den Wahlen eine Identitätskarte mit Lichtbild vorgelegt wird. Bei den Einkommensschwachen, welche die Kosten von 400 Dollar für die ID-Karten scheuen, dürfte es sich ebenfalls mehr um typischen Wähler der Demokraten als um Wahlbetrüger handeln. Umfangreiche Ermittlungen des US-Justizministeriums für den Zeitraum 2002 bis 2007, bei denen 300 Millionen Stimmabgaben überprüft wurden, konnten nur 87 Verstöße gegen das US-Wahlrecht feststellen. In der Mehrzahl der Fälle waren ehemalige Häftlinge zur Wahl gegangen, obwohl ihnen das Wahlrecht entzogen worden war. Norman Hanert


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