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21.07.12 / Willkür toleriert / Rumänien: EU lässt linken Ministerpräsidenten gewähren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

Willkür toleriert
Rumänien: EU lässt linken Ministerpräsidenten gewähren

Mit Verzögerung – und starker parteipolitischer Schlagseite – reagiert „Europa“ auf die Lage in Rumänien, wo es Ministerpräsident Victor Ponta in der kurzen Zeit seit seinem Amtsantritt Anfang Mai gelang, den Beinamen „der kleine Ceaucescu“ zu bekommen: Der 39-jährige Chef der postkommunistischen SP hat mit rund 40 „Eildekreten“ parteitaktische Willkür-akte durchgesetzt, radikale Umbesetzungen in Verwaltung, Justiz, Parlament, Medien und Kultur durchgezogen und sogar die Kommission kaltgestellt, die seine Dissertation als Plagiat entlarvt hatte.

Die EU wachte erst auf, als Pontas fragile Koalition vor zwei Wochen ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Traian Bases-cu durchsetzte. Über dessen Schicksal gibt es am 29. Juli eine Volksabstimmung – für die rasch noch die Regeln zuungunsten Basescus geändert wurden. Unter anderem wurde die Stimmabgabe im Ausland erschwert, denn bei seiner Wiederwahl 2009 hatten die drei Millionen Auslandsrumänen – die meisten davon in Spanien – den Ausschlag gegeben.

Wenn man in Brüssel jetzt von einer „Aushebelung des Rechtsstaats“ spricht und vereinzelt sogar die Aussetzung der Mitgliedsrechte oder die Verschiebung der noch für 2012 geplanten Aufnahme in den Schengenraum androht, ist das aber Pharisäertum. Denn dass Gesetze und Richtersprüche in Rumänien oft sehr dehnbar und widersprüchlich sind, hat man immer gewusst: Eben deshalb wurden ja bei der krampfhaften EU-Erweiterung 2007 extra für Rumänien (und Bulgarien) regelmäßige Sonderkontrollen der Rechtsstaatlichkeit eingesetzt. Was bis heute gilt – und dort von allen Parteien kritisiert wird.

Der 60-jährige Basescu, vormals Kapitän der Handelsmarine, Bukarester Bürgermeister und Verkehrsminister, hatte bei der Präsidentenwahl 2004 gegen den früheren Premier Adrian Nastase gewonnen – der Pontas politischer Mentor und „Doktorvater“ war und im März wegen Erpressung von Parteispenden zu Gefängnis verurteilt wurde. Dass Basescu als Saubermann gegen die Korruption antrat, machte ihn beim Volk beliebt. Doch eben deshalb setzten die alten Seilschaften und Oligarchen bereits 2007 ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn durch. Damals konnte er die Volksabstimmung noch überzeugend gewinnen, aber diesmal sieht es viel schlechter aus, denn die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) geforderten rigorosen Sparmaßnahmen seit 2010 werden ihm und seiner Partei angelastet.

Natürlich ist auch Basescu, der heute als konservativ gilt, kein ganz unbeschriebenes Blatt: Schließlich ist alles, was in Rumänien Macht und Geld hat, aus KP-Kadern hervorgegangen und hat mehrmals Standpunkte, Parteien und Verbündete gewechselt. Basescu war auch für den Verbleib rumänischer Truppen in Afghanistan, und es gilt als sicher, dass er über die geheimen CIA-Foltergefängnisse in Rumänien Bescheid wusste.

Ponta reagierte auf internationale Kritik vorige Woche mit einem Blitzbesuch in Brüssel, wo er der EU-Spitze versprach, alle Maßnahmen zu korrigieren, die nach Meinung der Kommission nicht mit den „Grundwerten“ vereinbar seien. Aber gerade in Brüssel muss man aus der eigenen Praxis wissen, was „Versprechungen“ sind. Und auch Ponta weiß, was er von verbalen Drohungen zu halten hat. R. G. Kerschhofer


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