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21.07.12 / Maler dreier Preußenkönige / Antoine Pesne gehörte zu den Begründern des friderizianischen Rokoko

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

Maler dreier Preußenkönige
Antoine Pesne gehörte zu den Begründern des friderizianischen Rokoko

Antoine Pesne zählt nicht nur neben dem Baumeister Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und dem Ornamentiker Johann August Nahl zu den wichtigsten Künstlern des friderizianischen, sondern neben Antoine Watteau, Nicolas Lancret und François Boucher auch zu den bedeutendsten Malern des französischen Rokoko. Vor 255 Jahren starb der von Fried­rich I. nach Preußen geholte gebürtige Pariser in Berlin.

Mittlerweile sind mehr als 300 Jahre vergangen, da der Maler Antoine Pesne ein glanzvolles Ereignis auf die Leinwand bannte: die Stiftung des Schwarzen Adlerordens in Königsberg. Die Ölskizze zeigt Friedrich I. auf dem Thron sitzend und einem Würdenträger die hohe preußische Auszeichnung, die am Vor­abend der Königskrönung 1701 gestiftet worden war, verleihend. „Die feierliche Zeremonie«, erläutert Helmut Börsch-Supan in seinem Buch „Franzose und Preuße“ die Szene, „bot Anlass zur Prachtentfaltung, wie Friedrich sie liebte, und dem Maler kam die Aufgabe zu, dieses Ereignis zu verewigen. Vor allem die französische Malerei dieser Zeit kennt die mit Porträts versehenen Darstellungen solcher feierlichen Vorgänge, die abgebildet wurden, als handele es sich um Geschehnisse von welthistorischer Bedeutung. Vielleicht unterblieb die Ausführung, weil der König darüber starb. Merkwürdig bleibt, dass fast 200 Jahre später Kaiser Wilhelms II. Hofmaler Anton von Werner nach dieser Skizze ein großes Gemälde für das Berliner Schloss schuf.“

Friedrich I., König in Preußen, war es auch, der den Franzosen Antoine Pesne nach Berlin holte. Geboren am 23. Mai 1683 in Paris als Sohn des Malers Thomas Pesne, wurde er bereits 1703 mit dem Rompreis der Pariser Akademie ausgezeichnet. Diese Entscheidung wurde allerdings im Jahr darauf aufgehoben. Pesne bewarb sich kein zweites Mal, sondern ging nach Italien, wo er sich vornehmlich in Venedig aufhielt. 1707 fertigte er dort ein Porträt des preußischen Gesandten von Knyphausen an, das durch seine Darstellungsweise in Berlin Aufsehen erregte.

1710 siedelte Pesne mit seiner Familie nach Berlin über, wo er nacheinander drei Königen – Friedrich I., Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. – diente. Ein Jahr nach seiner Ankunft in Berlin wurde Pesne zum Hofmaler ernannt und zählte bald zu den wohl besten Bildnismalern seiner Zeit. Weit bis ins 19. Jahrhundert hat er die Berliner Malerei beeinflusst. In Berlin mag sich der Franzose nicht zuletzt deshalb wohlgefühlt haben, da sich dort eine große französische Kolonie befand und seine Bilder nicht als importierte Kunst wahrgenommen wurden. Mit seiner Offenheit und dem Vermögen, trotz vieler Vorschriften Allgemeinmenschliches darzustellen, hatte Pesne in Preußen Erfolg.

Während der Regierungszeit des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelms I., der nicht viel für Kunst übrig hatte, musste auch Pesne zurückstecken. Er wurde zwar als Hofmaler nicht entlassen, fand jedoch weniger Beachtung. Allerdings durfte er sich auch anderweitig Aufträge suchen – die erhielt er von den Damen der feinen Gesellschaft. Eine Fürsprecherin fand er in Königin Sophie Dorothea auf Schloss Monbijou, die seine Werke sehr schätzte. Natürlich fand seine Kunst auch am Rheinsberger Hof des Kronprinzen regen Zuspruch, der sich nach der Thronbesteigung Friedrichs noch vergrößerte. Gemeinsam mit Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff trug Pesne dazu bei, die preußischen Schlösser mit Glanz zu erfüllen. Beide gehören zu den Begründern des friderizianischen Rokoko, das Carl von Lorck einmal als ein „einfallstrotzendes Scherzo der Dekoration über gesundem Maßhalten in den Grundlinien“ charakterisierte.

Antoine Pesne beschäftigte zu seiner Glanzzeit in der Werkstatt bis zu 46 Mitarbeiter und erhielt Aufträge aus dem In- und Ausland. Heute würde man von einer Monopolstellung des Künstlers sprechen, doch darf man nicht vergessen, dass Maler wie Pesne zu dieser Zeit noch keine freien Künstler sein konnten; sie waren abhängig von ihren Auftraggebern und konnten sich nicht dort vervollkommnen, wo ihre Stärken lagen. Friedrich gab auch hier – wie in der Musik – die Richtlinien vor, an die sich Pesne bei seiner Komposition auf der Leinwand zu halten hatte. Als Friedrichs Lieblingsschwester Wilhelmine von Bayreuth 1736 den Bruder um ein neues Bild bat, da das alte ihm nicht mehr ähnelte, beauftragte er Pesne mit der Arbeit und nahm sich sogar Zeit, für den Künstler Modell zu sitzen. Aus dem Briefwechsel der Geschwister lässt sich erahnen, wie amüsiert dieser die Angelegenheit nahm. Erst später machte Friedrich um Künstler einen großen Bogen, ihn interessierte die Kunst nicht mehr.

„Pesne bietet seine ganze Kunst auf, um Deinem Befehl gemäß ein gutes Bild von mir zu malen, ich bitte ihn, nicht so viel Gewicht auf die Gesichtszüge zu legen, sondern die Gefühle auszudrücken, die ich für Dich hege, damit sie Dir stets gegenwärtig sein mögen“, schrieb Friedrich am 10. März 1736. „Herr von Brandt leistete mir dabei Gesellschaft, und damit ich anmutiger dreinschaue als sonst, erzählen mir beide von Dir. ,Vorwärts, Königliche Hoheit‘, sagt Pesne zu mir, ,denken Sie an Ihre Frau Schwester. Ah! so ist der Mund richtig, jetzt sehen Sie zufrieden aus.‘ Ich antwortete ihm: ,Wäre meine Schwester selbst hier, dann wäre es ganz etwas anderes, aber schon ihr Name und die Erinnerung an sie stimmen mich zufrieden‘.“

Das Porträt war allerdings nicht nur für Wilhelmine bestimmt, denn Pesne wurde beauftragt „eine Unmenge von Kopien“ anzufertigen. Pesnes zweites Porträt Friedrichs zeigt ihn kurz nach seiner Thronbesteigung 1740. Es bildete die Grundlage für viele Repliken und Kopien und wird als die gültige Darstellung des jungen Königs gewertet, „der alle Mittel seines Geistes und seines Charmes einsetzt, um Menschen nach seinem Willen zu führen. Um die wahrhaftige Schilderung des Charakters ging es nicht“, so Börsch-Supan.

Pesnes künstlerischer Rang zeigt sich nicht zuletzt darin, wie er Pflicht und Kunst in Übereinstimmung brachte. Ihm gelang es, Porträts von großer Intensität zu schaffen. Die Bildnisse der damals vornehmen Gesellschaft lassen uns Heutige teilhaben an ihrem Leben und Einblicke gewinnen von dem Wesen dieser Menschen.

Trotz seines Engagements in Preußen ließ Pesne den Kontakt zu Frankreich nicht abreißen. 1720 wurde er als Mitglied der Pariser Akademie der Künste aufgenommen, ein Zeichen, dass er auch international geschätzt wurde. Als der Franzose am 5. August 1757 starb und im Berliner Dom neben Georg Wenzeslaus von Knobelsdorf bestattet wurde, hinterließ er eine Vielzahl beeindruckender Bildnisse, die Zeugnis ablegen vom Leben und Wirken am preußischen Hof. „Alles in deinen Bildern lacht und lebt, dein Können übertrifft der Schöpfung Werke“, lobte 1737 der damalige Kronprinz Friedrich. „Aus deiner Hintergründe Schatten steigt Dein Gegenstand, geklärt von deinen Händen. Dies ist der Zauber, den die Kunst uns zeigt; Du weißt durch Skizzen wie Porträts zu blenden ...“ Auch später noch (1754) pries der König „jenes bestechende Kolorit, das mit sanftem Trug der Natur ihre Rechte nimmt, indem es die tote Leinwand lebendig macht“. Silke Osman


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