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21.07.12 / »Als Gott die Haberbergsche Kirche in Asche legte« / Wertvolles Dokument in einem alten Buch entdeckt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

»Als Gott die Haberbergsche Kirche in Asche legte«
Wertvolles Dokument in einem alten Buch entdeckt

Eine neue Überraschung hatte ich versprochen – hier ist sie und bekommt nun den ihr gebührenden Platz als Extra-Geschichte, denn sie ist nicht mit wenigen Worten zu erzählen. Es handelt sich um ein Dokument, das in einem antiquarisch erworbenen Buch gefunden wurde und das als Bericht eines Zeitzeugen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts für die Dokumentation der Kirchengeschichte der Stadt Königsberg eine wertvolle Bereicherung bedeuten dürfte. Wie uns der Finder mitteilt, handelt es sich nach Papier und Schrift zu urteilen um ein Originaldokument, in dem über den Brand der Haberbergschen Kirche im Jahre 1747 berichtet wird, als ein Blitzschlag das Gotteshaus bis auf die Grundmauern zerstörte. Entdeckt hat dieses Papier Herr Jürg Schmied aus Siegen, der uns nach Sichtung und einer ersten Aufbereitung eine Kopie des Dokumentes übersandte. Ich übernehme seine Ausführungen zu dem überraschenden Fund im vollen Wortlaut, denn auch schon die Auffindung des Papiers ist ungewöhnlich.

„Anfang Juni 2012 fand ich in einem Buch des Antiquariats Nassauer in Siegen einen Einlagezettel vom Dezember 1747 über den Brand der Haberbergischen Kirche in Königsberg. Nach Papier und Schrift zu urteilen, handelt es sich um ein Originaldokument, das historisch, stadt- und baugeschichtlich sowie für Klima und Meteorologie von Königsberg im 18. Jahrhundert interessant sein könnte. Der kleine Zettel macht Angaben über einen starken Sturm und Gewitter, über den Wasserstand und einen Blitzschlag in den Kirchturm, der den Brand auslöste, sowie über den Zustand der Kirche nach dem Brand, über Schriften und ,Ornamenta der Kirche‘, die „unversehrt geblieben‘ und Pfeiffen der Orgel, die ,gerettet worden‘.

Das Papier lag in dem Buch ,Der Konflikt der modernen Kultur‘, München und Leipzig 1926, von Georg Simmel mit Stempel ,Sammlung K. W. J. Albrecht, Bad Gandersheim‘. Es misst sechs mal zehn Zentimeter, ist beidseitig beschrieben und hat links eine Reißkante. Im Buch findet sich eine handschriftliche Ausführung des Besitzers Kurt W. J. Albrecht vom 3. August 1946, dass er aus Mangelwirtschaft das Buch eigenhändig gebunden habe. ,Das Schicksal fügt es, dass ich mit dem Buchbindermeister Alfred Engler bekannt wurde, der aus Weißwasser O. L. Schlesien geflohen war. Er erteilte mir Unterricht in der Anfertigung einfacher Bucheinbände.‘ Ob dieser genannte Alfred Engler etwas mit der Herkunft des Dokumentes zu tun hat, ist jedoch nicht auszumachen. Auch sonst fehlt jeder Hinweis, wie der Zettel in das Buch gekommen ist, und wie dieses in das Antiquariat in Siegen kam, ist bisher nicht zu ermitteln.“

Die handschriftlichen Zeilen auf der Vorderseite des Blattes lauten: „1747 Dezember 3.h: ist ein starker Sturm gewesen, als bey Menschendencken noch erlebt worden und das Gewässer über 9 Zoll stärker aufgeschwollen als 1718./8 h Morgens um 4 Uhr hat der erzürnete Gott sein Haus die Haberbergsche Kirche durch ein Donnerwetter in Asche geleget, denn nachdem das Gewitter in den Thurm geschlagen ist sie gantz bis auf die … (weiter auf der Rückseite) … 4 Mauern abgebrandt auch ist diese Gluth bis in die Gewölbe gedrungen und hat viele Truhen versehret; dennoch aber sind alle Schriften so in dem Knauff des Thurms gewesen unversehrt geblieben und viele Ornamenta der Kirche und der gantzen inngleichen viele Pfeiffen der Orgel gerettet worden. Herr straff uns nicht in deinem Zorn und züchtige uns nicht in deinem Grim“.

Soweit der kurze Bericht des unbekannten Schreibers, der wohl unter den Geistlichen zu suchen ist, wie die Anrufung Gottes vermuten lässt. Vielleicht hat es der damalige Pfarrer der Haberberger Kirche geschrieben oder einer seiner Nachfolger, denn der Wiederaufbau erfolgte erstaunlich schnell: Bereits 1753 wurde das neue Gotteshaus geweiht, dessen 77 Meter hoher Turm zu den schönsten Deutschlands zählte. Es könnte sein, dass es sich in seinem „Knauff“ befand, wenn es sich tatsächlich um das Original handelt. Das werden die Historiker überprüfen, mit denen sich Herr Schmied in Verbindung setzen will. Zuerst danken wir ihm für die Mitteilung und die Kopien des Fundstückes, auch für seine weiteren Ausführungen, auf die wir noch zurück­kommen werden. Sie beziehen sich auf die vielen Katastrophen, die Königsberg im 18. Jahrhundert heimsuchten: Pest, Heuschreckenplage, Feuersbrünste, die ganze Stadtteile in Schutt und Asche legten, Brückeneinstürze, Orkane, Überschwemmungen – ein wahres Horrordezennium. Doch darüber mehr, wenn wir Weiteres über das Dokument wissen. R.G.


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