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21.07.12 / Polen als Besatzer / Schwierige Verkehrsverbindungen ab 1920

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-12 vom 21. Juli 2012

Polen als Besatzer
Schwierige Verkehrsverbindungen ab 1920

Das Versailler Diktat besiegelte 1919 den im Jahr zuvor vollzogenen Dolchstoß gegen das Deutsche Reich endgültig. Die demütigenden Bestimmungen sahen die Abtretung jahrhundertealter deutscher Gebiete vor. Auch weite Teile der Provinzen Posen und Westpreußen gingen an die neu geschaffene Republik Polen. Die Heimat Ostpreußen stand somit als Exklave und „Vorposten des Reichs“ auf sich allein gestellt und musste mit nationalchauvinistischen Kräften in Polen einen modus vivendi für die Durchquerung des auf deutscher Seite als „polnischer“ oder „Weichselkorridor“ bezeichneten Landstrichs finden. Die Abtrennung Ostpreußens vom deutschen Staatskörper sowie die Besetzung Posens und Westpreußens bedeuteten neben allem politischen, kulturellen und letztlich gewaltsamen Konfliktpotential aber auch eine unvorstellbare logistische Herausforderung. Dies darzustellen, hat sich der Berliner Peter Bock in seinem verkehrs- und insbesondere eisenbahngeschichtlich angelegten Buch „D1 Berlin-Königsberg“ zur Aufgabe gemacht, dessen Untertitel „Im Transit durch Danzig und durch den ‚polnischen Korridor’“ bereits die inhaltliche Stoßrichtung vorwegnimmt. In einer ausführlichen Einleitung beleuchtet er den historischen Kontext mit Bezug auf die Eisenbahngeschichte nach 1918 und hierbei auch das angespannte Verhältnis zwischen Deutschland und Polen als Erschwernis für „die notwendigen Verhandlungen zur Regelung der Verkehrsfragen, insbesondere des Eisenbahnverkehrs zwischen Deutschland und seiner östlichsten Provinz Ostpreußen sowie der Freien Stadt Danzig“. Er zeigt die Schwierigkeit, verbindliche Vertragsgrundlagen und rechtliche Fakten für „den grenzüberschreitenden Wechsel- und Transitverkehr durch polnisches und Danziger Hoheitsgebiet nach und von Ostpreußen sowie in die abgetretenen Gebiete“ zu schaffen. Verkehrten vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs noch 31 Personen- und Schnellzüge sowie 30 Güterzüge zwischen dem Reich und Ostpreußen, sank die Anzahl Ende 1919 auf 20 Personen- und 20 Güterzüge. Nachdem Polen von seiner Besatzerrolle Gebrauch machte, reduzierte sich die Zahl auf gerade einmal sechs Schnell- und Personenzugpaare sowie 13 Güterzüge. Daneben erfolgte eine drastische Einschränkung des Telegrafen- und Postverkehrs. Nach Inkrafttreten des Versailler Vertrags (10. Januar 1920) verhandelten die deutsche und polnische Regierung über eine Einigung zum Eisenbahndurchgangsverkehr über nunmehr polnisches Staatsgebiet sowie Danziger Territorium nach Ostpreußen – vorerst erfolglos!

Desweiteren schildert der Autor detailliert die Geschehnisse der 1920er und 1930er Jahre, wobei auch die wachsenden polnischen Provokationen (wie Sperrung des Personen- und Güterverkehrs auf Hauptlinien nach Ostpreußen) nicht ausgespart bleiben, die nach Übernahme der Verwaltung der Eisenbahnen in den besetzten Gebieten in weitere Schikanen übergingen. Auf deutscher Seite versuchte man zunächst den Schiffstransport über die Ostsee „als einzige uneingeschränkte Transportmöglichkeit“ zu nutzen („Seedienst Ostpreußen“), erkannte aber alsbald die Unmöglichkeit, so die Lebensfähigkeit Ostpreußens auf Dauer zu gewährleisten. Im Folgenden legt Bock die weiteren vertragstechnischen Abkommen über den Eisenbahndurchgangs- und Wechselverkehr zwischen den beiden Weltkriegen dar und baut diese Darstellungsebene gekonnt in die Eisenbahngeschichte dieser Zeit ein. Das wissenschaftlich fundierte und recherchierte Werk besticht gerade durch die zahlreichen Abbildungen, die Fotoaufnahmen, Streckenkarten, Fahrpläne und Zeitzeugenberichte zeigen und somit ein Stück deutscher Vergangenheit in unsere Zeit holen. Sebastian Pella

Peter Bock: „D1 Berlin-Königsberg. Im Transit durch Danzig und durch den „polnischen Korridor“, EK-Verlag GmbH, Freiburg 2012, 19,80 Euro


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