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28.07.12 / Zuerst die Pflicht / Porträt über Bertha Krupp

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-12 vom 28. Juli 2012

Zuerst die Pflicht
Porträt über Bertha Krupp

Der eigene Anspruch eines Autors – in diesem Fall einer Autorin – ist sicher eine gute Grundlage, um ein Urteil über ein Werk zu fällen. Diana Maria Friz stellt gleich im Vorwort der Biografie über ihre Großmutter mit dem Titel „Bertha Krupp und ihre Kinder“ klar, dass es ein „persönliches Buch … aus der Perspektive der handelnden Personen“ sein soll, in welchem sie bewusst auf abschließende Wertungen verzichtet habe. Letzteres kann so ganz nicht aufrecht erhalten werden, da doch sehr deutlich wird, dass die Autorin von der Krupp-Familie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein recht positives Bild vermitteln will.

Hingegen wird das Versprechen eines „persönlichen Buches“ eingelöst. In langen Briefzitaten kommen „die handelnden Personen“ zu Wort. Hauptlinie ist das Leben von Bertha Krupp (1876–1957), welche Alleinerbin des väterlichen Unternehmens ist. Aber fast im selben Maße widmet sich die Autorin Berthas Mann, Gustav von Bohlen und Halbach („Taffy“) sowie dem Schicksal der gemeinsamen Kinder. Zwar ist es zu begrüßen, dass viele Schriftstücke erstmals veröffentlicht werden, die Anschaulichkeit leidet aber darunter, dass manchmal Erläuterungen über Dinge fehlen.

Ausführlich zitiert Diana Maria Friz Passagen mit Detailschilderungen, beispielsweise bei der Darstellung der 100-Jahr-Feier der Firma im Jahre 1912. Was die Ausleuchtung der historischen Ereignisse angeht, die weit mehr als lediglich Hintergründe für eine Biografie über Bertha Krupp sind, so wäre etwas mehr Trittsicherheit zu wünschen gewesen. Der passive Widerstand war nicht der Grund, sondern die Folge der Ruhrbesetzung von 1923 und die große Inflation war 1924 nicht mehr im Gange. Und folgt man der Autorin, so müssen die Besuche Kaiser Wilhelms II. – der der Firma Krupp bekanntlich auch in schwierigen Phasen den Rücken stärkte – stets eine Belastung für die Familie gewesen sein.

Wesentlich gelungener ist die Darstellung der Lage, in der sich Gustav Krupp von Bohlen und Halbach in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft befand. Einerseits ließ er sich widerwillig mitziehen, andererseits war er nur bedingt in seinen Entscheidungen frei. Eingefügt sind einige Seiten eines von Golo Mann verfassten Typoskripts über „Krupp und das Dritte Reich“ – eine ausgewogene, lesenswerte Betrachtung.

Das Schicksal der Firma und das Private waren eng verwoben, die Firma stand an erster Stelle. Bertha hat diesen Grundsatz gelebt. Reichtum war eher Verpflichtung als Privileg. Im Unterschied zu den meisten anderen Familienmitgliedern genoss Bertha dennoch ein besonderes Privileg: Sie führte eine glückliche Ehe.

Legt man das Buch aus der Hand, so sieht man die Konturen eines Lebens mit Höhen und Tiefen und hat dennoch den Eindruck, vor einem etwas blutleeren Bild zu stehen. Das allerdings ist nicht der Autorin anzulasten, hier hat sie wohl die äußerlich immer so beherrschte und pflichtbewusste Bertha Krupp ganz gut getroffen. Erik Lommatzsch

Diana Maria Friz: „Bertha Krupp und ihre Kinder. Das Leben meiner Großmutter“, dtv, München 2011, broschiert, 342 Seiten, 19,90 Euro


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