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28.07.12 / »Sowjetunion light« / Autoren üben Kritik an der Europäischen Union in ihrer jetzigen Form

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-12 vom 28. Juli 2012

»Sowjetunion light«
Autoren üben Kritik an der Europäischen Union in ihrer jetzigen Form

„Die politischen Führer finden nicht nur nicht den richtigen Ton, sondern sie sagen Dinge, die meilenweit entfernt sind vom Bewusstsein der Bürger. Es reicht eben nicht mehr, mit schönen Worten die Vorzüge der europäischen Einheit zu beschwören und dann einen Text vorzulegen, den nicht einmal die Befürworter mit klaren verständlichen Worten beschreiben können.“ Diese Sätze könnten ein aktueller Kommentar zur Euro-Krise sein. Sie stammen aber schon aus dem Jahr 2005 und gehen auf den verstorbenen Soziologen Ralf Dahrendorf zurück.

Volker Kempf, Mit-Herausgeber des Buches „Die Europäische Union. Perspektiven mit Zukunft?“, erinnert in seinem Vorwort daran, dass die Mahnung eines anderen bedeutenden Soziologen, nämlich des früheren Buchenwald-Häftlings Eugen Kogon, mittlerweile in Vergessenheit geraten sei. Kogon hatte gesagt, europäische Politik müsse über den Volkswillen rückversichert werden. Dies findet aber derzeit de facto nicht statt, so dass man den Eindruck gewinnt, die EU schlage gedankenlos einen Weg ein in Richtung einer „Sowjetunion light“. Das hier anzuzeigende Buch geht dieser und verschiedenen anderen Fragen nach.

Der Philosoph und PAZ-Autor Harald Seubert untersucht, inwieweit der Geist Europas in den Zeiten der Krise Orientierung geben könnte. Seiner Meinung nach erleben wir den Verlust christlicher Lebensformen: „Es wird verheerende Folgen haben, wenn sich eine große Kultur, wie jene Europas, die bis ins Innerste christlich-abendländisch geprägt und bestimmt ist, von dieser Prägung ihrer Herkunft meint, ablösen und dann auf irgendwelche Werte setzen zu können.“ Seubert wörtlich: „Ohne christlichen Bezug kein Europa.“ Im Fernsehen werde immer die Frage gestellt, ob das Christentum die Moderne überleben werde. Die neue entscheidende Frage aber sei, ob die Moderne ohne das Christentum überleben könne. Seubert gibt sich pessimistisch. Der um sich greifende Nihilismus zeitige den „hedonistischen, blinzelnden letzten Menschen“. Damit verbunden sei ein Verlust der „Vitalkräfte Europas“.

Heiner Kappel, Theologe und langjähriger FDP-Landtagsabgeordneter, verließ vor der Euro-Einführung seine Partei, um sich gegen die drohende Transferunion stark zu machen. Der frühere Vorsitzende des „Bundes freier Bürger“ sieht sich nachträglich in seinem Kampf gegen den Euro bestätigt. Die Preisgabe der

D-Mark, so Kappel, „war der Anfang einer gewollten Transferunion“. Während die Rettungs-Europäer ihre finsteren Pläne mit immer unverständlicheren Worthülsen verbrämen, schreibt der rechtsliberale Kappel klar und verständlich: „Wenn ich meinem Nachbarn Geld geben muss, damit er mir anschließend mein Produkt abkaufen kann, mag dies formal ein Geschäft sein, es bleibt aber ein reichlich dummes und unwirtschaftliches. Und wenn ich ihm Geld leihe, von dem ich weiß, dass ich es nie wieder bekomme, ist das Ergebnis letztlich das gleiche.“

Auch die übrigen Aufsätze des Bandes sind lesenswert. Der Publizist und Politologe Felix Dirsch gibt einen kritischen Einblick über die Zentralisierungstendenzen der EU. Der in Freiburg lehrende Jura-Professor Dietrich Murswiek bewertet das Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus der Sicht eines Verfahrensbeteiligten. Der Politologe Edgar Guhde widmet sich schließlich dem Tierschutz.

In seinem Nachwort fordert PAZ-Autor Klaus Hornung eine neue europäische Grundsatzdebatte. Die bisherigen europäischen Fehlentscheidungen und Fehlwege gelte es, zu korrigieren und „schließlich in neue tragfähige politische Konzepte für Europa einzufügen, die abschließend von Volksabstimmungen als Ausdruck des Willens des demokratischen Souveräns zu legitimieren wären.“       Ansgar Lange

Volker Kempf/Rudolf Stettin: „Die Europäische Union – Perspektiven mit Zukunft?“, Gerhard-Hess-Verlag, Bad Schussenried 2012, broschiert, 132 Seiten, 12 Euro


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