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04.08.12 / Modell für die Zukunft / »Rentner-Rückruf-Aktion« durchaus mehr als ein Werbegag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-12 vom 04. August 2012

Modell für die Zukunft
»Rentner-Rückruf-Aktion« durchaus mehr als ein Werbegag

Böse Zungen unken, der Otto-Konzern habe mit seiner angekündigten „Rückruf-Aktion“ bereits verrenteter ehemaliger Mitarbeiter endlich mal positive Schlagzeilen machen wollen. Da derzeit alle Medien unter der nachrichtenarmen Sommerferienzeit leiden, saugen sie dankbar alles auf, was ihre Zeitungsseiten und Sendezeiten füllt. Da kam ihnen die Nachricht, der Otto-Konzern wolle wegen Fachkräftemangel 50 bis 60 ehemalige Mitarbeiter der Führungsebene für Projekte auf 400-Euro-Basis befristet wieder einstellen, gerade recht.

Wer jedoch die Wirtschaftsnachrichten der letzten Monate gelesen hat, wollte Otto den Fachkräftemangel nicht wirklich abnehmen, denn der klassische Versandhändler Otto leidet derzeit ähnlich wie seine inzwischen abgewickelte oder in Abwicklung befindliche einstige Konkurrenz Quelle und Neckermann. Zwar hat der Versandhändler Otto mit dem Logistikunternehmen Hermes, der Hanseatic Bank und auch dem Dessous-Einzelhändler Lascana einige weitere Einnahmequellen, doch die sinkenden Einnahmen aus dem einstigen Hauptgeschäftszweig machen massive Umstrukturierungen im Unternehmen notwendig. Entlassungen werden hierbei nicht ausgeschlossen. Und jetzt will das Unternehmen, das in den letzten Jahren von neuen, erfolgreichen Internetversandhändlern wie amazon und zalando überrascht wurde, mit Hilfe seiner Rentner das Feld im Internethandel von hinten aufräumen und sein verstaubtes Image hinter sich lassen?

Doch egal, ob man dem Otto-Konzern mit seinen 26000 Mitarbeitern in Deutschland jetzt die „Rentner-Rückruf-Aktion“ abnimmt oder sie als Werbegag für ein soziales Image sieht, auf jeden Fall bietet sie Ansatzpunkte für die Zukunft. Das Bonner Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) weist darauf hin, dass schon jetzt die Erwerbsbevölkerung schrumpft. In einigen Jahren werden es aber pro Jahr einige hunderttausend Arbeitskräfte pro Jahr sein, die der Wirtschaft weniger zur Verfügung stehen, weil starke Geburtenjahrgänge in Rente gehen und schwache Geburtenjahrgänge die Schule verlassen, um die in die Ruhestand Gehenden zu ersetzen. Bis 2050 verliert die Bundesrepublik so ein Drittel ihrer arbeitsfähigen Bürger. „Das ist mit dem Ausmaß des Bevölkerungsrückgangs im Dreißigjährigen Krieg zu vergleichen“, macht der Direktor des IZA, Hilmar Schneider, das Ausmaß der Entwicklung deutlich. Die stets von der Wirtschaft geforderte Zuwanderung und Steigerung der Frauenerwerbsquote seien laut Schneider nicht in der Lage, den Rückgang bei der Erwerbsbevölkerung aufzufangen.

Das wiederum hat auch Folgen für die Wirtschaftskraft des Landes und somit auch auf die Höhe der Rente der immer älter werdenden Ruheständler. Und somit ist das Modell, Rentner in Teilzeit zu beschäftigen, zumindest für die Zukunft eines von vielen verschiedenen, ineinander greifenden „Werkzeugen“, um dem Fachkräftemangel und Mangel an Erwerbspersonen im Allgemeinen zu begegnen. Einige Experten halten bereits die Rente mit 67 für zu kurz gegriffen, zugleich ist unbestritten, dass mit dem Alter die Produktivität je nach Tätigkeit und Gesundheitszustand nachlässt. Eine Mischung aus Teilzeitbeschäftigung kombiniert mit der Auszahlung der bereits erarbeiteten Ansprüche aus den Rentenkassen könnte hier Abhilfe schaffen. Rebecca Bellano


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