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04.08.12 / Sklavenhalter als Vorfahr / Die unbequemen weißen Wurzeln der Michelle Obama

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-12 vom 04. August 2012

Sklavenhalter als Vorfahr
Die unbequemen weißen Wurzeln der Michelle Obama

Noch immer berührt die von Rachel Swarns, eine Reporterin der „New York Times“, gemachte Entdeckung ein lang gehegtes Tabu der US-Gesellschaft. Bereits 2009 konnte die Autorin, die sich intensiv mit der Familiengeschichte von US-Präsidentengattin Michelle Obama beschäftigt hatte, sogar per DNA-Test nachweisen, dass es sich bei Dolphus Shields, dem Ururgroßvater von Barack Obamas Frau, um einen Mischling gehandelt hat: Er hatte eine schwarze Mutter und einen weißen Vater. In den 1850er Jahren geboren war er aus einer Verbindung einer Sklavin und eines Sklavenhalters hervorgegangen.

Die Recherchen von Rachel Swarns, die nun ein Buch zur Familiengeschichte Michelle Obamas veröffentlicht hat, berühren gleich mehrere Punkte, die in der US-Gesellschaft bis heute gern unter der Decke gehalten werden. Im Gegensatz zum weit verbreiteten Klischee war der Besitz von Sklaven keineswegs eine Angelegenheit, die nur auf die Oberschicht beschränkt gewesen ist. Bei den Shields, die als weiße Vorfahren Michelle Obamas identifiziert werden konnten, handelte es sich um relativ bodenständige Bauern, die auf den Feldern des nördlichen Georgia selbst mit Hand anlegen mussten und die nur wenige Sklaven besaßen. Im Klartext: Die weit verbreitette Sichtweise, die Sklavenhaltung wäre eine Angelegenheit begüterter Besitzer von Großplantagen gewesen, lässt sich kaum aufrechterhalten.

Noch viel stärker am Selbstverständnis vieler weißer Amerikaner kratzt allerdings der Charakter vieler gemischtrassiger Beziehungen, die unter den Bedingungen der Sklaverei zustande gekommen waren. Liebesbeziehungen dürften weit weniger verbreitet gewesen sein, als dem Empfinden der heutigen Nachkommen der Sklavenhalter lieb sein dürfte. So schockierend es auch sein mag, wesentlich realistischer dürfte es sein, sich die eigenen Vorfahren als Vergewaltiger vorzustellen. Daten von Volkszählungen, in denen zum Ende des 19. Jahrhunderts in großer Zahl „gemischtrassige Amerikaner“ ausgewiesen wurden, lassen auch in diesem Fall den Verweis auf bedauerliche Einzelfälle als Schutzbehauptung erscheinen. Jüngere wissenschaftliche Untersuchungen lassen sogar den Schluss zu, dass bis zu 35 Prozent der männlichen Schwarzen in den USA in ihrem Erbgut die Spuren von gemischt-rassigen Verbindungen tragen, die vermutlich in den Zeiten der Sklaverei zustandegekommen waren.

Viele der älteren Amerikaner dürften zudem die Praxis der Rassentrennung, die noch bis in die 1960er Jahre verbreitet war, in Erinnerung haben. Der Gedanke, dass wohlmöglich eigene Blutsverwandte noch vor 50 Jahren einer legalisierten Diskriminierung in der Öffentlichkeit unterworfen waren, dürfte auch in dieser Hinsicht für viele weiße US-Bürger kaum behaglich sein. Die Tatsache, dass in den USA Schwarze und Weiße öfter miteinander verwandt sind, als dies bisher wahrgenommen wurde, rührt allerdings auch in den Reihen der schwarzen „Community“ an so mancher Gewissheit. Das über lange Zeit von einigen Bürgerrechtsaktivisten aufrechterhaltene Überlegenheitsgefühl aufgrund der eigenen reinen schwarzen Abstammung ist häufig ebenso Chimäre, wie das Klischee von den moralisch einwandfreien Vorfahren, das bei vielen weißen US-Bürgern nach wie vor verbreitet ist. N. Hanert


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