24.04.2024

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04.08.12 / Die ostpreussische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-12 vom 04. August 2012

Die ostpreussische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

immer wieder kommen Anfragen, die sich auf Namen beziehen, die irgendwann einmal im Ostpreußenblatt standen. Es kann zehn, 30 oder 50 Jahre her sein, und die Suchenden haben erst jetzt – entweder im Internet oder in einem Nachlass – von dieser Veröffentlichung erfahren. Das ist erfreulich für die Finder, aber weniger für uns, denn bei lange zurückliegenden Beiträgen ist es kaum möglich, dem Anfragenden etwas Konkretes mitteilen zu können. Vor allem, wenn es um Suchfragen geht, die das weitere Schicksal des damals Genannten betreffen oder in denen nach dem heutigen Wohnsitz gefragt wird, müssen wir passen. Da muss unsere Ostpreußische Familie ran, denn aus unserem Leserkreis ist ja auch einmal der Beitrag gekommen.

Das sieht Herr Edgar Lössmann aus Heikendorf auch so, wenn er schreibt: „Als langjähriger Leser der PAZ/Das Ostpreußenblatt weiß ich, dass Sie so manches in der Familienforschung zutage förderten und Sie so manch Verschollenen wieder zu den Seinen verhalfen“. Auch er sucht eine Verwandte, auf deren Namen er erst jetzt durch Zufall gestoßen ist. Er hat schon auf eigene Faust geforscht, aber selbst die Suche im Internet war erfolglos. Also bleibt nur noch unsere Ostpreußische Familie. Es handelt sich bei der Gesuchten um Ruth-E. Neumann-Lößmann aus Königsberg. Eine gute Bekannte von Herrn Lössmann hatte in ihrem Archiv einen Beitrag von ihr entdeckt, der im Ostpreußenblatt Folge 30/1980 erschienen war. Sie machte Herrn Lössmann auf diese Veröffentlichung aufmerksam, der nun glaubt, dass es sich bei der Betreffenden um eine nahe Verwandte seines Vaters Peter Lössmann (Loeßmann) handelt. Dieser hatte zu seiner Verwandtschaft keinen Kontakt, auch nicht zu seinen Halbgeschwistern. Vielleicht spielte da auch die Vertreibung eine Rolle, denn der am

2.12.1933 in Königsberg Geborene floh mit seiner Mutter Margarete Lindstedt im Januar 1945 aus der Heimatstadt und kam mit einem Schiff der Kriegsmarine noch heil heraus. Herr Lössmann weiß also nichts über Frau Ruth-E. Neumann-Lößmann, vermutet aber, dass sie auf einem Foto zu sehen ist, das sich im Familienbesitz befindet. Da die Gesuchte in den 80er Jahren mit dem Ostpreußenblatt verbunden war, dürfte sie vielleicht noch heute unsere Zeitung lesen. Oder jemand aus dem Zweig der Verwandtschaft, mit der Herr Lössmann nie in Verbindung stand, könnte Hinweise geben. Dazu gehören vor allem die eventuellen Nachkommen der Gesuchten. Hoffen wir also für unseren Leser, dass seine Suche erfolgreich wird. (Edgar Lössmann, Teichtor 7 in 24226 Heikendorf, Telefon: 0431/789514)

Auf einem alten Zeitungsausschnitt beruht auch die folgende Frage, die uns über Umwege erreichte. Über das Ostheim in Bad Prymont erhielten wir eine Suchanfrage, die sich auf eine dort veranstaltete Werkwoche bezieht, die allerdings schon sehr lange zurückliegt. Sie kommt von Frau Margot Wille aus Brandenburg an der Havel. Ihr Vater Erich Riess stammt aus Uderwangen, Kreis Preußisch Eylau. Er hatte zwei Schwestern, die in Kevelaer wohnten. Von diesen erhielt die Familie Wille in den 80er Jahren einen Zeitungsausschnitt, in dem von einer Werkwoche „Handarbeiten“ im Ostheim berichtet wird, an der auch eine Besucherin aus den USA teilnahm. Die junge Frau hieß Marina Riess und studierte damals Kunst in einer Stadt in der Nähe von New York. „Diese Marina ist eine Tochter eines Cousins meines Vaters“, schreibt Frau Wille, die nun gerne Kontakt zu dieser Verwandten aufnehmen möchte, falls dies überhaupt noch möglich ist. Sie hat schon versucht, in den USA nach Marina zu forschen, aber vergeblich. Marina hat auch noch eine Schwester Uta (Schenk), aber wo diese lebt, ist nicht angegeben. Wir haben als einzigen Hinweis herausbekommen, dass ab 1983 ein Wolfram Riess in New Jersey lebte, der bis 2009 Bezieher der PAZ war. Es könnte sich um Frau Willes Onkel, den Vater von Marina Riess, handeln. Wir wollen nun heute einen ersten Versuch starten, um die Riess-Schwestern Marina und Ute zu finden und bitten unsere Leserinnen und Leser vor allem aus den USA, uns oder Frau Wille zu benachrichtigen, falls sie etwas von den Genannten wissen. Leider haben wir nur die E-Mail-Adresse von Margot Wille vorliegen: (J.Beckenbauer@aol.com).

Zwar will ich den „letzten Zug“ noch weiter auf dem Nebengleis stehen lassen, denn die Zuschriften, die uns noch immer zu diesem uns Ostpreußen sehr berührenden Thema erreichen, passen nicht so recht zu dieser Jahreszeit, aber in einem Fall muss ich eine Ausnahme machen. Denn Herr Hans Stanke schildert nicht nur seinen Fluchtweg sondern sucht auch nach Schicksalsgefährten aus seinem „letzten Zug“, und das kann man nicht auf die längere Bank schieben. Wir wissen alle, dass die Zeit mit Meilenstiefeln rennt und dass sich die Reihen der älteren Zeitzeugen lichten. Also versetzen wir uns noch einmal in jenen eiskalten Januar 1945, als die letzten Züge aus Ostpreußen über die Weichsel fuhren. Zu diesen gehörte auch der Zug, in dem sich der damals 11jährige Hans Stanke mit seiner Mutter und anderen Verwandten befanden. Sie hatten zuerst versucht, mit dem Treckwagen zu fliehen, kehrten dann aber zu ihrem Heimatort Ebersbach, Kreis Holland, zurück. Doch auf dem Bahnhof Kurau sollte kein Zug mehr halten. So fuhr der Großvater des kleinen Hans die Frauen – Mutter Ida Stanke, Hedwig Neuber und Anna Stanke mit Sohn Klaus – mit dem Schlitten nach Tiedmannsdorf, Kreis Braunsberg. „Dort hatten die Bewohner noch keinen Bescheid zur Flucht, es wurde sogar noch Mist auf die Felder gefahren!“ erinnert sich Hans Stanke. „Wir haben dann noch Fahrkarten nach Berlin gekauft (!), aber die Züge waren alle überfüllt. Wir hatten aber Glück, in einem Wagon waren Kisten von der Kreisverwaltung, diese wurden gestapelt und dadurch wurden noch Bänke frei. Außer uns waren die Eheleute Petroschewski und Pätzel (Schmiede) im Zug. Abends kamen wir nach Mühlhausen, da standen viele Ebersbacher, ich weiß nicht, ob jemand mitgekommen ist. Der Zug fuhr bis Güldenboden, dort stand er dann bis Dienstagabend, den 23.1.1945. Viele Leute liefen zur nahen Molkerei und haben Käserinden geholt. Dann fuhren wir bis Elbing weiter, da hielt der Zug kurz an. Nur eine Rote-Kreuz-Schwester und ein Bahnbeamter waren auf dem Bahnsteig, die sagten, die ersten russischen Panzer sind schon in Elbing. Bis zur Weichselbrücke war der Himmel hell von den Geschossen. Wir kamen noch gut über die Brücke, aber die Bahnstrecke war schon gesperrt, wir fuhren entlang der Ostseeküste weiter. Irgendwo mussten wir aussteigen, denn der Zug fuhr nach Thüringen“. Hans Stanke und seine Verwandten gelangten dann über Stettin nach Berlin und später nach Großwiehe bei Flensburg, wo er heute noch lebt. Er möchte nun wissen, ob sich andere Zuginsassen an diese Fahrt erinnern und was die anderen Ebersbacher erlebt haben, er würde sich sehr über Zuschriften freuen. Einige Namen sind ja angegeben. (Hans Stanke, Waldweg 2 in 24969 Großenwiehe, Telefon: 0460-41718)

Mit einem Brief aus Berlin konnte ich zuerst nicht recht etwas anfangen, denn er schien nicht unsere Ostpreußische Familie zu betreffen. „Wider das Vergessen – 440 Jahre Raschung“ lautete die Überschrift einer kleinen Abhandlung über den Ort, die mit Gisela Kaulfuß geborene Sobotka unterzeichnet war. Raschung? Hatten wir da mal was gebracht? Ich konnte mich jedenfalls nicht an eine diesbezügliche Leseranfrage erinnern. Es gab auch kein Begleitschreiben, aber zum Glück eine Telefonnummer, und so klärte sich die Sache schnell: Frau Kaulfuß hatte auf eigene Faust recherchiert und die Geschichte des im Kreis Rößel gelegenen Kirchdorfes bis zum heutigen Tag erforscht, auch an Ort und Stelle. Was hat sie dazu bewegt? Raschung ist nicht ihr Geburtsort, sie ist Berlinerin in der dritten Generation. Aber ihr Großvater wurde dort geboren, ihre Urgroßeltern Sobotka stammten von dort. Das Interesse an der Heimat ihrer Vorfahren erwachte erst spät, aber mit Vehemenz. Frau Kaulfuß nahm mit anderen Landsleuten aus dieser Gegend Verbindung auf, und alte Raschunger halfen ihr gern, allen voran Frau Edith Hermann, und so entstand ein Kurzporträt über dieses Kirchdorf am Raschung-See von der Gründung am 2. Juli 1572 bis zum heutigen Tag. Im Jahre 1939 lebten in Raschung 607 Einwohner in 137 Haushaltungen. Heute, 67 Jahre nach der Flucht, gibt es in dem Ort nur noch eine Deutsche. „Wenn man jetzt von Bischofsburg in das Dorf kommt, grüßt die evangelische Kirche wie früher“, berichtet Frau Kaulfuß. „Auf dem Altar sah ich 1999 die Bibel mit der Widmung von Frau von Platen. Das ehemalige Wohnhaus der Familie Stolla wurde zur katholischen Kirche. Das Gutshaus existiert nicht mehr, die Schule wurde 2009 zum Wohnhaus umgebaut.“ Frau Kaulfuß möchte nun auf diesem Wege allen danken, die mitgeholfen haben, „440 Jahre Raschung“ zu dokumentieren, allen voran Frau Edith Hermann. Und ein besonderer Gruß geht nach Raschung, das heute Raszag heißt, an Frau Erika Nowak geborene Stelzner, die letzte dort lebende Deutsche. Und wir schließen uns sehr herzlich diesem Gruß an! (Anschrift von Frau Gisela Kaulfuß: Waldstr. 42a in 13156 Berlin, Telefon: 030/4773101)

Heute mal wieder ein Schulbild, das aber nicht zugeordnet werden kann. Frau Evelin Naglmaier aus Dorsten hat es uns übersandt, sie fand es im Nachlass ihrer Mutter, die im Jahr 2000 verstarb. Da diese in Tilsit geboren wurde, ist es denkbar, dass es sich um eine Schule aus der Memelstadt oder ihrer Umgebung handelt. Die einzige Beschriftung des Fotos besteht aus „Kl. VI“. Es handelt sich um eine große Klasse mit über 50 Schülerinnen und Schülern. Da sie schon etwas älter sind und bereits etwas ausgeprägte Gesichter haben, könnten sich vielleicht ältere Leserinnen oder Leser auf dem Foto erkennen. Der Herr rechts mit Brille und Bart dürfte der Klassenlehrer sein. Die Mutter von Frau Naglmaier wurde am 31.3.1926 geboren, es müsste sich also um Gleichaltrige handeln, die auf dem Foto abgebildet sind. Das hofft auch Frau Naglmaier, denn sie schreibt: „Vielleicht ist dieses Klassenbild für Jemanden eine schöne Erinnerung.“

Sommerzeit ist Reisezeit und damit auch die Zeit des Wiedersehens. Früher vielleicht noch ausgeprägter, wenn man zu Verwandten fuhr und diese den Besuch schon freudig erwarteten.

Eine Beobachtung, die Christel Bethke kürzlich in Bahnhofsnähe machte, ließ sie Vergleiche anstellen zwischen heute und damals. Und dieses „damals“ bezieht sich auf ihre Heimat Ostpreußen. Deshalb bringen wir ihr Essay heute als „Familie Extra“.

Eure Ruth Geede


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