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04.08.12 / Wer ist Hubeck? / Autor verfasste Masuren-Romane unter Pseudonym

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-12 vom 04. August 2012

Wer ist Hubeck?
Autor verfasste Masuren-Romane unter Pseudonym

Die Grenzen jener Landschaft, die mit dem ethnographischen Begriff „Masuren“ bezeichnet wird, waren schon zu der Zeit, als die Menschen dort lebten, die diesem Gebiet ihren Namen gaben, nicht eindeutig festgelegt. Während man damals jedoch mit den Kreisen Neidenburg, Ortelsburg, Sensburg, Johannisburg, Lötzen, Lyck und Treuburg zumindest den Kern dieses Gebietes einigermaßen bestimmte und sich nur nicht einig war, welche Teile der angrenzenden Kreise noch dazuzurechnen waren, ist die geographische Bezeichnung dieser Landschaft heutzutage zur Beliebigkeit verkommen.

Wirklich unangenehm wird es bei einem Blick in bundesdeutsche Publikationen. Da wird häufig der gesamte polnische Teil Ostpreußens zu Masuren erklärt, wobei sich der Leser noch freuen kann, wenn ein Reisebuch-Autor „nach Masuren“ und nicht „in die Masuren“ gefahren ist. Ein Verlagsmitarbeiter verortete im Klappentext des ansonsten lesenswerten Buches sogar den Schauplatz eines Romans über den Natangerfürsten Herkus Monte in Masuren. Nicht nur, dass letzterer Begriff zu Lebzeiten des Herkus Monte, also im 13. Jahrhundert, noch gar nicht existierte; es gibt zwischen dieser Gegend und Natangen nicht die geringste geographische Überschneidung.

Wen wundert es da, wenn bekannte Autoren auch dann gerne einmal als „masurische“ Schriftsteller gefeiert werden, wenn sie aus einer anderen Region Ostpreußens stammen? Beispiele liefern hier drei bekannte ostpreußische Vertreter ihrer Zunft: Siegfried Lenz, geboren 1926 in Lyck, ist zweifellos Masure und hat einen Teil seines literarischen Schaffens dieser Region gewidmet. Bei Hans Hellmut Kirst, geboren 1914 in Osterode, gestorben 1989 in Bremen, ist die Zuordnung schon schwieriger. Auch er hat Romane geschrieben, die man als „masurisch“ bezeichnen kann. Sein Geburtsort Osterode gehört zum Oberland. Aber ist das noch ein Teil Masurens? Und Arno Surminski? Der erblickte das Licht der Welt 1934 in Jäglack bei Drengfurth, zirka 20 Kilometer nordöstlich von Bartenstein. Er ist also kein gebürtiger Masure. Das zeigt sich auch auf seiner Homepage im Internet. Dort steht: „Geboren 1934 in Ostpreußen“. Kein Wort von Masuren. Und in seinem autobiographisch geprägten Roman „Jokehnen“, der in Surminskis Heimat im Kreis Rastenburg spielt, kommt ein „Heinrich aus Masuren“ vor, der im Verlauf der Handlung nach Masuren zurück will.

Neben den oben genannten „Großen Drei“ gibt es eine ganze Reihe von weniger bekannten ostpreußischen Autoren, die das Prädikat „masurisch“ zu Recht tragen. Einer von ihnen ist Jorg Hubeck. Über seine Biographie ist in der Öffentlichkeit nahezu nichts bekannt. Im Jahr 1983 veröffentlichte er unter diesem Namen im Bastei-Lübbe-Verlag seine Drosselberg-Trilogie, bestehend aus den Romanen: „Als der Schwarzstorch schrie, Ein Roman aus Masuren“, „Flammen über dem Drosselberg – Kriegsjahre in Masuren“, „Für eine Handvoll Korn – Flucht aus Masuren“. „Die Erinnerungen an die eigene grausam arme, aber wunderbare Kindheit‘“ sollen den Autor zu diesen Büchern inspiriert haben, so jedenfalls der Verlag, der nach Angaben seiner Pressestelle heute keine Informationen mehr über den Autor besitzt. Der verwendete vermutlich ein Pseudonym, denn die Namen „Jorg“ und „Hubeck“ tauchen als Spitznamen bei verschiedenen seiner Figuren auf.

Im Zentrum der Handlung steht die Bauernfamilie Rapka, die in einem Dorf am Rande der Johannisburger Heide lebt. Es könnte ebenso im Kreis Johannisburg liegen, wie im Osten der Kreise Ortelsburg oder Sensburg, also in einer zwar schönen, aber selbst für masurische Verhältnisse wirtschaftlich benachteiligten Gegend. So bestimmt denn auch die bittere Armut, gepaart mit geradezu sektiererischer Frömmigkeit, das Leben der Familie. Dazu kommen deutsches Nationalgefühl und deutsche Vornamen, masurische Familien- und Kosenamen, Hinterwäldlertum gepaart mit Bauernschläue, derbe Sprache und gelegentlich ein Blick zurück in die eigene Lebensgeschichte. Nach der Machtergreifung der NSDAP geht es für manch einen wirtschaftlich und gesellschaftlich bergauf, aber Pflichtdienste aller Art bis hin zum Kriegseinsatz fordern ihren Tribut. Die Dorfbewohner erleben auch, was mit denen geschieht, die nicht ins Schema der neuen Herren passen. Schließlich bricht der Krieg über das Dorf herein und hält für die Familienmitglieder unterschiedliche Schicksale bereit.

Insbesondere für Leser, deren eigene Wurzeln im Sand der Johannisburger Heide stecken, gehören die drei Hubeck-Bücher sicher zu den „masurischsten“ Romanen, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland erschienen sind. Leider sind sie nur noch antiquarisch erhältlich.

Über Jorg Hubeck waren trotz intensiver Recherche keine weiteren Einzelheiten in Erfahrung zu bringen. Vielleicht gibt es unter den Lesern dieser Zeilen jemanden, der zu diesem Autor noch weitere Angaben machen kann, ihn vielleicht sogar persönlich kennt oder gekannt hat. Falls das der Fall ist, möge sich der- oder diejenige an den Verfasser dieser Zeilen oder an die PAZ-Redaktion wenden. Detlef Ollesch


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