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04.08.12 / Wo Gott Europa verführte / Die Insel Kreta ist reich an Sagen, Kulturschätzen und Naturschönheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-12 vom 04. August 2012

Wo Gott Europa verführte
Die Insel Kreta ist reich an Sagen, Kulturschätzen und Naturschönheit

Wenn es einen Ort gibt, der sich „Wiege Europas“ nennen darf, dann ist es die Insel Kreta. Hier entstand die erste Hochkultur auf europäischem Boden: die minoische Kultur, benannt nach dem sagenhaften König Minos, Sohn des Zeus und der Europa. Ihr verdankt unser Erdteil seinen Namen. Seit dem Untergang der Minoer war Kreta ständig Ziel von Eroberungen, stand Jahrhunderte lang unter griechischer, römischer, byzantinischer, venezianischer und zuletzt türkischer Fremdherrschaft. Sie alle haben auf der Insel ihre Spuren hinterlassen.

Kretas Hauptstadt Heraklion hat aus der byzantinischen und venezianischen Epoche mehrere historische Bauwerke vorzuzeigen. Zu den ältesten Sakralbauten zählt die byzantinische Agios-Titos-Kirche, die den Namen des Begleiters des Apostels Paulus und ersten Bischofs der Insel trägt. Sie ist Sitz des Metropoliten von Kreta, war zwischenzeitlich Moschee und verwahrt die berühmte Titos-Reliquie, welche die Venezianer 1669 nach San Marco überführt hatten und die im Mai 1966 in glanzvoller Feier zurückgebracht wurde. Aus venezianischer Zeit stammt das mächtige Fort am alten Hafen, das repräsentative Rathaus mit seiner zweigeschossigen Loggia und schließlich der wunderschöne Morosini-Brunnen, den der gleichnamige Statthalter 1628 zusammen mit einem Aquädukt vom Berg Joúchtas zur Wasserversorgung der Stadt errichten ließ. Zwar speien die lebensgroßen marmornen Löwen heute kein Wasser mehr, sich die Füße im äußeren Becken zu kühlen, ist strikt untersagt, doch lässt es sich auf den Bänken rund um den mit Reliefdarstellungen aus der griechischen Mythologie geschmück-ten Brunnen beschaulich verweilen, da er in der autofreien Zone liegt.

Die Zeugnisse der minoischen Kultur befinden sich außerhalb der Stadt. Bevor man diese Stätten aufsucht, sollte man dem archäologischen Museum von Heraklion einen Besuch abstatten und sein Wissen über diese antike Hochkultur erweitern. Danach besteigt man am wenige Schritte vom Museum entfernten Eleftherias-Platz den Bus, der in rund 20 Minuten direkt vor den Eingang von Knossos fährt. Die Palastanlage von Knossos ist allein schon ihrer Größe wegen atemberaubend. Es macht Mühe, sich einen Überblick zu verschaffen, derart verwirrend und verwinkelt ist die komplexe Anlage mit ihren rund 1000 Räumen. Es leuchtet ein, wieso dieser Palast in der Sagenwelt der Antike als „Labyrinth des Minotaurus“ erscheint. Dass es in Knossos vergleichsweise viel zu sehen gibt, ist Ausgräber Sir Arthur Evans zu verdanken, der die Anlage zwischen 1900 und 1925 freilegte. Er rekonstruierte erhebliche Teile des Baus mit Beton und Gips. Auch ließ er von den berühmten Fresken, die im Original im archäologischen Museum ausgestellt sind, an den Fundstellen Kopien anbringen. Was aus Sicht heutiger Archäologie als unwissenschaftlich verurteilt wird, vermittelt dem „normalen“ Besucher indessen einen sehr anschaulichen Eindruck vom früheren Aussehen und vom Leben in dieser rund 3600 Jahre alten Palastanlage.

Eine weitere minoische Ausgrabungsstätte, die sich problemlos mit dem Bus erreichen lässt, ist der Palast vom Mália. Am zentralen Busbahnhof von Heraklion besteigt man den Bus in Richtung Osten nach Agios Nikolaos und lässt sich vom Fahrer ein paar Kilometer hinter der heutigen Stadt Mália dort absetzten, wo eine schmale Stichstraße zur Küste und zur Ausgrabungsstätte führt. Dem Hinweisschild „Archeological Site“ folgend, erreicht man sie nach etwa 300 Metern. Die Anlage stammt aus derselben Zeit wie die von Knossos, ist aber etwas kleiner und wesentlich übersichtlicher. Beeindruckend sind die riesigen tönernen Vorratskrüge, die „Pithoi“, sowie der „Kernos“, ein äußerst seltener, kreisrunder Opferstein, der einfach so am Boden liegt, so dass man fast darüber stolpert. Das Informationsmaterial vor Ort ist im Vergleich zu Knossos dürftig, also hat man besser den deutschsprachigen Reiseführer im Gepäck. Angenehm ist, dass Mália aufgrund seiner Lage nur wenig besucht ist und man alles ungestört in Ruhe besichtigen kann. Tipp: Direkt neben der Ausgrabungsstätte liegt ein wunderschöner Naturstrand mit einer kleinen Taverne – also Badesachen nicht vergessen!

Nach rund zweieinhalb Stunden Busfahrt auf der Küstenstraße in Richtung Westen erreicht man die Provinzstadt Chania, die bis 1972 Hauptstadt der ganzen Insel war. Mit ihrer romantischen Altstadt rund um den Hafen und den zahlreichen Bauwerken aus venezianischer und türkischer Zeit ist Chania eine äußerst reizvolle Stadt. Ein Kleinod voller antiker Kunstschätze ist das archäologische Museum. Untergebracht in der venezianischen Kirche San Francesco, beherbergt es Fundstücke aus der minoischen, griechischen und römischen Antike. Eine besondere Kostbarkeit sind die spätminoischen Truhensarkophage, die „Larnakes“. Eine Oase der Ruhe ist der kleine Museumsgarten mit seinem zwölfeckigen türkischen Brunnen, der an die Zeit erinnert, als San Francesco eine Moschee war. Vor allem aber ist Chania Ausgangspunkt für Ausflüge in den touristisch noch wenig erschlossenen Westen und Südwesten Kretas. Bekanntestes Ziel ist die berühmte Samaria- Schlucht, die allerdings geübten und gut ausgerüsteten Wanderern vorbehalten ist. Allen anderen ist von dem 18 Kilometer langen Marsch dringend abzuraten! Ein bequemeres und landschaftlich nicht minder reizvolles Ziel für einen Tagesausflug ist der kleine Ort Falasarna mit seinem wunderschönen Naturstrand nebst netter Taverne. Morgens fährt der Bus von Chania hin, am späten Nachmittag wieder zurück. Angelika Fischer


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