18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
04.08.12 / Blinde Helfer / Brüssel reicht Simbabwe die Hand, obwohl das Land von Demokratie weit entfernt ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-12 vom 04. August 2012

Blinde Helfer
Brüssel reicht Simbabwe die Hand, obwohl das Land von Demokratie weit entfernt ist

Die EU stellt Simbabwe Lockerung der Sanktionen in Aussicht. Die Reaktionen hierauf waren gemischt, denn noch immer werden Menschenrechte in dem afrikanischen Land mit Füßen getreten.

Die Delegierten in Brüssel hatten am vergangenen Montag entschieden, bald einen Großteil der Wirtschaftssanktionen gegen simbabwische Firmen und die Einreiseverbote für Politiker aufzuheben. Entwicklungshilfe soll bereits jetzt wieder gezahlt werden. „Das ist der Beweis, dass die EU auf die positiven Reformen antworten will“, sagte Morgan Tsvangirai, der Führer des Movement for Democratic Change. Der oppositionelle Premierminister teilt sich seit den umstrittenen Wahlen von 2008 die Macht mit dem Langzeit-Diktator Robert Mugabe.

2008 waren nach den Wahlen politisch motivierte Unruhen ausgebrochen. Die Weltgemeinschaft hatte daraufhin die Sanktionen verschärft. Den Ausschlag für die wirtschaftlichen Strafen waren Mugabes Landreformen gewesen, bei denen er ab Mitte der 90er das Land weißer Farmer beschlagnahmen ließ. Kurz nach dem Beschluss der EU am Montag meldete sich der US-Botschafter in Harare zu Wort. Washington werde die Embargos vorerst beibehalten, denn noch immer seien „verstörende Berichte“ von Gewalt im Umlauf, die eine Wahl negativ beeinflussen könnten. Aber auch die EU will die Sanktionen erst aufheben, wenn das geplante Referendum über eine Verfassungsänderung friedlich vorübergegangen ist. Aber genau dieses Referendum wurde zum neuen Streitpunkt. Eine überarbeitete Verfassung wurde bei der Bildung der Koalitionsregierung verankert. Darin sollten wichtige Aspekte festgelegt werden wie eine potenzielle Machtübergabe oder die maximale Regierungszeit eines Präsidenten. Die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (SADC), die damals vermittelte, machte daraus eine Voraussetzung für Neuwahlen. Mugabe drängt auf Wahlen noch in diesem Jahr, um die „Zweckehe mit seinem Rivalen aufzukündigen“, wie südafrikanische Zeitungen titeln. Der Finanzminister schließt Wahlen in diesem Jahr allerdings aus. Dafür seien schlicht keine finanziellen Mittel vorhanden. Mugabes Antwort: Das Geld müsse gefunden werden.

Doch selbst dann wäre es noch ein langer Weg zu Neuwahlen, denn wenn die neue Verfassung es durch die Parteigremien und das Parlament schafft, wird sie erst in die Stammessprachen Shona und Ndebele übersetzt und anschließend wird in einer Volksbefragung darüber abgestimmt. Demokratische Reformen bringt die neue Verfassung kaum – Politologen zufolge handelt es sich dabei um einen „Kompromiss“.

Der neue Verfassungstext gesteht dem Präsidenten weniger Handlungsspielraum zu, um die Macht auf die gesamte Regierung zu verteilen. Zwar beschränkt er die Amtszeit des Präsidenten auf maximal zehn Jahre, für Mugabe selbst soll dies aber nicht gelten. Der Despot ist 88 Jahre alt und regiert das Land seit 32 Jahren, seit der Unabhängigkeit von Großbritannien. Vermutlich wird der Greis erneut antreten. Bei fairen Wahlen hat Premier Tsvangirai reelle Chancen auf das Amt: Vorausgesetzt, Mugabe setzt nicht wieder seine Schlägertrupps ein, wie schon 2008.

Immer noch klagen Oppositionsanhänger über systematische Folter, organisiert von radikalen Mitgliedern von Mugabes ZANU-PF. Die Versammlungsfreiheit ist stark eingeschränkt und noch immer werden Farmer zwangsenteignet. Der weiße Geschäftsmann James Sabau wurde vergangene Woche erdrosselt aufgefunden. Kerry Kay, Simbabwes bekannteste Menschenrechtsaktivistin, hat den Entscheid der 27 EU-Außenminister verurteilt. „Da draußen finden immer noch brutale Menschenrechtsverletzungen, wirtschaftliche Sabotagen und Landinvasionen statt“, so Kay. Sie fragt sich, ob die ZANU-PF tatsächlich die Gewalt einstellt, wenn der Westen seine Sanktionen lockert. M. Schönherr


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren