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11.08.12 / Verwirrung statt Klarheit / Verbot gewerbsmäßiger Sterbehilfe ein Fehlstart

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-12 vom 11. August 2012

Verwirrung statt Klarheit
Verbot gewerbsmäßiger Sterbehilfe ein Fehlstart

Was ein Gesetzentwurf alles auslösen kann: ein Sommertheater, einen Kommunikations-Gau und einen Koalitionsstreit während der parlamentarischen Sommerpause. Mitten in das Nachrichten-Sommerloch platzte der Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium für ein „Gesetz zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Fremdtötung“ wie eine Wasserbombe auf dem heißen Pflaster des Freibades.

Nach den Vorstellungen von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) soll die eigenverantwortliche Selbsttötung erlaubt bleiben. Sie will mit einem neuen Paragrafen 217 im Strafgesetzbuch künftig gewerbsmäßige Sterbehilfe unter Strafe stellen, jedoch nahestehende Personen, wenn sie Gelegenheit zum Selbstmord schaffen, davon ausnehmen. Der Entwurf sieht vor, dass Ärzte und Pfleger Beihilfe leisten dürfen, wenn sie in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu dem Patienten stehen. Es ist diese Passage, die in der Öffentlichkeit für Aufregung sorgt.

Die Gesetzeslage grenzt aktives Handeln vom bloßen Unterlassen ab. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten, passive Sterbehilfe – der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen auf Wunsch des Patienten – dagegen nicht.

Die Patientenschutz-Organisation Deutsche Hospizstiftung kritisierte, mit dem Papier habe das Ministerium einen Kommunikations-Gau ausgelöst, weil niemand mehr wisse, was unter Strafe stehen und was straffrei bleiben solle. Und der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, empörte sich über das „Stück aus dem Tollhaus“. Statt, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, die gewerbsmäßige Sterbehilfe zu verbieten, schaffe der Entwurf erst die gesetzlichen Grundlagen für Ärzte als Sterbehelfer. Montgomery stellte klar: „Als Sterbehelfer stehen wir Ärzte nicht zur Verfügung.“ Das Verbot dafür sei in der Muster-Berufsordnung für Ärzte klar geregelt. Er warf Leut­heusser-Schnarrenberger vor, grundlegende medizin-ethische Werte in Frage zu stellen sowie einen „Koalitionsstreit als Sommertheater“ zu inszenieren.

Ärzte sind durch die Debatte verunsichert, Geistliche protestieren. Der Chef der Ärztegewerkschaft „Marburger Bund“, Rudolf Henke, forderte, es genüge nicht, wie beabsichtigt, das gewerbliche Assistieren beim Suizid zu unterbinden. „Man muss es erweitern auf organisierte Sterbehilfe.“ Nur dadurch verbiete man Vereine, die unter dem Mantel der Gemeinnützigkeit Schwerstkranken zum Tod verhelfen.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) präzisierte inzwischen die Position ihres eigenen Hauses: Anders als ursprünglich gedacht, sollen Mediziner, anders als Angehörige, nicht straffrei bleiben. Ihr Parteikollege Wolfgang Zöller, Patientenbeauftragter der Bundesregierung, sprach sich ebenfalls gegen Ausnahmeregelungen aus. „Es würde reichen, die gewerbliche Förderung der Selbsttötung unter Strafe zu stellen“, sagte er. Er befürchte, dass durch das neue Gesetz der Druck auf die Betroffenen und deren Angehörigen steigen könnte, die Sterbehilfe zu beanspruchen oder zu ermöglichen.

Unterdessen wurde bekannt, dass Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger im Beirat der Humanistischen Union (HU) sitzt. Der stramm antikirchliche Verein setzt sich für „selbstbestimmtes Sterben“ samt aktiver Sterbehilfe ein. CR


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