26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.08.12 / Adé Rechtsstaat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-12 vom 11. August 2012

Adé Rechtsstaat
von Sascha Günther

Die Niederländer haben dieser Tage gezeigt, dass sie es mit der Privatsphäre und dem Datenschutz nicht so genau nehmen und dass ein Eckpfeiler der Europäischen Union gescheitert ist: der Wegfall der Binnengrenzen. Ein integraler Bestandteil eines „vereinten Europas“ ist das Schengen-Abkommen und die damit verbundene Abschaffung der Grenzkontrollen der Mitgliedsländer. Wenn die Niederlande nun ihre Grenzen wieder gegen Kriminalität verteidigen müssen, dann ist das nur der Beweis dafür, dass Schengen nicht funktioniert.

Der Umstand, dass die EU allerdings keine Probleme mit der Speicherung von Daten durch die Niederlande hat, ist leider nichts Ungewöhnliches, wenn man deren sonstige Vorhaben ansieht. Ihr neuestes Steckenpferd ist die komplette Überwachung ihrer Bürger. Unter dem Akronym „Indect“ bastelt sich die EU ein Projekt, dessen Ausmaße sich bisher nur Science-Fiction-Autoren auszudenken gewagt haben. „Indect“ ist ein Forschungsprojekt, dessen Ziel es ist, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, Städte und deren Bürger immer, überall und ununterbrochen überwachen zu können. Dafür wird die Internetkommunikation überwacht, durch Überwachungskameras soll verdächtiges Verhalten erkannt werden und es möglich sein, durch Gesichtsabgleichungen jeden Menschen sofort zu identifizieren. Wer etwas Falsches sagt, zu schnell läuft, zu lange im Bus sitzt oder zu laut spricht, kann dann automatisch von unbemannten Drohnen weiter verfolgt und kontrolliert werden. Damit kein Mensch mehr unbeobachtet bleibt, kann via Handy-Ortung und Satellitenüberwachung jede Person genau gefunden werden. Entdeckt das „Indect“-System einen Verdächtigen – und hier schließt sich der Kreis zu den Niederlanden – bekommen Polizisten den Hinweis, wer festzunehmen ist. Alles natürlich im Namen der Kriminalitätsbekämpfung.

„Wenn Sie ein Bild von der Zukunft haben wollen, so stellen Sie sich einen Stiefel vor, der auf ein Gesicht tritt. Unaufhörlich.“

George Orwells Prognose scheint 62 Jahre nach seinem Tod einzutreten. Denn der Brüsseler Stiefel tritt zu: auf die Privatsphäre, den Rechtsstaat und die Freiheitswerte unserer Gesellschaft. Auf die Grundfesten unseres Rechtsverständnisses, nämlich, dass jeder solange unschuldig ist, bis ihm das Gegenteil bewiesen wird. Wer kann da noch ernsthaft glauben, all dies geschehe zu unserem Besten? Wir rauchen schon für die innere Sicherheit, tanken für die Rente, jetzt sollen wir unsere Privatsphäre opfern zur Kriminalitätsbekämpfung? Im Namen der Gefahrenabwehr angeblich neuer Bedrohungen ist alles erlaubt, auch eine fließende Grenze vom Rechts- zum Polizeistaat. Bei dem Überwachungswahnsinn fragt man sich, ob man in der Stasi-DDR lebt, aber diesmal mit Coca Cola und Bananen.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren