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18.08.12 / Es geht um zu viel Geld / Skandal um Organspende zeigt, dass Kontrollen zu lasch sind

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-12 vom 18. August 2012

Es geht um zu viel Geld
Skandal um Organspende zeigt, dass Kontrollen zu lasch sind

Es tun sich ungeahnte Abgründe beim Thema Organhandel auf. Die Bereitschaft, lebenswichtige Organe zu spenden, geht in der Bevölkerung zurück. Längst handelt es sich nicht mehr um das Fehlverhalten einzelner Ärzte, sondern offenbar um ein korruptes System, in dem sehr viel Geld im Spiel ist.

Die hohen Geldsummen, die bei der Vermittlung von Organen durch die Deutsche Stiftung Organspende transferiert werden, wie die PAZ schon vor Wochen berichtete, hatten bereits Kritiker auf den Plan gerufen. Das sogenannte „beschleunigte Verfahren“ sorgt nun für zusätzliche Irritationen. Hierbei werden Organe von meist älteren Spendern mit einem „nahen Verfallsdatum“ an den offiziellen Wartelisten vorbei mehr oder minder direkt an die Empfänger vergeben. Da diese Art von Transplantationen in den letzten Jahren stark zugenommen hatte, gerät nun die gesamte Ärzteschaft zunehmend in Verruf. Der Verdacht entsteht, dass über die Hintertür der beschleunigten Verfahren Ärzte bei zahlungskräftigen Patienten Dinge möglich machen, die sonst unmöglich wären.

Da bisher die Weitergabe von gespendeten Organen weitgehend der staatlichen Kontrolle entzogen ist, versuchte nun die Ärzteschaft in einem Krisentreffen gegenzusteuern. Unter Leitung von Ärztekammer-Präsident Ulrich Montgomery und dem Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, wurden am Donnerstag letzter Woche strengere Regeln für die Organweitergabe vereinbart. So sollen das „Vier-Augen-Prinzip“ eingeführt und unabhängige Kontrollen ermöglicht werden. Wer diese zusätzlichen Leistungen bezahlen soll, blieb indessen offen.

Alarmiert zeigten sich potenzielle Spender auch über die in den Medien kursierenden Nachrichten über einen weltweiten schwunghaften Organhandel. Auf einem Bild aus dem Jahr 2006 zeigten mehrere Pakistani ihre Narben von der Nierenentnahme. Für menschliche Organe werden demnach in Ägypten, Bangladesch, Brasilien oder im Kosovo einige Tausend Euro bezahlt. Die Gewinnspannen in diesem Geschäft sollen gewaltig sein. Werden dem Spender einer Niere in Bangladesch etwa 2000 Euro für das Organ angeboten, kursieren Verkaufspreise von 90000 Euro in Europa oder Nordamerika. Die Gewinnspannen wären damit deutlich höher als im Drogenhandel.

Noch wiegeln Ärztevertreter ab und wehren sich gegen staatliche oder unabhängige Aufsicht mit dem Argument, dass bei der Transplantationsmedizin keine Zeit vergeudet werden dürfe. Doch bei der offenbar ausufernden, missbräuchlichen Handhabung der Organübertragung entsteht die Frage, wer in der Mitte dieses lukrativen Spinnennetzes sitzt? Sind es nur einzelne, „korrupte Ärzte“, die zum Teil auch aus vermeintlicher Barmherzigkeit ihren Patienten helfen wollen? Oder hat der Mangel an Spenderorganen ein lukratives Netz entstehen lassen, an dem viele Beteiligte sehr gut verdienen?

Während diese Fragen derzeit noch offen sind, ist die Bereitschaft zur Organspende nach einer jüngsten Umfrage von „YouGov“ stark gesunken. Danach haben nun mit 45 Prozent gut doppelt so viele Bundesbürger Bedenken, sich als Organspender zur Verfügung zu stellen, wie noch vor einigen Monaten. Nur noch 30 Prozent der Bundesbürger, und damit nur noch halb so viele wie vor kurzem, können sich prinzipiell vorstellen, ein Organ zu spenden. Die Deutsche Stiftung Organspende bestreitet indes noch einen Rückgang in der Spenderbereitschaft der Bürger. Hinrich E. Bues


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