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18.08.12 / Vom Nationalisten zum christlichen Konservativen / Der Dichter, Innenarchitekt und evangelische Prediger Rudolf Alexander Schröder verstarb vor 50 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-12 vom 18. August 2012

Vom Nationalisten zum christlichen Konservativen
Der Dichter, Innenarchitekt und evangelische Prediger Rudolf Alexander Schröder verstarb vor 50 Jahren

Nur wenigen Literaturkennern mag heute noch der Name Rudolf Alexander Schröder (1878–1962) etwas sagen. Dabei war er unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg vom damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss noch beauftragt worden, als „ein Dichter mit Gestaltungskraft“ und einer „in ihrem geistig-moralischen Gesamthabitus anerkannte Persönlichkeit“ die Nationalhymne für die noch junge Bundesrepublik zu dichten: „Land des Glaubens, deutsches Land“. Wenn auch sein Text im Parlament durchfiel, so zeigt doch diese Begebenheit, welch hohe Wertschätzung dem Dichter und Menschen Schröder damals entgegengebracht wurde.

Der in Bremen als Sohn eines angesehenen Außenhandelskaufmanns 1878 geborene Schröder vereinigte in seiner Person erstaunlich viele Begabungen und Tätigkeiten. So war er nicht nur ein gefragter und mit Auszeichnungen bedachter Innenarchitekt, sondern galt auch als kompetenter Kenner der Bibliophilie und als begabter Aquarellmaler, dessen Werke schon früh in der Bremer Kunsthalle, dessen Direktor er mehrere Jahre war, ausgestellt wurden. Vor allem galt der umfassend gebildete Hanseat aber auch als ein brillanter, einfühlsamer Übersetzer und Nachdichter der Werke englischer, französischer, flämischer und nicht zuletzt antiker Klassiker ins Deutsche (darunter die „Ilias“ und die „Odyssee“). Neben einigen kleineren Prosawerken verfasste er ferner eine Unmenge weltlicher und geistlicher Gedichte und wirkte  als Essayist zu kultur- und geistesgeschichtlichen Themen.

In München gründete Schröder gemeinsam mit seinem Schulfreund die exklusive Literatur-Zeitschrift „Die Insel“ – deren Redaktionsräume er gestaltete. Rainer Maria Rilke, Hugo von Hoffmannsthal, August Strindberg und andere gehörten zu den Autoren der Zeitschrift, aus der bald der noch heute bestehende Insel-Verlag hervorging.

Sein Freund Hermann Hesse meinte, dass wohl „kein anderer lebender Dichter … sein Selbstbildnis auf einen so soliden, von den vielen Zeitkrankheiten so unangegriffen gebliebenen Grund gemalt“ habe und „von keinem die beiden heiligen Erbtümer des abendländischen Geistes, das antike und das christliche, so treu und standhaft einer ungläubigen Epoche zum Trotz bewahrt und neu belebt und in tätigen Besitz genommen“ worden seien, wie es bei Schröder der Fall gewesen wäre – und das „auf eine durchaus deutsche und protestantische Art“.

Im Verlauf des Ersten Weltkriegs war es bei dem Dichter zu einer geistig-religiösen Wende gekommen. („Mir war das für alles Vernunftbemühen undurchdringliche Geheimnis des persönlichen Gottes und seiner persönlichen Führung und Fürsorge aufgegangen, und zwar nicht an irgendeinem drastischen Erleben, sondern ganz in der Stille durch einen Vorgang, für den ich nur das Wort Offenbarung habe.“) Es ist für Schröder bezeichnend, dass er während des Dritten Reiches seinen Stand- und Wirkungsort mehr und mehr innerhalb der Evangelischen Kirche finden sollte. Zwar waren nach seinen eigenen Worten seine „Vorträge und Lesungen, soweit sie säkularer Natur waren, zwar nicht grundsätzlich verboten, wurden aber regelmäßig unter irgendeinem Vorwand im letzten Augenblick abgeblasen. Die Folge war, dass ich mein öffentliches Auftreten ausschließlich in kirchliche Räume verlegte, wo dergleichen weniger zu befürchten war.“ Bei alldem erwies es sich für Schröder, der 1935 von Bremen nach Bergen/Chiemsee übergesiedelt war, als durchaus förderlich, dass er am 1. November 1942 in seiner Evangelisch-Lutherischen Kirche zu Rosenheim auch offiziell in den Dienst eines Lektors eingeführt worden war und somit eine semi-pastorale Stellung besaß.

Mit seinen geistlichen Gedichten und Liedern, die in den Jahren der NS-Herrschaft entstanden, sprach Schröder den Gläubigen im Verweis auf den lebendigen und in seinen Zusagen verlässlichen Gott Mut und Hoffnung in schwerer Zeit zu.

Einige seiner Lieder wurden, wie die seines Zeitgenossen Jochen Klepper, in Kirchengesangbücher aufgenommen, darunter bei Protestanten sehr bekannt „Wir glauben Gott im höchsten Thron“ (Evangelisches Gesangbuch 184), ein Bekenntnis des dreieinen Gottes und, 1937 gedichtet, Absage an jegliche totalitäre weltliche Heilsanmaßungen, ferner „Abend ward, bald kommt die Nacht“ (EG 487).

Das folgende Lied mit dessen erster Strophe macht auf exemplarische Weise deutlich, auf welchen Zeitgeist Schröders geistliche Dichtung damals zielte, auch wenn ihre Aussagen gleichzeitig allgemeine und über die Aktualität des Tages hinausgehende Gültigkeit besitzen: „Es mag sein, dass alles fällt, / Dass die Burgen dieser Welt / Um dich her in Trümmer brechen. / Halte du den Glauben fest, / Dass dich Gott nicht fallen lässt: / Er hält sein Versprechen“.

Als Schröder am 22. August 1962 in Bad Wiessee starb, war in den Nachrufen von einem „letzten großen Bewahrer bürgerlicher Geistestradition“, einem „Grand old man“, einem „Patriarchen der deutschen Literatur“ oder auch von einem „letzten Humanisten“ die Rede. Der Verstorbene selbst hatte bereits 1944 in seiner „Ballade vom alten Mann“ gemeint: „O Abschiednehmen, goldne Zeit, / Gern bin ich deines Winks gewärtig, / Vom Ziel des Weges nicht mehr weit / Und dennoch reisefertig!“ Matthias Hilbert


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