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25.08.12 / Islamisten geben den Ton an / Tunesien: Strafen auf Gotteslästerung – Frauen fürchten um Rechte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-12 vom 25. August 2012

Islamisten geben den Ton an
Tunesien: Strafen auf Gotteslästerung – Frauen fürchten um Rechte

Tunesiens islamistische Regierungspartei Ennahda hat am 1. August vor der verfassunggebenden Versammlung einen Gesetzesentwurf präsentiert, wonach Gotteslästerung mit Gefängnis und mit Geldbußen bestraft werden soll. Gotteslästerung soll dabei äußerst weit gefasst werden und enthält jegliche Beleidigung, Verspottung und Beschimpfung der Religion sowie jede Form der Verletzung religiöser Gefühle – sei es in Wort, Ton oder Bild.

Im Vorfeld dieser Gesetzesreform hatten Salafisten das Gesetz schon mal in die eigene Hand genommen. Sie zerstörten im Juni, unbehelligt von der Justiz, in einer Kunstausstellung Dutzende von Bildern, die ihrer Ansicht nach Muslime beleidigten. Im Juni waren in Monastir zwei Jugendliche, Jabur Mejri und Ghazi Beji, wegen „Angriffs auf die Moral, der Verunglimpfung und der Störung der öffentlichen Ordnung“ zu sieben-einhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil sie sich auf ihren persönlichen Facebook-Seiten respektlos über den Propheten Mohammed geäußert hatten.

In der tunesischen Justiz macht sich immer mehr der Einfluss der Islamisten bemerkbar. Die Salafisten kontrollieren bereits ein Fünftel der 2500 Moscheen. Sie legten monatelang die Manouba-Universität in Tunis lahm und sperrten den Rektor ein, um zu erzwingen, dass Frauen im Vollschleier studieren dürfen. Regelmäßig werden Bars und Geschäfte, die Wein und Bier verkaufen, attackiert. Öffentlich wird zum Mord an Künstlern, Schauspielern und Journalisten aufgerufen.

Religion wurde bislang in Tunesien als private Angelegenheit betrachtet. Lediglich ein Artikel in der alten Verfassung hält fest, dass Tunesien ein arabisches Land und seine Religion der Islam sei. Deshalb beunruhigt die Verankerung des Blasphemieverbots und seine rigorose strafrechtliche Durchsetzung breite gesellschaftliche Kreise.

Im weiteren Zentrum der Auseinandersetzung steht die Gleichberechtigung der Frau, die in Tunesien, dem ersten unabhängigen arabischen Land Nordafrikas, am weitesten fortgeschritten war. Nun gibt es Vorlagen in der verfassunggebenden Versammlung, die aus der Gleichberechtigung von Mann und Frau ein „Sich Ergänzen“ von Mann und Frau machen wollen, also einen ganz klaren Rückschritt von bereits erfolgreich erkämpften Rechten vorsieht.

Den beträchtlichen wirtschaftlichen Herausforderungen Tunesiens steht die Regierung dagegen ohnmächtig gegenüber. Die Arbeitslosigkeit unter jungen Studienabgängern ist wieder angestiegen, während sich die Tourismusbranche kaum erholt hat seit der Revolution. Die Arabellion in Tunesien hatte als soziale Revolte mit der Selbstverbrennung eines arbeitslosen Straßenhändlers in Sidi Bouzid begonnen. Dorthin scheint die Revolution vor einigen Wochen auch wieder zurückgekehrt zu sein. Denn gerade in diesem so symbolbehafteten Ort kommt es seit Wochen wieder zu großen Demonstrationen und Straßenschlachten mit der Polizei, so wie in den Zeiten des Diktators Ben Ali. Bodo Bost


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