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25.08.12 / Schluss mit der Warteschleife / CDU will Übergangssytem für Ausbildungsplatzsuchende reformieren – Über 350 verschiedene Maßnahmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-12 vom 25. August 2012

Schluss mit der Warteschleife
CDU will Übergangssytem für Ausbildungsplatzsuchende reformieren – Über 350 verschiedene Maßnahmen

Vier Milliarden Euro kostet es Bund, Länder und Kommunen jährlich, Schulabgänger ohne Lehrstelle für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Der Erfolg lässt zu wünschen übrig.

Im Jahr 2005 überschlugen sich die Gewerkschaften mit ihrer Forderung nach einer Abgabe für Betriebe, die nicht ausbilden, da Zehntausende junger Menschen ohne Lehrstelle blieben. Die Vorstellung, dass ganze Regionen und sogar Bundesländer melden, sie hätten mehr freie Lehrstellen als Bewerber, schien wie aus einem Märchen. Gut, wer rechnen konnte, der konnte schnell zusammenaddieren, dass aufgrund des demografischen Wandels früher oder später sich die Lage am Ausbildungsmarkt einfach aufgrund des Rückgangs der Bewerber entspannen würde, doch dass dies bereits so schnell passiert ist, hat Deutschland der guten wirtschaftlichen Lage zu verdanken. Denn während im übrigen Europa die Konjunktur lahmt und die Arbeitslosigkeit bei jungen Menschen bei bis zu 50 Prozent liegt, leidet die Wirtschaft in Deutschland bereits unter Nachwuchsmangel.

Umso schizophrener wirkt der Umstand, dass Bund, Länder und Kommunen zusammengerechnet rund vier Milliarden Euro pro Jahr für das sogenannte Übergangssystem bezahlen. In diesem werden junge Menschen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben – denn auch diese gibt es hierzulande noch – und jene, die eine Ausbildung vorzeitig abgebrochen haben, „zwischengelagert“. Hier sollen sie für die betriebliche Ausbildung, der Deutschland seine im europäischen Vergleich geringe Jugendarbeitslosigkeit erst zu verdanken hat, fit gemacht werden. Die Mischung aus Arbeit im Betrieb mit dem Besuch der Berufsschule verquickt offenbar ziemlich erfolgreich Praxis und Theorie. Doch da die Bewerber schon ein Mindestmaß an Qualifikation mitbringen müssen, genauer gesagt zumindest einen ordentlichen Schulabschluss, kommt es, dass trotz offener Lehrstellen Bewerber leer ausgehen.

Das Übergangssystem hat jedoch einen markanten Makel, wie die CDU dieser Tage in einem Papier ausführlich darstellte: Es ist nicht einheitlich. Insgesamt soll es 17 Bundes- und rund 100 Länderprogramme geben, die laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) über 350 Einzelmaßnahmen beinhalten. Der Bundesfachausschuss Bildung, Forschung und Innovation der CDU beklagt den Maßnahmen-Dschungel, der dazu führt, dass junge Leute nicht einen Ansprechpartner haben, an den sie sich wenden können, und zudem selbst die verschiedenen Anlaufstellen wie Arbeitsagenturen, Kommune und/oder freie Bildungsträger oft nicht wissen, welche Möglichkeiten die anderen anbieten. Etwa ein Drittel der jungen Leute ohne Ausbildungsplatz landet bei den örtlichen Arbeitsagenturen. Dort wird differenziert in berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Einstiegsqualifizierungen und Berufseinstiegsbegleitung. Was so abstrakt klingt, bedeutet manchmal einfach nur erneuter Schulbesuch zur Erlangung eines Schulabschlusses, denn 21 Prozent der jungen Leute im Übergangssystem haben gar keinen Schulabschluss. 52 Prozent haben nur einen Hauptschulabschluss und da dieser oft nicht mehr ausreicht, um den gewünschten Beruf zu ergreifen, kann auf diesem Wege auch der Realschulabschluss angestrebt werden. Auch wird auf Länderebene versucht, in Berufsfachschulen jungen Menschen in der Schule einen Beruf beizubringen. Doch trotz der hohen Kosten für das Übergangssystem werden die Ergebnisse von der Wirtschaft nicht anerkannt. Eine Ausbildung in einem Betrieb als Mechatroniker schafft deutlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als die reine Ausbildung in einer Berufsfachschule. 2011 begannen trotzdem noch 294294 Personen, 2005 waren es noch 30 Prozent mehr, Maßnahmen des Übergangsbereiches und wurden übrigens auch nicht in der Arbeitslosenstatistik geführt, da sie ausbildungs- und nicht arbeitsplatzsuchend waren.

Die CDU fordert nun, dass Bund, Länder und Kommunen samt Arbeitsagentur ihre Maßnahmen aufeinander abstimmen und auf ihren Erfolg hin überprüfen. Wobei dies nicht zum ersten Mal gefordert wird. Zudem beginnt das Problem ja bereits viel früher, wie es auch in dem CDU-Papier heißt. Denn die jungen Leute landen hauptsächlich im Übergangssystem, weil ihre Schullaufbahn bereits nicht mit einem adäquaten Abschluss endete oder weil sie sich für den falschen Beruf entschieden haben. Für letztere empfiehlt das BIBB, bereits ab der 7. Klasse mit Berufsberatung einzusetzen. Praktika, aber auch das Hervorheben, dass bei der Berufswahl nicht nur die Fächer mit den besten Noten, sondern auch die Neigung die Richtung vorgeben sollte, seien wichtig. Zugleich ist auch der Hinweis der Studie „Ausbildung 2012“ der Deutschen Industrie- und Handelskammer zu berücksichtigen, laut der die Ausbildungsfähigkeit junger Leute nicht nur am schulischen Wissen, sondern oft auch an sozialen und persönlichen Defiziten scheitert. Auch weisen zahlreiche Experten darauf hin, dass trotz passender Qualifikation Schulabgänger manchmal keinen Ausbildungsplatz erhalten, weil sie in strukturschwachen Regionen leben und diese nicht verlassen wollen. Rebecca Bellano


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