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01.09.12 / Profiteure im Überfluss / Da E10 für zu viele ein gutes Geschäft bietet, sind selbst gute Lobbyisten wie Greenpeace machtlos

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-12 vom 01. September 2012

Profiteure im Überfluss
Da E10 für zu viele ein gutes Geschäft bietet, sind selbst gute Lobbyisten wie Greenpeace machtlos

Bio-Sprit schütze das Klima, sagen die einen. Bio-Sprit schade dem Klima, so die anderen. Seit geraumer Zeit geht dieser Streit bereits durch die Medien. Doch welche Motive treiben die Befürworter und Gegner von Bio-Sprit eigentlich an?

Eigentlich hätte man denken müssen, dass Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und der BUND zu den Befürwortern des Bio-Sprits E10 gehören. Doch weit gefehlt. Sie verweisen darauf, dass E10 mitnichten das Klima schone, denn um die dafür nötigen Energiepflanzen wie Mais oder Zuckerrüben anzubauen, würden hierzulande weniger Lebensmittel angebaut, da es ja nur eine begrenzte landwirtschaftlich nutzbare Fläche gebe. Diese würden dann entweder anderswo angebaut, wo dafür Wälder abgeholzt würden, was dem Klima schade, oder sie würden fehlen, was den Hunger in der Welt vergrößere. Zudem sorge der Anbau der Energiepflanzen im großen Stil für Monokulturen, was den Boden auslauge und einen stärkeren Einsatz von Dünger zur Folge habe. Diese Positionen werden von Hilfsorganisationen wie der Welthungerhilfe geteilt, so dass man annehmen müsste, diese vielen Stimmen würden gehört. Doch weit gefehlt.

Hatte man bisher gerade Greenpeace perfekte Lobbyarbeit unterstellt und angenommen, sie würden bei Politik und Medien zumeist auf ein offenes Ohr stoßen, so zeigt der Fall des Bio-Sprits, dass dem nicht so ist. Offenbar gibt es Lobbys, die deutlich größeren Einfluss haben und die meisten Politiker so beeinflusst haben, dass diese – mit Ausnahme von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) – an E10 festhalten wollen, da es trotz guter Gegenargumente ihren Worten nach das Klima schütze.

Wer profitiert also am meisten vom Bio-Sprit? Als erstes fallen einem da natürlich die Landwirte ein, die dank E10 neben der Lebensmittelindustrie und -händlern nun weitere Abnehmer für ihre Produkte haben: die Mineralölkonzerne. Damit erhöht sich die Nachfrage und somit der Preis, den sie für ihr Produkt verlangen können. Und dass die von ihrer Lobbyarbeit im Vergleich zu Greenpeace und Co. deutlich unauffälliger auftretenden Landwirte durchaus erfolgreich sind, zeigt allein der Umstand, dass noch heute über 40 Prozent des EU-Budgets für die Förderung der Landwirtschaft vorgesehen sind, obwohl der Anteil dieser Branche am EU-Bruttoinlandsprodukt nur noch fünf Prozent (Deutschland zwei Prozent) beträgt.

Außer der Landwirtschaft verdienen auch Lebensmittelkonzerne an der gestiegenen Nachfrage nach Energiepflanzen. So wundert es nicht, dass Südzucker immer wieder betont, dass E10 keineswegs für Lebensmittelknappheit sorge und Niebels Forderung nach einer Aussetzung des Bio-Sprits-Verkaufs unnötig sei.

Allerdings wurden 2011 2,1 Millionen der 16,7 Millionen Hektar Anbaufläche in Deutschland für Energiepflanzen verwendet wird, 2020 sollen es vier Millionen Hektar sein. Verdrängung von Lebensmittelpflanzen zugunsten Energiepflanzen ist angesichts des steigenden Flächenbedarfs nicht auszuschließen. Doch eine höhere Nachfrage steigert die Preise für die Produkte, das Land und übrigens auch den verstärkt benötigten Dünger, der bei ausgelaugten Böden aufgrund von einseitiger Bepflanzung notwendig wird.

Zu den Profiteuren von Bio-Sprit gehören auch noch die Autohersteller. Ihre Autos sollen weniger Kohlenstoffdioxid (CO2) ausstoßen, da dies laut Ansicht der EU die von Brüssel unterstellte Klimaerwärmung bremse. „Den Autoherstellern ist es aber gelungen, mit der Anrechnung der Bio-Spritbeimischung den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeugflotten zu senken, ohne sparsamere Autos anbieten zu müssen“, so Rüdiger Rosenthal, Pressesprecher des BUND auf PAZ-Anfrage.

Und auch wenn es manchen erstaunt, so zählen ebenfalls die Mineralölkonzerne zu den Profiteuren. Durch die zehnprozentige Beimischung von Bio-Sprit bei E10 sparen sie die begrenzten Erdöl-Ressourcen. Zudem können sie den Eindruck erwecken, umweltfreundlich zu sein, denn schließlich würden sie ja zumindest aus Sicht einiger mit E10 das Klima schonen. Auch kann man ihnen unterstellen, an E10 gut zu verdienen, da Super-Benzin an den Tankstellen nach Experten-Sicht nicht aufgrund höherer Herstellungskosten zwei Cent teurer ist. Es sieht eher so aus, dass Super-Benzin teurer gemacht wird, um den Absatz von E10 zu erhöhen. Da dies ganz im Sinne der Politik ist, toleriert sie stillschweigend die Methoden.

Die deutsche Politik profitiert offenbar gleich mehrfach von E10. Da der Bio-Sprit einen geringeren Wirkungsgrad als normales Benzin hat, muss der Käufer mehr tanken, woran der Staat über Steuern massiv mitverdient. Zudem erfüllt dieser mit E10 EU-Vorgaben. Zwar hat Brüssel nie direkt gefordert, dass Pkw mit Bio-Sprit fahren sollen, allerdings hat die EU verlangt, dass bis 2020 im Rahmen der eigenen Klimaschutzziele der Anteil an Biokraftstoffen am gesamten Energieverbrauch im Verkehr zehn Prozent betragen soll. Wie die jeweiligen EU-Länder das Ziel erreichen, war Brüssel egal. Auch Hybrid-Autos, effizientere Motoren oder Busse, die mit Bio-Sprit oder Wasserstoff fahren, hätte man anerkannt.

Berlin entschied sich für die Einführung von E10. Um jetzt noch andere Wege zur Erfüllung der Quote und zur Vermeidung von Strafzahlungen zu gehen, dürfte es zu spät sein. Und obwohl es gute Argumente gegen E10 gibt, werden diese von Brüssel wie Berlin ignoriert. Gute Argumente, die die gesamte Sinnhaftigkeit des Klimaschutzes nach EU-Art infrage stellen, werden sogar entsetzt bekämpft. Und so stehen Greenpeace, der BUND und die Welthungerhilfe mit Niebel allein auf weiter Flur. Da zu viele an E10 verdienen und die deutschen Autofahrer nach anfänglichem Widerstand wohl aufgrund der Preisunterschiede zwischen Super und E10 dieses nun doch vermehrt tanken, wird es den umstrittenen Kraftstoff noch weiter geben. Rebecca Bellano


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