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01.09.12 / Auf die Alten kommt es an / Floridas Wähler sind wankelmütig – Demokraten wie Republikaner werben um Senioren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-12 vom 01. September 2012

Auf die Alten kommt es an
Floridas Wähler sind wankelmütig – Demokraten wie Republikaner werben um Senioren

In der tropischen Hitze von Tampa, Florida, tagte in dieser Woche der Parteitag der Republikaner. Ein patriotisches Szenario in Blau-Weiß-Rot mit Sternen und Elefanten in allen Formen empfing die Tausende von Delegierten samt Familien, Ehrengästen und Presse zu der traditionellen gigantischen Show vor der Wahl (die Demokraten folgen ab Labour Day, 3. September, in North Carolina). Kein anderes politisches Ereignis bietet den Parteien die Gelegenheit, vor einem Millionen-Publikum über Fernsehen und Internet Einheit zu demonstrieren, ihre Botschaft zu verkünden und ihre Kandidaten zu verkaufen. Vor vier Jahren sahen mehr Fernsehzuschauer die Rede des jetzigen US-Präsidenten Barack Obama als das Finale von „American Idol“ oder die Olympischen Spiele von Peking. Das Volk macht sich von den Parteitagen und den Reden der Kandidaten ein oftmals entscheidendes Bild für die Wahl.

Nachdem Mitt Romney weitgehend bekannt ist, ruht das Interesse diesmal auf dem Mann, den er sich erst kürzlich als sein „Running Mate“ für die Vize-Präsidentschaft erkoren hat: dem Kongressabgeordneten von Minnesota und dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses im Repräsentantenhaus, Paul D. Ryan (49). Der athletische, erzkonservative Liebling der Tea Party soll Dynamit in die oft steifen Auftritte von Romney bringen. „Comeback Team“ nennen sie sich jetzt, etwas voreilig, und gehen bereits voll in die Attacke. Ihre erste Station war Florida, der größte sogenannte Swing-Staat, in dem bei jeder Wahl alles möglich ist, da die Mehrheit der Wähler nicht auf eine Partei festgelegt ist. Florida hat den größten Bevölkerungsanteil über 65 Jahren und – neben seinen glanzvollen Badeorten – viele Menschen, die auf soziale Hilfe angewiesen sind. Florida zu gewinnen gilt für Romney als Muss. Wenn er dort verliert, sieht es schlecht aus. Obama gewann Florida das letzte Mal mit 65 Prozent. Damit das nicht wieder passiert, hat das „Comeback Team“ unter Führung von Ryan die Wahlthemen Jobs und Wirtschaft in den Hintergrund gedrängt und sich auf Obamas Gesundheitsreform, „Obamacare“ genannt, gestürzt. Um diese war es etwas still geworden, nachdem sie 2010 im Kongress als Gesetz durchgekommen und im Mai der vor dem Obersten Gerichtshof gelandete republikanische Einspruch abgeschmettert worden war.

Medicare ist das Krankensozialprogramm der Regierung für Senioren, Arme und Behinderte. Es wird finanziert aus einem Trust-Fonds. Damit Medicare nicht den US-Haushalt belastet, wurden auf Vorschlag des Weißen Hauses für die nächsten Jahre Kürzungen in Höhe von 716 Milliarden US-Dollar beschlossen. Diese werden jedoch nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen, vielmehr werden Zuschüsse gekürzt für Versicherungen, Hospitäler, Heime und ähnliche, die Medicare-Patienten betreuen. Dies geschah mit deren Zustimmung, da durch die Gesundheitsreform 30 Millionen zuvor unversicherte Patienten bei Notfällen nicht mehr kostenlos behandelt werden müssen. Die Kürzungen wurden auch dank der Unterschrift des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses wirksam, sprich Paul Ryan. Dieser legte gleichzeitig einen eigenen Budgetplan vor, den jetzt vielzitierten Ryan-Plan, der neben dem staatlichen Versicherer Medicare auch private Anbieter vorsieht.

Ja, und da beginnt für die Wähler die Verwirrung. Romney, der eigentlich gegen „Obamacare“ ist, will die alten und armen und vor allem wichtigen Wähler in Florida für sich gewinnen und stellte deswegen in Aussicht, die Kürzung rückgängig zu machen, wenn er ins Weiße Haus einzieht. Und Ryan? Der stimmt, den Vize-Präsidenten-Job vor Augen, dem notgedrungen zu.

Jedoch: Nach Einschätzung der Finanzexperten des Trust-Fonds verschaffen die Kürzungen dem Fonds acht weitere defizitfreie Jahre bis 2024. Ein Verzicht auf die Kürzungen würde hingegen den früher oder später vor dem finanziellen Kollaps stehenden Fonds bereits nach vier Jahren ins Defizit stürzen, so die Experten. Und was nun Ryans Reformvorschläge betrifft, so würden diese nach einer Untersuchung des überparteilichen „Congressional Budget Office“ selbst mit den 716 Milliarden Einsparungen den US-Haushalt nicht vor 2040 ausbalancieren.

Ist Paul Ryan Gewinn oder Achillesferse für Romney? „Er bringt Zündstoff in die Kampagne. Seine Jugend, sein Schwung ….“, so Sheila Ferguson, Krankenhaus-Managerin in Miami. „Die vergraulen uns mit ihrer Medicare“, klagt hingegen Schuldirektor Rick Jones. Am 6. November wissen wir es. Liselotte Millauer


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