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01.09.12 / Wissen, wer wir sind / Die Vergangenheit bewahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-12 vom 01. September 2012

Wissen, wer wir sind
Die Vergangenheit bewahren

Denkmalschutz ist in einer weitgehend geschichtsfernen Gesellschaft wie der unseren eine kulturelle und politische Aufgabe ersten Ranges. Die „Deutsche Stiftung Denkmalschutz“ und viele andere vergleichbare öffentliche und private Einrichtungen und Stiftungen sind Notwendigkeit wie Wohltat. Der vorliegende Lebens- und Arbeitsbericht „Erlebte Architektur. Gedanken und Erinnerungen eines Denkmalpflegers“ von Georg Friedrich Kempter verdient die Aufmerksamkeit der Geschichts- und Kulturbewussten im Land.

Kempter, von 1970 bis 2001 im Landesdenkmalamt Baden-Württemberg tätig, vermittelt ein plastisches Bild seiner Arbeit, die zum Teil noch in die Wiederaufbauphase in Westdeutschland fiel. Kempter konnte zum Beispiel die bis heute beliebte große Markthalle in Stuttgart vor dem Abbruchwahn bewahren und wesentliche Ideen zur Neugestaltung des Schlossplatzes der Landeshauptstadt beitragen. Belege dafür, wie der Denkmalschutz das seine tun konnte zur Restauration des vom Bombenkrieg so furchtbar zerstörten Vaterlandes. Das galt auch für einige Stuttgarter Altstadtstraßen und Villen des 19. Jahrhunderts, die vom Abbruch bewahrt und sinnvoll restauriert werden konnten. Ähnliche Beispiele bieten auch Würzburg, Kassel, München und Berlin. Kempter verbindet als Person wie in seinem Beruf Weltoffenheit und Patriotismus. In vielen Reisen hat er die islamische Weltregion ebenso kennengelernt wie Südasien bis zu den Tempeln von Ankor. Zu seinem Zuständigkeitsbereich gehörte auch der Schlösser- und Burgenreichtum Hohenlohes in Nordostwürttemberg und an Rems und Mur. Darüber hinaus engagiert er sich heute noch für die Erinnerung an die schwäbischen Staufer, „das edelste Geschlecht, das je die Kaiserkrone trug“. So berichtet er in seinem Buch unter anderem von den großartigen Oktogonalbauten der mittelalterlichen Kaiserzeit, dem Kaiserdom und der Pfalzkapelle in Aachen bis zum bekannten Castel del Monte Kaiser Fried-richs II. Selbst der Felsendom in Jerusalem und die vor zehn Jahren wieder errichtete Frauenkirche in Dresden zeugen von diesem Grundriss, ein wahrer Triumph des deutschen Wiederaufbaus ein halbes Jahrhundert nach der Zerstörungsorgie.

Die Erinnerungen und Gedanken des Stuttgarter Denkmalpflegers können der Minderheit jener im Land ans Herz gelegt werden, die noch wissen, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt und dass er kein würdiges, lohnendes Leben führen kann ohne die Anschauung und das Wissen um die Zeugnisse der kulturellen Herkunft. Die menschliche Existenz bedarf der Bewahrung der Vergangenheit für Gegenwart und Zukunft. Klaus Hornung

Georg Friedrich Kempter: „Erlebte Architektur. Gedanken und Erinnerungen eines Denkmalpflegers“, Centaurus Verlag, Stuttgart 2012, 321 Seiten, 27,80 Euro


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