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01.09.12 / Familienfrust / Vater leidet unter Schwiegertochter in spe und Job

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-12 vom 01. September 2012

Familienfrust
Vater leidet unter Schwiegertochter in spe und Job

Bei vielen ist er ein täglicher Begleiter: der alltägliche Familienwahnsinn. Und diesem ist das Mittelstandspaar Max und Dorit in Stefan Schwarz neuestem und urkomischen Roman „Das wird ein bisschen wehtun“ nahezu hilflos ausgeliefert. Nach „Hüftkreisen mit Nancy“ lädt Stefan Schwarz den Leser in seinem zweiten Roman auf ein Wiedersehen mit Max und seiner Familie ein. Diesmal erwartet den häufig etwas planlosen Familienvater jedoch eine ganz andere Art von Katastrophe, denn sein Sohn, der 18-jährige Konrad, bringt die erste Freundin mit nach Hause.

Das an sich wäre ja nicht allzu dramatisch, hätte die pausenlos plappernde Naddi nicht beschlossen, sich bei ihrem neuen Freund quasi einzunisten. Sie beansprucht nicht nur Platz im Badezimmer für ihre Kosmetik, sondern scheint auch davon auszugehen, dass sämtliche Gegenstände anderer Familienmitglieder geteilt werden, so auch Max’ Nassrasierer, der kurzerhand zur Entfernung von Naddis Sekundärbehaarung benutzt wird. Doch Max’ bereits mächtig überspannter Geduldsfaden beginnt erst zu reißen, als er, als leidenschaftlicher Nacktschläfer, nachts einen verhassten Pyjama anziehen muss, um aufs Klo zu gehen, und dann auch noch Zeuge des geräuschvollen Sexlebens seines Sohnes wird.

Doch nicht genug damit, dass der Familienvater sich sexuell von seinem Sohn in den Schatten gedrängt fühlt, auch beruflich gerät er durch seine sonst so charmante Art des „Laissez-faire“ in die Bredouille. Eine weitere böse Überraschung erwartet Max, als er seinen, von Vandalen zerkratzten gepflegten und gehegten Wagen in die Werkstatt bringt.

„,Du musst bezahlen!‘, sagte der Meister langsam und finster, und ich wunderte mich ein biss-chen, weil ich ihm nie das Du angeboten hatte. Aber vielleicht sackte man ja durch so eine Lack-schädigung in der Kundenhierarchie weit nach unten …, und weil ich das dann doch etwas dreist fand, beschloss ich ihn einfach zurückzuduzen. ,Aber du musst erst mal den Schaden reparieren!‘ … Der Meister erwachte aus seiner Finsternis. ,Haben Sie das nicht gelesen? Das sind nicht irgendwelche Kratzer. Hier hat jemand was auf ihr Auto geschrieben. Und zwar: Du‘. Er wies auf die Schwünge auf der Motorhaube. ,Must.‘ Er folgte mit dem Finger den Linien, die über die rechten Türen gekratzt worden waren. ,Bezalen!‘ … ,Ich mach Ihnen das weg, aber vielleicht zeigen Sie es vorher der Polizei?‘ ,Was sollen die damit machen? Eine Rechtschreibprüfung? Einen Schriftvergleich an allen Förderschulen der Stadt?‘“

Viel Stress erwartet den vom Schicksal arg gebeutelten Max in Stefan Schwarz’ zweitem Roman, und dennoch schafft es der chaotische Familienvater immer noch in letzter Sekunde, seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Frei nach dem Motto „Das Glück ist mit den Verzweifelten“ gibt Stefan Schwarz dem Leser nicht nur einiges zum Schmunzeln, sondern auch einiges zum Nachdenken mit auf den Weg.

„Das wird ein bisschen wehtun“ ist ein Roman voller Charme, Witz und einer gepfefferten Portion bitterer Wahrheit.

Vanessa Ney

Stefan Schwarz: „Das wird ein bisschen wehtun“, Rowohlt Berlin 2012, broschiert, 272 Seiten, 14,95 Euro


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