26.04.2024

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08.09.12 / Inszenierte Empörung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-12 vom 08. September 2012

Inszenierte Empörung
von Theo Maass

In Berlin-Wilmersdorf steht die russisch-orthodoxe „Erlöser-Kathedrale“. Dort sollte am vorvergangenen Wochenende  eine auf Facebook organisierte Protestveranstaltung gegen die Verurteilung der drei jungen Damen der Punkformation „Pussy Riot“ in Russland stattfinden. Die hatten mit einem „Punkgebet“ in einer Moskauer Kirche den Gottesdienst gestört und wollten ihre Aktion als politische Demonstration wahrgenommen sehen.

Die weltweite Empörung sei riesengroß, schreiben die meinungsführenden Blätter dieses Landes. Es mag sein, dass es in Deutschland und in anderen Staaten der Welt inzwischen möglich ist, religiöse Gefühle von Gläubigen zu verletzen und sie lächerlich zu machen. Die alternde und inzwischen auch politisierende „Pop-Diva“ Madonna gefiel sich in früheren Jahren auch mit provokanten – von vielen als abstoßend empfundenen – Auftritten, um sich öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen. Aber in Ländern, in denen religiöse Gefühle geschützt werden, ist das anders. Das sollte in Deutschland respektiert werden.

Auf Facebook war zu lesen, bis zu 90 Teilnehmer hätten ihr Kommen angekündigt. Das ist nicht gerade viel. „Kommt mit bunten Wollmützen über dem Kopf zur Russisch- Orthodoxen Kathedrale Berlin und sprecht euer Gebet zu Ehren der verurteilten Pussy Riot“, hieß es in dem Internet-Portal. Groß war die Vorberichterstattung. Danach war gar nichts mehr zu lesen. Nanu? Reicht Wladimir Putins Arm bis zu uns? Ist die veröffentlichte Empörung über die Verurteilung von „Pussy Riot“ im Speziellen und die Wiederwahl  Wladimir Putins im Allgemeinen etwa abgeebbt? Die Antwort darauf konnte der aufmerksame Radiohörer in einer kleinen Meldung des Radio-Regionalprogramms des öffentlich-rechtlichen Senders RBB am späten Nachmittag erfahren. Es war niemand da. Nicht ein einziger Demonstrant hatte seine auf Facebook gegebene Zusage eingelöst. Im Radio lamentierte ein Redakteur. In Köln waren an dem Wochenende immerhin drei Randalierer gekommen, die im Dom einen Gottesdienst störten, um Solidarität mit  „Pussy Riot“ zu zeigen.

So drängt sich der Verdacht auf, dass die Meinungsindustrie gelegentlich versucht, Kampagnen in Szene zu setzen, die mit der Befindlichkeit der Menschen nichts gemein haben. Wer empörte sich über Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“? Die Medien, nicht die Bürger, das Buch war ein Renner. Wer wollte am Beispiel Nadja Drygallas die Sippenhaftung in Deutschland wieder einführen? Ist die Bestrafung „Pussy Riot“ gar ebenfalls so ein angeblicher „Aufreger“, der bloß in den Medien stattfindet?


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