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15.09.12 / Stachel im Fleisch der Etablierten / Linke Medien werfen »Freien Wählern« wegen Euro-Kritik rechten Populismus vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-12 vom 15. September 2012

Stachel im Fleisch der Etablierten
Linke Medien werfen »Freien Wählern« wegen Euro-Kritik rechten Populismus vor

Obwohl bisher nicht gewiss ist, ob die bereits in mehreren Landtagen vertretene Bürgerbewegung auch Bundespolitik machen kann, so verärgern die „Freien Wähler“ mit ihrer Kritik an der Euro-Rettung die etablierten Parteien und linken Medien massiv.

„Schuldenschnitt statt Armutsrevolte“, fordern die „Freien Wähler“ mit Blick auf Griechenland. Mit „fünf Prozent plus x“ wollen sie 2013 in den Bundestag einziehen. Bereits 2008 baute die politische Kraft, die sich nicht gern als Partei sieht, mit 10,2 Prozent der Wählerstimmen bei der Landtagswahl in Bayern eine deutliche Drohkulisse gegen die etablierten Parteien auf. Damals deuteten Parteienforscher den Erfolg als Kampfansage an die CSU. „Ministerpräsident Horst Seehofer beschimpft die ,Freien Wähler‘ deshalb gerne als ,Wurmfortsatz der linken politischen Kräfte‘“, schreibt nun „Der Freitag“. Das linke Leitmedium stellt die „Freien Wähler“ wegen deren Euro-Kritik allerdings in die braune Ecke: Die NPD laufe mit, so der Vorwurf. Auch das Magazin „Cicero“ polemisierte im Juni gegen die Bürgerbewegung: „Mit Europopulismus in den Bundestag“.

Einen „unbekannten Riesen“ nennt Ulrich von Alemann die „Freien Wähler“. Der Politikwissenschaftler an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf bringt damit die Möglichkeiten der seit Juni endgültig zum bundesweiten Auftritt entschlossenen Formation auf den Punkt. Spätestens seit den Europawahlen 2009 sind die „Freien Wähler“ mehr als eine provinzielle Größe. Nach Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein wuchsen auch in anderen Bundesländern mitgliederstarke Landesverbände heran. In Rheinland-Pfalz, Heimat von CDU-Altkanzler Helmut Kohl, konnte die Truppe bei den Kommunalwahlen 2009 stolze 11,5 Prozent verbuchen. Jetzt, da die Partei juristisch und politisch gegen den ESM vorgeht und sich bundesweit ausweitet, bedroht sie Europa-Kurs wie Machtgefüge der anderen Parteien mehr als jede andere Gruppierung einschließlich der auf Internetthemen fixierten Piraten.

Stephan Werhahn, Enkel von Konrad Adenauer und ehemaliger Weltbankangestellter, ist von der CDU zu den „Freien Wählern“ übergetreten. Wenn er und andere prominente Neuzugänge vor den Gefahren der Euro-Krise und den politischen Rettungsversuchen der etablierten Parteien in den Medien warnen, gehen den anderen Parteien regelmäßig die Argumente aus. Der Landesverband Sachsen-Anhalt nahm im Dezember 2011 den Mitgliedsantrag von Hans-Olaf Henkel entgegen. Die Aufnahme des renommierten Wirtschaftsexperten und einstigen Präsidenten des Bundesverbandes der Deutscher Industrie (BDI) stellt eine weitere Aufwertung auf dem Weg zur „Alternative für Bürgerliche“ dar. „Cicero“ hält nun dagegen: „Was den Piraten gerne zum Vorwurf gemacht wird, ist bei den ,Freien Wählern‘ Programm: Nämlich kein Programm.“

Der Erfolg der „Freien Wähler“ bedroht Bayerns bröckelnde FDP. Ohne die Liberalen als möglicher Bündnispartner droht ein jahrzehntelanger Traum der Linken, die Entmachtung der CSU in Bayern und damit Schleifung einer konservativ-bürgerlichen Bastion, zu scheitern. Nur Rot-Gelb-Grün könnte zusammen auf eine Mehrheit gegen die CSU hoffen, so der Tenor im „Freitag“. Dass die „Freien Wähler“ statt der FDP deren strategische Rolle dabei übernehmen, ist indes unwahrscheinlich. „SPD-Spitzenkandidat Christian Ude findet den Kurs der ,Freien Wähler‘ bedenklich und ist sich ,nicht so sicher‘, ob ein Bündnis möglich ist“, stellt „Der Freitag“ fest. Der Grund sei, dass sich NPD-Sympathisanten bei Demonstrationen der „Freien Wähler“ gegen den Euro eingefunden hätten, so das Blatt.

Die „Freien Wähler“ geraten nicht umsonst in das Fadenkreuz der Linken: Wie kaum eine andere politische Kraft setzt sich die einstige Antipartei mit der Euro-Krise, den Rettungsschirmen der europäischen Politik und den Folgen unbegrenzten Aufkaufs von Staatsanleihen durch die EZB kritisch auseinander. Anders als die CSU sind die „Freien Wähler“ dabei nicht auf Rücksichtnahmen zur CDU gezwungen. Somit prallt an ihnen der übliche Vorwurf gegen bayerisch-konservative Politik ab, sie könne zwar laut brüllen, werde am Ende aber doch unterzeichnen. Mit dem Volksbegehren „Nein zu Studiengebühren“ oder der „Regionalen Energieoffensive“ nach dem Motto: „Die Freien Wähler wissen, dass in der Energiewende die Chancen der Zukunft liegen“, vertreten die nun Gescholtenen zudem keineswegs „rechte“ Positionen. Vielmehr zeigen sie sich linksliberalen Bürgern gegenüber offen. Dafür spricht auch das Eintreten für direkte Demokratie. Medienliebling und Stoiber-Gegnerin Gabriele Pauli wollte die Partei indes nicht wieder aufnehmen: Sie sei „einfach nicht integrierbar“, stellte Hubert Aiwanger, Bundesvorsitzender der „Freien Wähler“, fest. Aiwanger präsentierte im Juni nicht nur erneut den Anspruch, bundesweit auftreten zu wollen, er grenzte sich zudem deutlich von Berlin ab: „Schwarz-Rot-Grün-Gelb ist eine Versagertruppe.“ Dieses Signal, in den Themen- und Meinungskonsens der etablierten Parteien nicht einstimmen zu wollen und dem Berliner Rettungsschirm einen „Rettungsschirm gegen Altersarmut“ gegenüberzustellen, ist nun angekommen – beim Wähler und der Konkurrenz. Sverre Gutschmidt


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