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15.09.12 / Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-12 vom 15. September 2012

Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth
Frankfurter Hütchenspieler / Schuld- und Schundpapiere für einen Appel und ein Ei / Kleine Scheine für Rentner / Wulff schickt Frau Bettina vor

Nun geht die Party erst richtig los. Südlich der Alpen war wieder mal alles bunga-bunga, nachdem der Mario Draghi seinen großen Einkaufszettel geschwenkt hatte. Da jubelte der Süden: Wir brauchen keine Euro-Bonds, wir haben die EZB. Das ist viel besser, denn die Europa-Banker drucken das Geld, das sie für ihre Großeinkäufe benötigen. Damit kaufen sie jedes noch so üble Schuld- und Schundpapier – und das kostet den Schuldner an Zinsen nicht mehr als einen Appel und ein Ei. Und das tollste daran ist: Das frisch gedruckte Geld, mit dem der Draghi seine Europa-Banker überall dort einkaufen lassen wird, wo man jammernd am Fuße der Schuldenhalde auf den Abgang der Lawine wartet, das Geld gibt es gar nicht. Jedenfalls nicht so richtig. Darum kann es auch nicht Auslöser einer Inflation sein – sagt der Dra-ghi. Wie macht der Mann das bloß?

Na, ganz einfach macht er das. Wie jeder Hütchenspieler, der die Erbsen unter seinen drei Hütchen so geschickt wandern lässt, dass auch aufmerksame Beobachter in der Regel keinen Schimmer haben, wo sich die Erbsen zurzeit gerade befinden. Hütchenspieler verdienen mit ihren Tricks und Mogeleien Geld. Offenbar hat der Draghi ähnliches vor. Seine Europäische Zentralbank, sagt er, wird das zum Ankauf der Staatsanleihen produzierte (und somit wahrscheinlich auch ausgegebene Geld) dem Bankensystem wieder entziehen. Aha! Ist ganz einfach, muss man bloß drauf kommen. Erst zaubert man Geld in die Kasse, indem man die Notenpresse anwirft und dann zaubert man – Simsalabim – das neue Geld einfach wieder weg. Das müsste doch jedes Kind verstehen.

Vielleicht weiß der Mann das selbst noch nicht so ganz genau. Aber irgendetwas wird ihm schon einfallen. Seit der Euro unter Schwindsucht leidet, ist den Euro-Bankern und den Politikern immer noch etwas eingefallen. Genutzt hat es bisher zwar nicht viel, im Gegenteil, die Symptome des Siechtums haben sich verstärkt, aber eingefallen ist den Beteiligten allerhand. Richtig Geld ist dabei auch schon vernichtet worden. Da wird es doch höchste Zeit, dass nachgedruckt wird.

Das muss man nicht verstehen, denn zugegebener Maßen ist alles komplizierter geworden in unserer modernen, arbeitsteiligen Welt. Wenn früher der Schatzmeister eines Fürsten nicht mehr auskam mit den Talern und Schillingen, die er aus Gold oder Silber prägen lassen musste, dann neigte schon mal der eine oder andere dazu, das Edelmetall durch ein paar unerlaubte Zugaben von weniger edlen Metallen zu strecken. Das machte doch nichts, das merkte (vielfach) doch keiner. Wenn es dann aber doch einmal einer merkte, weil die Münze nicht den richtigen Biss hatte, dann schalt man den Schatzmeister (oder den Fürsten) einen Falschmünzer. Das kann man den Damen und Herren von der EZB nun wirklich nicht vorwerfen. Sie verändern das Material nicht. Das Papier für die vielen bunten Scheine bleibt das gleiche. Es bleibt auch gleichbleibend geduldig.

Aus der Bundeshauptstadt heißt es, der Auftrag der EZB sei es, den Euro stabil zu halten. Und genau das passiere, wenn nun die Notenpresse rattere und Staatsanleihen ohne Limit gekauft werden. Wie bitte? Haben wir nicht alle schon das Gegenteil gehört, hemmungslose Vermehrung des Geldes entwerte das Geld? Aber offenbar nicht, wenn der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden soll. Zumindest in diesem Fall stimmt eine angejahrte Erkenntnis immer noch: Der Zweck heiligt die Mittel.

So eine schwierige Aktion klappt selbstverständlich nicht auf Anhieb. Dazu muss man schon ein bisschen mehr einsetzen als lumpige 200 Milliarden Euro. Die hat die EZB schließlich bereits 2010 und 2011 abgedrückt, um Staatsanleihen von vier Wackelkandidaten zu kaufen. Und, hat es genutzt? Eher nein, sie wackeln immer noch. Da verpuffen die Bazooka und die Dicke Berta, die der Draghi so emsig in Stellung gebracht hat. Diese Krise ist von anderem Kaliber. Deshalb verstecken sich die Politiker auch so gerne hinter dem wunderbaren Herrn Draghi. Er darf alles, wenn er nur macht, was die Politiker gerne machen würden, aber nicht dürfen. So lange der Ausgang der Aktion ungewiss ist, wird mit der EZB über Bande gespielt.

Wird schon gut gehen. Wenn nicht, dann trägt der Draghi die Schuld und sonst niemand. Aber der hat ja ganz strenge Kontrollen versprochen. Das hat uns alle beruhigt. Nur seltsam, erst jetzt, eine Woche nach dem Beschluss, maroden Staaten bei der Konkursverschleppung unter die Arme zu greifen, fangen sie bei der EZB an, sich Gedanken über Form und Ausmaß dieser Kontrollen zu machen.

Trotz allem: gibt es nicht genügend Hinweise, dass all diese Ängste um den Euro und vor einer Inflation jeglicher Grundlage entbehren? Beispielsweise ist bisher nicht durchgesickert, die neuen Euro-Scheine erhielten ein paar Nullen mehr aufgedruckt. Es bleibt bislang bei den bisher bekannten Wertangaben – das ist, bitteschön, ein Beitrag zur Stabilität, der gar nicht hoch genug anerkannt werden kann.

Die Ziffern klein zu halten, ist auch aus einem ganzen anderen Grund empfehlenswert. Die werden für die Rentner gebraucht. Für die sind kleine Scheine eine vorbeugende Maßnahme. Vor allem eine, deren Notwendigkeit wirklich garantiert werden kann. Für die Renten selbst kann diese Garantie nicht gegeben werden. Für keine, egal ob Umlagen-Rente, Riester-Rente, Zuschussrente, Solidarrente oder Betriebsrente. Mit Sicherheit werden demnächst noch ein paar neue Renten dazu kommen. Der Erfolg kann aber nicht einmal so sicher garantiert werden wie der Eröffnungstermin des Flughafens Berlin Brandenburg. Sicher an der Rente ist anscheindend nur: Sie wird nicht ausreichen. Da ist es ganz nützlich, ein paar Geldscheine mit kleiner Wertangabe vorrätig zu halten.

Beim Rückblick auf die vergangene Woche kommen wir um eine heikle Frage nicht herum: Wer war es? Diese Frage dürfte in nächster Zeit die Gemüter mehr bewegen, als alle Draghis es vermögen. Bettina Wulff, Ehefrau des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff, hat uns diese Frage eingebrockt. Am vergangenen Freitag hatte sie bekanntermaßen beim Hamburger Landgericht Klage gegen den Moderator Günter Jauch und den Konzern der Suchmaschine Google eingereicht. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete am gleichen Tag, Bettina Wulff wehre sich gegen das Gerücht, sie habe in der Vergangenheit Verbindung zum Rotlichtmilieu gehabt. Dies Gerücht war nicht neu und fast schon wieder vergessen. Nun wird es wieder hochgekocht werden. Die Zeitung garnierte den Bericht allerdings mit einer neuen Zutat: „Nach Recherchen der ,Süddeutschen Zeitung‘ haben CDU-Kreise in Hannover seit 2006 das Gerücht gestreut, Bettina Wulff habe früher angeblich im Rotlichtmilieu gearbeitet. Die Denunziation sollte offenbar vor allem Christian Wulff treffen.“

Moment mal, hat der Wulff nicht auch das Parteibuch der CDU? War er 2006 von seiner Partei nicht noch als der nette Junge von nebenan präsentiert worden?

Die Steigerung des Begriffs „Feind“ ist altbekannt: Feind – Todfeind – Parteifreund. Dass darin mehr als ein Körnchen Wahrheit steckt, ist jedem klar. Es gibt genügend Plätze auf der Welt, die man sich als Brutstätte einer solchen Rufmordkampagne vorstellen kann. Aber ausgerechnet Hannover? Und warum wird die Urheberschaft der Schmutzkampagne jetzt plötzlich angedeutet? Ob Frau Bettina oder ob sie nicht …, das ist eine Frage, der jetzt mit Sicherheit andere nachgehen werden. Ob aber Christian Wulff nach seinem unrühmlichen Abgang nun zum Gegenschlag ausholt, das ist unsere Frage: Wer war es? Bereits im März, als Christian Wulff zurücktrat, hatten wir an dieser Stelle gewarnt: „Vorsicht, der Mann droht wiederzukommen!“ Frau Bettina hat er schon mal vorgeschickt.


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