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22.09.12 / Anbiederung statt Opposition / Brandenburgs CDU macht sich mit dem Putsch gegen Saskia Ludwig fein für Koalition mit der SPD

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-12 vom 22. September 2012

Anbiederung statt Opposition
Brandenburgs CDU macht sich mit dem Putsch gegen Saskia Ludwig fein für Koalition mit der SPD

Nach dem Putsch gegen Saskia Ludwig könnten sich schnell die Zustände wiedereinstellen, die für lange Zeit Kennzeichen der märkischen CDU waren: Zerstrittenheit und politische Bedeutungslosigkeit.

Sie habe die rot-rote Koalition zu hart attackiert und Medienvertretern Parteilichkeit zugunsten der regierenden SPD vorgeworfen. Es sind erstaunliche Vorwürfe, die den erzwungenen Rücktritt Saskia Ludwigs (CDU) vom Amt der Fraktions- und Landesvorsitzenden begleiten. Je größer der zeitliche Abstand zur Entmachtung der Politikerin wird, desto deutlicher wird die Motivation, die eine Vielzahl ihrer parteiinternen Kritiker angetrieben zu haben scheint. Mit ihrem klaren Oppositionskurs zur SPD stand Ludwig denjenigen im Wege, die von vornherein eine Koalition mit der SPD nach den Landtagswahlen im Jahr 2014 anstreben.

Nimmt man das Ausmaß des Kesseltreibens innerhalb der eigenen Partei und die Vorwürfe gegen Saskia Ludwig zum Maßstab, dann scheint für einen Großteil der märkischen CDU das Ziel, einmal stärkste politische Kraft in Brandenburg zu werden, längst abgehakt. Insgeheimes Parteiprogramm scheint stattdessen zu sein, sich durch handzahme Oppositionsarbeit als Juniorpartner einer ewig dominierenden SPD zu empfehlen.

Kaum anders ist zu erklären, dass sich Ludwig tatsächlich den Vorwurf eines zu harten Attackierens der Platzeck-SPD anhören musste. Dass Ludwigs Kurs mit Umfragewerten von 24,5 Prozent der Brandenburger Union ungewohnt hohe Zustimmung gebracht hat, scheint weite Teile der Partei erstaunlicherweise kaum zu interessieren. Die politische Kaltstellung Ludwigs scheint nicht nur für den CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski den Weg zu einem Karrieresprung freigemacht zu haben. Zwar hat man sich in der Partei bereits darauf verständigt, dass der CDU-Generalsekretär den Fraktionsvorsitz übernimmt, dass er aber zusätzlich den Landesvorsitz erhält, gilt mittlerweile als unwahrscheinlich. Die Stimmung in der Partei scheint auf eine personelle Trennung von Fraktionsvorsitz und Landesvorsitz hinzulaufen.

Im Gespräch für den Landesvorsitz, der am 17. November gewählt werden soll, ist inzwischen unter anderem die Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel, Dietlind Tiemann. Das Ex-SED-Mitglied Tiemann hat es zwar geschafft, die Oberbürgermeisterwahl in der als SPD-Hochburg geltenden Stadt mit 56,4 Prozent zu gewinnen, innerparteilich genießt sie allerdings kaum Rückhalt. Besser stehen die Chancen für Michael Schierack. Der CDU-Kreis-chef von Cottbus geht ideologischen Debatten meist aus dem Weg, gilt als volksnah und konzentriert sich auf brandenburgische Themen. Ambitionen werden auch dem frühere Parteivize Sven Petke und der Ex-Ministerin Barbara Richstein nachgesagt. Keiner der für den Landesvorsitz gehandelten Namen verspricht allerdings, dass die märkische CDU wieder ein so scharfes Profil als Oppositionskraft herausarbeitet, wie unter Ludwig.

Sehr schnell könnte sich bewahrheiten, was der CDU-Haushaltsexperte Ludwig Burkardt als Folge des Rück-tritts von Saskia Ludwig sieht: „Damit ist die brandenburgische CDU wieder dort angelangt, wo sie vor 22 Jahren einmal begonnen hat. Bei der Regierung knallen die Sektkorken.“ Mit dem Verzicht auf ernsthafte Oppositionsarbeit zur rot-roten Koalition und der absehbaren Machtzersplitterung an der Spitze der märkischen CDU sind tatsächlich beste Bedingungen dafür geschaffen, dass sich die Partei bald in Zuständen wiederfindet, die unter Ludwig als überwunden galten: eine zerstrittene Partei, die weitgehend bedeutungslos irgendwo unter der 20-Prozent-Marke dahinvegetiert.

Welche Zustände über lange Zeit im Landesverband geherrscht haben, wird am besten an der Zahl des verschlissenen Spitzenpersonals in der noch kurzen Geschichte der Nachwende-CDU deutlich. Als Landesvorsitzende hatte Ludwig seit 1990 acht Vorgänger, als Fraktionsvorsitzende sogar neun. Auch wenn sich Ludwig noch bedeckt gibt, ist keineswegs ausgeschlossen, dass sie sich zu einem späteren Zeitpunkt in der Landes-CDU wieder stärker einmischt, denn trotz erzwungenem Rück-tritt von Fraktions- und Landesvorsitz ist sie immer noch Vorsitzende des Kreisverbandes Potsdam-Mittelmark. Es ist nicht nur der mächtigste Kreisverband der märkischen Union, Ludwig hat dort auch immer noch breiten Rückhalt.

Zur zusätzlichen Belastung für die CDU könnten sich nach dem Sturz Ludwigs Vorwürfe entwickeln, die nun gegen den ehemaligen CDU-Landeschef und Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns erhoben werden. Die Anti-Korruptionsorganisation „Transparency International“ wirft dem Ex-Minister vor, noch innerhalb einer üblichen Karenzzeit von drei Jahren für ein Unternehmen tätig geworden zu sein, mit dem er als Wirtschaftsminister selbst befasst gewesen war. Konkret geht es um die Solar-Fima „Odersun“, für die Junghanns mit seiner Beraterfirma bereits ein Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Wirtschaftsministers tätig gewesen sein soll. Während seiner Amtszeit waren der Firma 13,4 Millionen Euro an Fördergeldern gezahlt worden. Die spätere Beratertätigkeit von Junghanns soll dazu geführt haben, dass von seinem Nachfolger als Wirtschaftsminister Ralf Christoffers („Die Linke“) nochmals Landesbeihilfen von drei Millionen Euro für die Firma genehmigt worden sind. Norman Hanert


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