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22.09.12 / Kaukasus glimmt wieder / Tschetscheniens Präsident will mehr Geld von Moskau − Förderprogramm beendet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-12 vom 22. September 2012

Kaukasus glimmt wieder
Tschetscheniens Präsident will mehr Geld von Moskau − Förderprogramm beendet

Seit er 2007 mit Wladimir Putins Unterstützung Präsident von Tschetschenien wurde, gilt Ramsan Kadyrow als Garant für Ruhe und Ordnung in dem von Kriegen gezeichneten Land. Seine Kremltreue wurde in der Vergangenheit mit Finanzspritzen aus Moskau belohnt.

Ramsan Kadyrow kann auf einige Erfolge zurückblicken. Es gelang ihm dank des russischen Förderprogramms zum Wiederaufbau die Spuren der Kriege zu beseitigen. Die Hauptstadt Grosny ist inzwischen zu einer modernen Metropole geworden. Allerdings lässt Kadyrow sich einen Kult um seine Person gefallen und setzt sich gern medienwirksam in Szene. Als er kürzlich einen Bruderzwist mit der benachbarten Republik Inguschetien vom Zaun brach, drohte die scheinbare Stabilität in der Region erneut zu zerbrechen. Anlass für den Streit mit dem ebenfalls kremltreuen Nachbarn Junus-Bek Jewkurow war eine Explosion im inguschetischen Dorf Galaschki nahe der Grenze zu Tschetschenien. Während Jewkurow behauptete,  zwei Banditen hätten die Explosion selbst ausgelöst, spricht Kadyrow von einer erfolgreichen Anti-Terror-Operation tschetschenischer Einheiten und wirft der inguschetischen Führung Versagen bei der Bekämpfung des Extremismus vor. Kadyrow drohte mit einer Revision des Grenzverlaufs, wobei er sich auf Dokumente von 1934 beruft, denen zufolge zwei Bezirke im Osten und Norden Inguschetiens − Sunschenki und Malobek − zu Tschetschenien gehören. Nach dem Zerfall der Sowjetunion erklärte Tschetschenien seine Unabhängigkeit, während Inguschetien sich für den Verbleib bei Russland entschied. Eine offizielle Grenze wurde nirgends schriftlich festgehalten. Ramsan Kadyrow beruft sich zusätzlich darauf, mit

Moskau vor der russischen Präsidentenwahl vereinbart zu haben, bis nach der Wahl zu warten, um dann eine endgültige Grenzregelung herbeizuführen. Inguschetien würde bei einer Grenzziehung im Sinne Kadyrows zwei Drittel seines Territoriums einbüßen. Falls es eine Absprache mit Moskau gegeben hat, kann Kadyrow sie nur mit Wladimir Putin getroffen haben, dessen Rückkehr ins Präsidentenamt zu der Zeit schon sicher war. Im Frühjahr lobte Kadyrow Putin zudem als einzigen russischen Politiker, auf den man sich verlassen könne.

Beobachter berichten, dass Kadyrow von Jahr zu Jahr selbstbewusster und gegen-über der Zentralregierung in Mos-kau unabhäniger wird, und glauben, dass der Kreml die Kontrolle über den Kaukasus aufgrund einer nachlässigen Politik allmählich verliert. Für eine friedliche Kaukasuspolitik hatte sich zuletzt Dmitrij Medwedjew eingesetzt und mit der Gründung des neuen Nordkaukasischen Regierungsbezirks und mit der Einsetzung des Generalgouverneurs Alexander Chloponin auf Entspannung gesetzt. Chloponin rügte das Verhalten der beiden Streithähne und forderte sie auf, die Diskussion um Grenzen und gegenseitige Beleidigungen unverzüglich zu beenden. Gleichzeitig kündigte er die Bildung zweier Kommissionen ein, zu welchem Zweck und zu welchem Zeitpunkt, ließ er aber offen.

Vieles deutet darauf hin, dass Kadyrow, dessen Regierung seit 2002 bis 2011 jährlich Milliarden Rubel für den Wiederaufbau Tschetscheniens erhalten hat, den Kreml testen will. Im vergangenen Jahr endete das Förderprogramm und Tschetschenien erhielt in diesem Jahr nur noch 102 Millionen Euro Unterstützung aus Moskau. Kadyrow forderte Regierungschef Medwedjew auf, weitere Mittel für die Tilgung tschetschenischer Schulden bei der russischen Landwirtschaftsbank zur Verfügung zu stellen. Als Druckmittel kommt Kadyrow ein Nachbarschaftstreit sehr gelegen. Manuela Rosenthal-Kappi


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