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22.09.12 / Realität widerspricht OECD / Dort, wo angeblich Bildungsaufsteiger leben, ist Arbeitslosigkeit hoch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-12 vom 22. September 2012

Realität widerspricht OECD
Dort, wo angeblich Bildungsaufsteiger leben, ist Arbeitslosigkeit hoch

Bei der Vorstellung der neuesten Studie „Bildung auf einen Blick“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) in Berlin gab es eine Art Saalschlacht. Vertreter aus der Politik wollten es nicht länger auf sich sitzen lassen, was die Forscher der OECD über das deutsche Bildungssystem im internationalen Vergleich vermeintlich herausgefunden hatten.

Aufregung verursachte vor allen Dingen der neue Indikator der OECD-Forscher, der angebliche Bildungsaufstiege oder -abstiege messen sollte. Danach läge Polen mit 64 Prozent Bildungsaufsteigern weit vor Deutschland mit nur 20 Prozent Bildungsaufsteigern, aber 59 Prozent Bildungsabsteigern.

Wie war die Statistik entstanden? Nach der Logik der OECD-Leiterin des Bildungssektors, Barbara Ischinger, garantiert ein Hochschulabschluss quasi automatisch den zufriedenen und gut bezahlten Arbeitnehmer. Dementsprechend verglichen die Forscher die Hochschulabschlüsse der Eltern mit denen der Kinder und kamen auf diese Weise zu ihren erstaunlichen Ergebnissen. Welches Niveau das Abitur oder ein sogenannter Hochschulabschluss in den jeweiligen Ländern hat, blieb dabei nahezu außer Acht. Welche qualitativen Maßstäbe an diese Ausbildungsgänge gelegt wurden, interessierte die Forscher nicht. Dass man etwa ein deutsches Abitur keinesfalls mit einem französischen Bakkalaureat vergleichen kann, der Bachelor einer Krankenschwester in der Schweiz keinesfalls mit einer deutschen, akademischen Qualifikation zu vergleichen ist, wollten die OECD-Leute nicht wissen.

So entstanden kuriose Ergebnisse, die deutsche Bildungspolitiker dann kritisierten. So bezeichnete etwa die Staatssekretärin im Bundesbildungsministerium, Cornelia Quennet-Thielen, es als „Unding“, dass die berufliche und duale Ausbildung bei der OECD nicht ausreichend gewürdigt werde. Auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan kritisierte im Bundestag, dass Abiturienten von akademisch ausgebildeten Eltern, die den Weg der beruflichen Bildung eingeschlagen hätten, in die Kategorie „Abstiegsmobilität“ fallen würden. Schließlich würden die Absolventen einer beruflichen oder dualen Ausbildung auch als „Facharbeiter“ gut bezahlte Arbeitsstellen und hoch qualifizierte Berufe erreichen.

Verärgert zeigte sich daher auch Hans Heinrich Driftmann, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, in einem Interview mit der „Welt“. Südeuropäische Länder mit ihrer derzeit sehr hohen Jugendarbeitslosigkeit, darunter auch viele akademisch Ausgebildete, würden sich für das erfolgreiche, unternehmensnahe deutsche System interessieren. Millionen von Menschen hätten erfolgreich eine berufliche Ausbildung abgeschlossen und bildeten heute als begehrte Facharbeiter das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. In Italien dagegen, das von der OECD gelobt werde, weil es dort 45 Prozent Bildungsaufsteiger gäbe, herrsche eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, darunter viele akademisch Ausgebildete. Von der Wirtschaft aus betrachtet sieht offenbar die „Abstiegsmobilität“ ganz anders als bei der OECD aus. Hinrich E. Bues


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