29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
22.09.12 / Mehr als nur der Namensgeber einer Mütze / Das Landesarchiv Schleswig-Holstein widmet Wilhelms II. Bruder Prinz Heinrich eine Ausstellung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-12 vom 22. September 2012

Mehr als nur der Namensgeber einer Mütze
Das Landesarchiv Schleswig-Holstein widmet Wilhelms II. Bruder Prinz Heinrich eine Ausstellung

Seit einigen Wochen schenkt das Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig einem Preußen aus dem Kaiserhaus volle Aufmerksamkeit. Aber es geht nicht um die Frau von Kaiser Wilhelm II., die unter dem Namen Auguste Victoria zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg geboren wurde, was den Ort der Würdigung fernab vom klassischen preußischen Territorium erklären würde, sondern um den einzigen Bruder des Kaisers, der wie dieser das Mannesalter erreichte: Prinz Heinrich von Preußen.

Am 14. August vor 150. Jahren erblickte Heinrich in Potsdam das Licht der Welt. Doch er lebte nicht lange dort. Seine liberalen Eltern, der spätere wegen seiner nur kurzen Regierungszeit 99-Tage-Kaiser genannte Friedrich III. und dessen Frau Victoria, waren der Meinung, dass ihre Kinder keine elitäre Privatausbildung erhalten sollten, und so besuchte Heinrich eine Realschule in Kassel, während sein älterer Bruder Wilhelm dort auf das Friedrichsgymnasium ging. Beide machten 1877 ihren Schulabschluss und mussten danach zum Militärdienst. Der gerade einmal 15-jährige Heinrich ging als erster Angehöriger eines deutschen Herrscherhauses statt zur Armee zur Marine, genauso wie seine Eltern es von vornherein für ihn vorgesehen hatten. Von diesem Moment an war nicht mehr Potsdam, sondern das an der Ostsee liegende Kiel in Schleswig-Holstein sein Heimathafen.

Und so kam es, dass der Preußenprinz zu einem Teil der Geschichte von Schleswig-Holstein wurde und er nun von den Nordlichtern in der Ausstellung „Prinz Heinrich von Preußen. Großadmiral, Kaiserbruder, Technikpionier“ gewürdigt wird. Doch die bis zum 29. April kommenden Jahres andauernde Ausstellung ist nur ein Teil der Würdigung des Hohenzollernsprosses, denn das Landesarchiv sitzt auf einem wahren Berg an Akten des ehemaligen Hofmarschallamtes, der Verwaltung des Hofes. Erstaunlicherweise hat sich bisher kaum einer dieser Akten angenommen, obwohl Prinz Heinrich immerhin zeitweise Chef der Hochseeflotte und ab 1909 Großadmiral und Generalinspekteur der Kaiserlichen Marine war. Für die Ausstellung zum 150. Geburtstag wurden die Akten zwar gesichtet, doch eine detaillierte Betrachtung der Quellen wird gerade vollzogen. Im Rahmen der Ausstellung werden jedoch mehrere Vorträge angeboten, die im nächsten Jahr in einem Sammelband, der den gleichen Titel trägt wie die Ausstellung, angeboten werden. So befasst sich beispielsweise der Historiker des Deutschen Marinebundes am Marine-Ehrenmal in Laboe Jann Markus Witt mit der Rolle des Prinzen als Offizier der Marine.

Bereits in jungen Jahren umsegelte der Kaiserbruder die Welt und repräsentierte dort auch das deutsche Kaiserreich. Er war fast ein Jahr in Japan, hatte dort mehrere Audienzen beim Kaiser. Aber nicht nur das Reich der aufgehenden Sonne begeisterte ihn, auch das der Mitte zog ihn in seinen Bann. Daher ist die Beziehung des Hohenzollernspross zum Fernen Osten auch ein Thema der Vortragsreihe.

Offenbar verfügte Prinz Heinrich über ein hohes Maß an diplomatischem Geschick, denn obwohl er an der Sicherung des besetzten chinesischen Hafens Tsingtau beteiligt war, kam er in den Genuss einer Audienz beim chinesischen Kaiser. Aber obwohl Prinz Heinrich in bewegenden Zeiten Führungspositionen in der Kaiserlichen Marine innehatte, war es sein Bruder, der den Ausbau der Hochseeflotte zum Ärger vor allem der Briten betrieb, die sich aufgrund des Two-Power-Standards, sprich ihres Anspruchs, immer eine Flotte zu besitzen, die mindestens so stark ist wie die beiden nächstgrößeren zusammen, dadurch herausgefordert fühlten. Doch stand er deswegen im Schatten des Kaisers, wie Harald Eschenburg in seinem 1989 erschienenen Buch „Prinz Heinrich von Preußen. Der Großadmiral im Schatten des Kaisers“ behauptet hat? Hat er sich nicht vielleicht einfach in seine Rolle als Nachgeborener gefügt und dem Kaiser die politischen Entscheidungen überlassen?

Die Ausstellung in Schleswig bietet die Möglichkeit, sich der Person Prinz Heinrich anzunähern. Heinrichs Technik- und Autobegeisterung war in Schleswig-Holstein legendär. Wobei er die Geschwindigkeit geliebt haben soll. Die Polizei soll mehrfach gegen ihn ermittelt haben. Soweit es ihm möglich war, förderte er die moderne Technik. So ließ er in seinem Sommersitz Gut Hemmelmark bereits im Jahre 1900 eine Zentralheizung einbauen, erwarb als einer der Ersten einen Staubsauger und entwickelte sogar einen Autoscheibenwischer.

Vier Jahrzehnte lebte Heinrich mit seiner Familie im Kieler Schloss. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem andere die Chefs der deutschen Hochseeflotte waren, und dem damit verbundenen Ende der Monarchie in Deutschland zog sich der Kaiserbruder mit seiner Frau Prinzessin Irene von Hessen-Darmstadt auf seinen Sommersitz zurück. Dort verstarb der Hohenzoller, der wie sein Vater Friedrich III. starker Raucher war, am 20. April 1929 wie sein Vater an Kehlkopfkrebs.

Seine Witwe überlebte ihn um fast ein Vierteljahrhundert. Wie ihre Schwester, die 1918 ermordete russische Zarin Alexandra, war auch sie Überträgerin der Bluterkrankheit, so dass zwei der drei Söhne die Krankheit in sich trugen. Sohn Heinrich war bereits im Alter von vier Jahren 1904 daran verstorben. Waldemar starb 1945 als gegen Kriegsende nicht mehr rechtzeitig Blutkonserven verfügbar waren.

Heinrichs Urenkelin Edwina von Posern erinnert sich im Gespräch mit der PAZ noch an Waldemars Frau, die auf sie und ihre Schwester aufgepasst hat, als sie Kinder waren. Beide Schwestern leben noch heute auf Gut Hemmelmark. Zwar wurde das Herrenhaus 1990 verkauft, doch die 51-jährige Edwina und ihr Mann führen den 500 Hektar großen landwirtschaftlichen Betrieb fort. Die Familie gab für die Ausstellung auch einige Familienstücke, wie ein Taufkleid, in dem die Söhne von Prinz Heinrich getauft wurden, ein Service und sogar eine Suppenterrine mit Monogramm von Queen Viktoria, der Großmutter von Prinz Heinrich.

Und so arbeitet man in Schleswig fleißig daran, dass das Gedenken an den Bruder des Kaisers weit über die sogenannte Prinz-Heinrich-Mütze, die der in Schleswig-Holstein so beliebte joviale Preußenprinz so oft trug, hinausgeht. Rebecca Bellano

„Prinz Heinrich von Preußen. Großadmiral, Kaiserbruder, Technikpionier“, noch bis zum 19. April 2013, Landesarchiv Schleswig-Holstein Prinzenpalais 24837 Schleswig, Telefon (04621) 8618-00.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren