28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.09.12 / Angriff auf die Demokratie / Meinungsfreiheit wird mit dem Hinweis auf Gotteslästerung in Ketten gelegt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-12 vom 29. September 2012

Angriff auf die Demokratie
Meinungsfreiheit wird mit dem Hinweis auf Gotteslästerung in Ketten gelegt

Die Welle islamischer Empörung über den umstrittenen Film „Unschuld der Muslime“ sorgt weltweit für eine Diskussion zum Thema Bestrafung von Gotteslästerung und Beleidigung religiöser Gefühle. Doch wo fängt Gotteslästerung an und hört Meinungsfreiheit auf?

„Es gibt auf der Erde keine einzige Religion, die die Hinrichtung für den Abfall vorschreibt, ausgenommen den Islam. Warum das so ist? Der Islam ist die abschließende, vollständige und vollkommene Religion, die alle anderen vorigen Religionen abgelöst hat.“ So postuliert der ägyptische Gelehrte Ahmad an-Naqib in einer Fatwa die Intoleranz der islamischen Lehre und macht damit einen Konsens praktisch unmöglich.

Der deutsche Philosoph Immanuel Kant (1724–1804) inspirierte 1827 das „Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften“. In ihm heißt es, dass Gotteslästerung theologisch nicht denkbar ist, denn „Gottes Ehre kann von den Menschen gar nicht verletzt werden“. Verletzbar sind allenfalls religiöse Gefühle der Menschen. Und auf dieser Grundlage kam es seit Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen europäischen Staaten zu gesetzlichen Definitionen gegen die öffentlich gemachte Kritik an der Religion. Sanktionen drohten jenen, die so den öffentlichen Frieden störten. Das war beispielsweise die Handhabe gegen Künstler, die in Bild, Schrift oder Wort Kritik übten. Allerdings blieb der Begriff stets schwammig, denn er kollidierte mit anderen Errungenschaften der Aufklärung und der Moderne, wie Meinungsfreiheit und dem Recht auf Glaubenskritik.

In der islamischen Welt tauchte mit ihrem Erstarken nach dem Kolonialismus vermehrt der Vorwurf der Blasphemie auf, aber auch deren Missbrauch kam en vogue, angestoßen durch die Machtübernahme Khomeinis in Persien, dem heutigen Iran. Mitte dieses Jahres erst beschloss etwa der Golfstaat Kuwait, Gotteslästerung mit dem Tod zu bestrafen, davor gab es dafür nur Gefängnis. Und die Islamische Konferenz forderte von der Uno, Religionskritik am Islam grundsätzlich zu verbieten.

Die schärfsten Gesetze in Sachen Blasphemie gelten in Pakistan und sie sehen unter anderem die Todesstrafe vor. Auch Ägypten, Algerien und in der Europäischen Gemeinschaft Irland und Griechenland verfügen über einen gesetzlich festgelegten Rahmen. Als besonders fragwürdig erweist sich die Union von Staat und Religion wie etwa in Saudi-Arabien, die Andersdenkenden keinen Platz einräumt.

Immerhin ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte das Recht auf theistische, nicht theistische und atheistische Überzeugungen verbrieft, woran sich allerdings zahlreiche islamische Staaten grundsätzlich nicht halten. Die Entflechtung von Staat und Religion, die beispielsweise in Indonesien mit seinen 200 Millionen Muslimen geübt wurde, scheint inzwischen wieder auf dem Rückzug zu sein, die von Extremisten vorangetriebene Rechtsordnung der Scharia setzt sich mehr und mehr durch. Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger legte vor Kurzem in Berlin den Finger auf die Wunde: „Die Scharia macht Demokratie fast unmöglich.“ Und ausgehend von den Salafisten ist diese gnadenlose, menschenverachtende Ordnung weltweit im Vormarsch. Ihre Forderungen schließen sogar Europa mit ein, das üble Beschimpfungen seiner christlichen Bevölkerung im eigenen Land durch Islamisten duldet.

Unterdessen erheben auch katholische Bischöfe wieder die Forderung nach einer Verschärfung des Gotteslästerungsparagrafen 166 in der Bundesrepublik, ebenso wie konservative Kreise in der bayerischen CSU. Doch wer legt die Kriterien fest, was Blasphemie ist? Ehrte Kanzlerin Angela Merkel noch den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard wegen seines Kampfes um Meinungsfreiheit, so sah sie in dem Schmähfilm „Unschuld der Muslime“ bereits gute Gründe für ein Verbot. Diese Haltung zeigt deutlich, welch unsichere Rechtslage sich mit dem Begriff öffentlicher Friede verbindet und inwieweit hier unterschiedliche Auslegungen möglich werden. Joachim Feyerabend


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren